I. Die Rolle des Gesetzes
Das gängigste Vorurteil im Hinblick auf das Jurastudium ist, dass Jurastudierende den ganzen Tag Paragraphen auswendig lernen. Welche/r Jurist*in hat nicht im Laufe seines Studiums das ungläubige Erstaunen befreundeter Studierender anderer Fachrichtungen erlebt, die entsetzt auf seinen/ihren Schönfelder starrten und fragten:
Das müsst ihr alles auswendig können?
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Nein! Der Inhalt des Jurastudiums besteht natürlich nicht darin, möglichst viele Gesetze auswendig aufsagen zu können. Stattdessen darf man sie während den Klausuren sogar benutzen.
II. Was sind die Inhalte des Jurastudiums?
Das oberste Ziel ist es, die Anwendung von Gesetzen zu lernen, sie zu verstehen und richtig auslegen zu können. Der Gesetzestext ist das Werkzeug, um zur vertretbaren Lösung einer Problemstellung zu gelangen. Dies soll im Jurastudium vermittelt werden.
Das Auswendiglernen von Fakten nimmt eher eine nachrangige Rolle ein. Natürlich sollte man beispielsweise Definitionen möglichst wörtlich parat haben. Aber auch hier macht Übung den Meister: Hat man einen Satz mehrfach niedergeschrieben, behält man ihn automatisch im Kopf – stupides Auswendiglernen (größtenteils) Fehlanzeige!
Im Rahmen des Jurastudiums beschäftig man sich mit dem Zivilrecht, dem Strafrecht und dem Öffentlichen Recht. In den Vorlesungen werden einem wichtige Gesetze erklärt und vor allem auch Fallkonstellationen präsentiert, deren Lösung nicht eindeutig ist bzw. über die zum Teil heftig gestritten wird. Derartige Meinungsstreitigkeiten sind ein zentraler Bestandteil des Studiums. Es geht beim Lernen also auch um Dinge, die gerade nicht im Gesetz stehen.
So setzt man sich mit (höchstrichterlicher) Rechtsprechung und Kommentaren auseinander und lernt, ein Gespür für juristische Zusammenhänge zu entwickeln. Dabei gilt es auch, einen Überblick über die Gesetzessystematik zu erlangen. Dies befähigt einen später dazu, sich schnell in neue Rechtsgebiete einzuarbeiten.
Das Gelernte muss dann bei der Erstellung eines Gutachtens zu einem Sachverhalt umgesetzt werden. Dies geschieht im berühmt-berüchtigten Gutachtenstil. Auch dieser muss am Anfang des Jurastudiums eingeübt und gefestigt werden. Während einige von Beginn an gut damit zurechtkommt, brauchen andere etwas länger, um ihn sauber anzuwenden.
Tipp: Mehr zum Gutachtenstil? Lies den kostenlosen Artikel zum Thema!
Da die Klausuren im Jurastudium aber fast ausschließlich aus Gutachten bestehen, ist man gezwungen, den Gutachtenstil möglichst schnell zu beherrschen. Übungen und Tutorien helfen einem dabei auf die Sprünge.
Auch Grundlagenfächer sind (gerade in den ersten Semestern) ein wichtiger Bestandteil des Jurastudiums. Rechtsgeschichte, -philosophie und -soziologie helfen einem dabei, das „große Ganze“ etwas besser zu verstehen, also Fragen wie etwa „Woher kommt das Recht?“ oder „Wozu brauchen wir es eigentlich?“.
III. Ist das Jurastudium trocken?
Jura? Das ist aber trocken!
Das ist wohl eine der gängigsten Reaktionen, wenn man seine Studienwahl neuen Bekannten gegenüber präsentiert. Das Jurastudium kann einem sicherlich wie eine einzige Durststrecke vorkommen, wenn man keinerlei Begeisterung für seine Inhalte aufbringen kann. Dann sollte man aber rechtzeitig die Notbremse ziehen und sich ein anderes Studienfach suchen.
