Reduktion in der Wissensvermittlung
Jeder gute Grafikdesigner hat das Prinzip der Reduktion verinnerlicht. Eine Leitfrage bei der Lösung gestalterischer Aufgaben lautet: Was kann ich noch weglassen? Ein gelungenes Design vermittelt Information schnell und möglichst einfach. Deshalb ist alles, was reduziert werden kann, ein Gewinn im Hinblick auf dieses Ziel.
Das lässt sich etwas abstrakter auf andere Themen übertragen. Sie möchten Ihre Vertreter auf ein Produkt schulen? Fragen Sie sich, wie Sie die Inhalte übersichtlicher, klarer und begreifbarer gestalten können. Didaktische Reduktion dient dazu, komplizierte Inhalte auf einfache Sachverhalte, Zusammenhänge und Problemstellungen zu reduzieren.
Reduktion im Sortiment
Nicht nur beim Lehren und Lernen, Informieren und Darstellen eignet sich Verringerung und sinnvolle Begrenzung dazu, den Gewinn zu steigern. Haben Sie in dieser Hinsicht einmal über Ihr Sortiment nachgedacht? Vielleicht geht die Sortimentstiefe oder –breite an den Bedürfnissen Ihrer Kunden vorbei? Zu vielfältige Wahlmöglichkeiten erschlagen das menschliche Entscheidungs- und Aufnahmevermögen förmlich.
Welche Artikel verkaufen Sie sehr selten? Gibt es mehrere ähnliche Produkte, deren feine Unterschiede für Kunden vielleicht gar nicht erkennbar oder irrelevant für die Praxis sind? Oder: Gibt es ein Nischenprodukt, das die Konkurrenz aufgrund mangelnden Massenbedarfs gar nicht mehr führt; Sie könnten sich aber darauf konzentrieren und dafür im gewöhnlichen Allerweltssortiment zurückfahren? Spezialisierung ist auch eine Form von Reduktion!
Reduktion in der Produktion
Der Markt für ökologisch erzeugte Waren wächst. Ein gutes Themengebiet, um sich mit Reduktion zu befassen! Können Sie durch Veränderungen am Produkt Material, Verpackung, Transportwege oder Lagerfläche einsparen? Vielleicht genügt eine Änderung der Form – die IKEA-Gießkanne ist dafür ein gutes Beispiel, da sie sich leicht ineinander stapeln lässt.
Oder: Können Sie Inhaltsstoffe weglassen? Bietet sich für mache Waren eine Art Baukastensystem an? Vielleicht könnten auch manche Arbeitsschritte oder Wege in der Produktionshalle eingespart werden. Nehmen Sie den Maschinenpark in den Blick. Könnten durch Veränderungen an dieser Stelle Zeitaufwand, Geld oder notwendige Arbeitskraft reduziert werden? Energie?
Durch die Auslagerung von Funktionen können häufig Fixkosten eingespart werden. Brauchen Sie wirklich einen eigenen ITler oder könnten Sie die Leistung bei einem Freiberufler günstiger einkaufen? Unternehmensfunktionen wie Kundenservice, IT oder Logistik lassen sich gut outsourcen. So können die Kosten dafür in kurzer Zeit um bis zu 30 % zurückgefahren werden, meint eine von Deutschlands führenden Unternehmensberatungen.
Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die großes Potenzial besitzen! Wenn Sie durch die Verwendung eines teureren Schmierstoffs Wartungsaufwand, Emissionen und notwendige Menge reduzieren können, haben Sie mit einer kleinen Veränderung möglicherweise einen großen ökologischen und ökonomischen Gewinn erzielt. Selbiges gilt beispielsweise für Papier: Könnte die nächste Schulung nicht auch als E-Learning-Veranstaltung mit einem Datensatz als Handout umgesetzt werden?
Reduktion auf persönlicher Ebene
In Ihren täglichen Arbeitsabläufen finden Sie sicherlich Aufgaben, die Sie delegieren oder vielleicht sogar streichen könnten. Ein gutes Indiz, dass es sich um eine möglicherweise überflüssige Tätigkeit handelt: Sie rutscht auf Ihrer To-Do-Liste seit langer Zeit immer wieder ans untere Ende.
Stardesigner Philippe Starck über sein Team und Mediennutzung:
Ich arbeite nur mit Papier und Stift. […] Ich habe nur wenige Mitarbeiter, wir sind ein Nanoteam. Ich bin ein Verfechter der größtmöglichen Reduktion.
Haben Sie auch noch diese Sammlung von vermeintlich hilfreichen Unterlagen, die Sie zwar nicht mehr brauchen, aber „wer weiß, wem die noch nützlich sind“? Simplify-Erfinder Küstenmacher empfiehlt, Geschichten über die zum Glück aufgehobenen, nützlichen Dinge kritisch zu überprüfen: Wie hoch war deren wirklicher Nutzen? Stand er in einem vernünftigen Verhältnis zum Lageraufwand? War das die negativen Konsequenzen wert, die dadurch eventuell entstanden sind?
Der Berliner Rechtsanwalt Alexander Sättele erkannte nach einem Burnout, dass er nach der Therapie ein großes Bedürfnis nach Reduktion verspürte. „Das fängt bei der Größe des Autos an und hört bei der Wohnungseinrichtung auf.“ Er möchte seiner Arbeit in Zukunft langsamer und bewusster nachgehen. Vielleicht erkennen Sie das auch für sich, ganz ohne Burnout.
Tipp: Vermeiden Sie Stress!
Alles, was uns lästig oder hinderlich ist, sollte der Überprüfung unterworfen werden: Könnte durch Reduktion ein zufriedenstellenderes Ergebnis erzielt werden? Die Reduktion von Arbeitszeit könnte zu mehr Freizeit, die Reduktion von Stress zu mehr Lebensqualität führen. Hilfreich kann es auch sein, eine Stop-Doing-Liste zu erstellen: Was wollen Sie zukünftig nicht mehr (selbst) erledigen?
Reduktion – aber wie?
Sehen Sie sich um. Sie können wahrscheinlich gleich auf Ihrem Schreibtisch anfangen: Weg mit allen Stiften, die nicht mehr richtig schreiben, weg mit allen alten Akten. Reduktion schafft Platz und die Energie fließt freier. Lassen Sie sich ruhig intuitiv zum nächsten Schrank ziehen, an die Rumpelkammer zu Hause, die Gartenhütte, das Auto…
Wenn Sie es lieber strukturierter angehen wollen, versuchen Sie es mit den folgenden fünf Schritten. Lassen Sie sich Zeit und erfassen Sie den Ist-Zustand genau!
- Fokussierung: Was sind meine wichtigsten Ziele und Wünsche?
- Erfassen: Wofür wende ich meine Zeit und Energie (mein Geld) faktisch auf? (Sammlung)
- Sortieren: Für welche Dinge gehen wie viel Lebenszeit/Kraft/finanzielle Mittel drauf? (Hierarchie)
- Vergleichen: Wie gut stimmt mein tatsächlicher Einsatz mit meinen Zielen überein?
- Verändern: Auswirkungen bewusst machen, neue Maßnahmen definieren, Umsetzung sichern.
Viel Erfolg!