Die Baubranche unterliegt im Allgemeinen einem steten Auf- und Abwärtstrend. Dies hat verschiedene Ursachen. Nach den Jahren des Booms im Bau und dem Zusammenschluss mit den neuen Bundesländern, gab es immer wieder Jahre des Wachstums, denen wiederum Jahre der Stagnation folgten.
Von diesen marktpolitischen Hochs und Tiefs sind meist alle Regionen betroffen. Deshalb ist es wichtig, die Arbeitslosenzahlen, die aus diesen Trends entstehen, nicht noch stärker ansteigen zu lassen. Außerdem unterliegt die Baubranche witterungsbedingten Schwankungen, die besonders in den Wintermonaten immer wieder zu vermehrten Entlassungen führen.
Bei Schlechtwetterlagen und tiefen Temperaturen können manche Arbeiten (speziell im Freien) nicht durchgeführt werden. Diesem zusätzlichen Anstieg der saisonal bedingten Arbeitslosigkeit musste Einhalt geboten werden. Die Arbeitslosenversicherung stellt mit dem Saison-Kug eine Lohnersatzleistung sicher, die das Ziel verfolgt, in saisonbedingten Branchen eine ganzjährige Beschäftigung der Arbeitnehmer zu fördern.
Das Schlechtwettergeld wird von der Bundesagentur für Arbeit steuerfrei ausgezahlt, sie übernimmt auch die Sozialversicherungsbeiträge während dieses Zeitraums. Seit 1959 gab es in der Entwicklung des Saison-Kurzarbeitergeldes einige politische Unstimmigkeiten, die dann im Sinne der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden auf sachlicher Ebene gelöst wurden.
Streichung des Schlechtwettergeldes
Als im Jahre 1959 das Schlechtwettergeld eingeführt wurde, hatte dies zur Folge, dass die Arbeitslosigkeit zurückging. Die Arbeitgebenden konnten die eisigen Stehzeiten des Winters überbrücken, ohne die Arbeitnehmenden entlassen zu müssen. Die Lohnfortzahlung wurde durch die Bundesanstalt für Arbeit finanziert.
Die hohen Ausgaben von einer Milliarde Deutsche Mark bewog die damalige Regierung jedoch dazu, am 1. Januar 1996 diese wichtige Hilfe zur Gänze zu streichen. Die tarifvertraglichen und gesetzlichen Neuregelungen belasteten die Arbeitgebenden erheblich und es kam dadurch zu einem sprunghaften Anstieg der Arbeitslosenzahlen in den Wintermonaten vom 1. November bis 31. März.
Waren im März 1995 noch 175.000 Bauarbeiter*innen als arbeitslos gemeldet, stieg die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter*innen in der Wintersaison 1996 bereits auf 305.000 an. Eine erschreckende Zahl, die die Gewerkschaften zu Maßnahmen zwangen.
Eine Umkehr wurde gefordert
Als „katastrophale Entwicklung“ bezeichneten die Gewerkschaften 1996 diesen Rückschritt und forderten die Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes. Es kam zu Protesten und Kundgebungen, an denen rund 7.000 Bauarbeiter*innen teilnahmen. Das Bauhauptgewerbe warnte davor, dass bis zur Jahrtausendwende an die 400.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten und ca. 70.000 kleinere und mittlere Baubetriebe schließen müssten.
Allein in Berlin waren bereits 200.000 Bauarbeiter*innen arbeitslos, weil das Schlechtwettergeld gestrichen wurde. Die Bundesregierung wurde zur „sofortigen Umkehr“ aufgefordert, da sonst in vielen Baubetrieben die heimischen Bauarbeiter durch illegal Beschäftigte wegen der zu hohen Kosten ersetzt werden würden. Ebenso wurde vor weiteren Ausschreitungen gewarnt. Trotz allem lehnte der damalige Bundesbauminister Klaus Töpfer die Wiedereinführung des Schlechtwettergeldes ab.
Einlenken der Bundesregierung
Im Jahre 1999 gab es eine Neuregelung: Die neue Bundesregierung, bestehend aus SPD und Bündnis 90/ Die Grünen konnte sich mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie auf eine erneuten Einführung des Schlechtwettergeldes einigen.
Weitere ergänzende Maßnahmen zur Bekämpfung der Winterarbeitslosigkeit in der Bauwirtschaft wurden vereinbart. Der Bundesrahmentarifvertrag Bau wurde verändert und rechtzeitig am 1. November 1999, gerade noch vor Beginn der Schlechtwetterperiode, gesetzlich verabschiedet.
Elemente der Neuregelung
Diese Neuregelung gründet auf dem sogenannten „3-Säulen-Modell“, bei dem jeweils die Arbeitgebenden, der Arbeitnehmenden und die Bundesanstalt für Arbeit in die Pflicht genommen werden. Vorrangig obliegt es den Arbeitgebenden, gemeinsam mit den Arbeitnehmenden dem Risiko des witterungsbedingten Arbeitsausfalls von November bis März mit einer gezielten Eigenvorsorge zu begegnen.
Für diese Vorsorge wird von den Bauarbeiter*innen ein geringer Pflichtbeitrag verlangt, der das Risiko einer Entlassung während der kalten Jahreszeit minimiert. Damit sowohl die Betriebe als auch die Arbeitnehmenden durch die Vorsorge nicht finanziell überfordert werden, übernimmt die Bundesanstalt für Arbeit in einem zu errechnenden Maße im Bedarfsfall die Weiterzahlung der Löhne.
Zudem wurden durch die Flexibilisierung der Arbeitszeit und durch Gewährung verschiedener Zuschüsse die präventiven Maßnahmen zur saisonbedingten Arbeitslosigkeit verbessert. Mit diesem Modell konnten die Ausgaben von rund einer Milliarde im Jahr 1995 auf ca. dreihundert Millionen Deutsche Mark im Jahr 2001 stark reduziert werden.
Leistungen und Maßnahmen zur Finanzierbarkeit des Saison-Kug
Die Arbeitnehmenden müssen einen Pflichtbeitrag von 30 Stunden (früher waren es 50 Stunden) als Ausgleich zu den saisonbedingten Ausfallstunden im Bauhauptgewerbe leisten. Die von den Arbeitgebenden finanzierte Winterbau-Umlage wird von der 31. bis zur 100. ausgefallenen Stunde herangezogen.
Des Weiteren werden daraus die Beiträge für die Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung vollständig erbracht (vorher wurden diese Beiträge nur zu 50 Prozent beglichen). Ab der 101. Ausfallstunde werden die Beträge von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert. Im Baunebengewerbe – dies betrifft Dachdecker*innen, Gerüstbauer*innen, Garten- und Landschaftsbauer*innen – wird wie bisher das Winterausfallgeld ab der 121. bzw. 151 Ausfallstunde (nur wetterabhängig) bezahlt.
Es besteht weiterhin ein Verbot, die Arbeitnehmenden witterungsbedingt zu kündigen. Hält sich ein Arbeitgeber nicht an dieses Verbot, muss dieser die der Bundesanstalt für Arbeit entstehenden Kosten (Arbeitslosengeld) plus die Sozialversicherungsbeiträge rückerstatten. Dies gilt nur für das Bauhaupt- und Baunebengewerbe.