Die Aussage, dass Jura trocken sei, stimmt in ihrer Pauschalität dagegen keineswegs. Zwar wird die Theorielastigkeit des Jurastudiums oft kritisiert, durch die häufige Konfrontation mit realen Gerichtsentscheidungen und aktuellen gesellschaftlichen Themen geht der Praxisbezug jedoch nie ganz verloren – auch wenn der Besuch von Vorlesungen allein einen kaum auf die Tätigkeit als Anwalt vorbereitet.
Das Schöne am Jurastudium ist aber gerade der Umstand, dass es immer und immer wieder um das Lösen von Fällen mit realem Hintergrund geht.
Wem das Jurastudium dennoch zu theoretisch zugeht, kann bereits studienbegleitend als Hilfskraft in einer Anwaltskanzlei tätig werden oder sich an einer der studentischen Rechtsberatungen beteiligen, die im angloamerikanischen Raum seit langem etabliert sind und auch in Deutschland mehr und mehr Zuspruch finden.
IV. Was benötige ich für das Jurastudium?
Jeder kennt natürlich auch die gängigsten Klischees über Aussehen und Habitus der Jungjurist*innen, die schon zum Einführungstag im Cabrio vorfahren und sich in den beruflichen Erfolgen ihrer Eltern sonnen. Doch wie in allen Studiengängen und anderen Lebensbereichen auch, treffen hier die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander.
Viel wichtiger als der familiäre und der finanzielle Background sind gewisse Eigenschaften, die dir gerade den Studienbeginn maßgeblich erleichtern werden:
- Durchhaltevermögen: Auch wenn in den ersten Semestern durchaus Zeit für die ein oder andere Party bleibt, wird es früher oder später doch sehr anstrengend. Gerade wenn die Noten am Anfang nicht so ausfallen, wie erhofft, solltest du nicht verzagen, sondern am Ball bleiben – schließlich ist noch kein/e Meister*in vom Himmel gefallen.
- Logisches Denken: Jura bedeutet gleichzeitig auch, Argumentationsstränge logisch stringent verfolgen zu können. Es kann dementsprechend nicht schaden, wenn du in der Schule gewisse Sympathien für Mathe gehegt hast. Aber keine Panik: Gerade das logische Argumentieren kann man durchaus erlernen.
- Lesekompetenz: Während des Jurastudiums bist du gezwungen, sehr viel zu lesen und dir große Mengen Stoff in relativ kurzer Zeit anzueignen. Setze dich am besten gleich zu Beginn des Studiums mit Lern- und Lesetechniken auseinander. Das hilft dir, den Blick für das Wesentliche nicht zu verlieren und nicht in unnötigen Detailfragestellungen zu versinken.
- Coolness: Auch wenn es erst einmal komisch klingt: Ein gewisses Maß an Lässigkeit ist definitiv angebracht, um das Jurastudium fokussiert, aber nicht zu verbissen anzugehen. Das schont die Nerven und wirkt sich deshalb auch durchaus positiv auf die Ergebnisse aus. Damit ist nicht gemeint, erst mittags aufzustehen und zwei Tage vor den Prüfungen mit der Klausurvorbereitung zu beginnen. Du solltest jedoch frühzeitig lernen, auch mit Frustration angemessen umzugehen und dich hiervon nicht sofort aus der Bahn werfen zu lassen.
V. Wo soll ich studieren?
1. Gibt es einen Numerus Clausus (NC)?
Sofern du zu den wenigen Abiturient*innen mit einem 1,0-Durchschnitt gehörst, dürfte dir diese Frage kaum Kopfzerbrechen bereiten. Für die große Mehrheit der Schulabgänger*innen ist es jedoch wichtig zu wissen, ob das Jurastudium an einer bestimmten Universität zulassungsbeschränkt ist.
Die Auswahl der Studienbewerber*innen, die zugelassen werden, ergeht bei einer Zulassungsbeschränkung wie folgt: 20 % der Plätze werden anhand der Abiturnote, weitere 20 % werden aufgrund der Wartesemester der Kandidat*innen vergeben und 60 % können nach einem eigens von der Hochschule festgelegten Verfahren besetzt werden.
Dies ist jedoch kein Grund, besorgt zu sein: An zahlreichen Fakultäten bestand in den vergangenen Jahren für das Jurastudium keine Zulassungsbeschränkung. Hier mussten sich die Bewerber*innen nur rechtzeitig bewerben und dann einschreiben.
Ob bei deinem Bewerbungsdurchgang eine Zulassungsbeschränkung gegeben ist, kann man nicht mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit sagen. Es kommt stets darauf an, wie viele freie Plätze die Uni hat und wie viele Bewerbungen für diese eingehen.
Neben dem NC kann die Uni die Zulassung zum Jurastudium aber auch von anderen Faktoren abhängig machen. So wird etwa an der Bucerius Law School in Hamburg und an der EBS Law School in Wiesbaden ein Aufnahmetest vorausgesetzt.
2. Was sagen die Hochschulrankings?
Sehr hilfreich kann bei der Auswahl des richtigen Studienortes für das Jurastudium auch der Blick auf Hochschulrankings sein. Das Ausführlichste ist das CHE-Hochschulranking, das auf der Internetseite von ZEIT ONLINE veröffentlicht wird. Hier kann man sich kostenlos anmelden und aus einem Kriterienkatalog auswählen, was einem im Jurastudium wichtig ist.
Anschließend kann man sich in einer Grafik anschauen, welcher Studienort für einen die beste Wahl ist. Dabei kann man sich auch Details zu jeder einzelnen Hochschule ansehen, sowie mehrere Hochschulen auswählen und diese miteinander vergleichen.
Auch auf der Internetseite des juristischen Onlinemagazins Legal Tribune Online findet man ein Hochschulranking, das Auskunft über das Abschneiden der Universitäten im Rahmen der Untersuchungen der Wirtschaftswoche gibt und daneben das CHE-Ranking in die Gesamtbewertung einbezieht.
Wichtig ist jedoch, dass die Hochschulrankings nicht das einzige Kriterium für die Auswahl des Studienortes sein sollten, da hier meist nur bestimmte Faktoren in die Bewertung einbezogen werden bzw. manche Unis an den Rankings aus verschiedenen Gründen gar nicht erst teilnehmen und hierdurch weniger bemerkt werden.
3. Wie ist die Bibliothek ausgestattet?
Sehr wichtig für ein erfolgreiches Jurastudium ist auch die Bibliotheksausstattung, denn nichts ist anstrengender als die Schlacht von 400 Erstsemestern um zwei aktuelle Lehrbücher oder der mangelhafte Zugang zu Online-Datenbanken.
Auch über die Bibliothekssituation an den verschiedenen Unis gibt das CHE-Ranking Auskunft. Ansonsten empfiehlt es sich die Bibliothek selbst einmal zu besuchen, um sich ein Bild von der dortigen Situation zu machen. Sprich auch mit Studierenden aus höheren Semestern, um herauszufinden, wie diese mit der Ausstattung zufrieden sind.
4. Muss ich Studiengebühren zahlen?
Ein umstrittenes Thema waren in der Vergangenheit allgemeine Studiengebühren, die manche Bundesländer erhoben. Mit dem Beginn des Wintersemesters 2014/15, zu dem auch Niedersachsen die Gebühren abgeschafft hat, ist das Erststudium an einer staatlichen Hochschule in allen Bundesländern wieder kostenlos. Es werden lediglich Verwaltungsbeiträge erhoben, die variieren und meistens die Kosten für ein Semesterticket beinhalten. Diese Beiträge liegen im Schnitt zwischen 100 und 250 € pro Semester.
Anders sieht es aber an Privathochschulen aus. An der Bucerius Law School müssen insgesamt Studiengebühren von 48.000 € gezahlt werden, wobei die Hochschule den Studierenden aber verschiedene Finanzierungsmodelle anbietet und sie bei der Erlangung eines Stipendiums unterstützt. Die Wiesbadener EBS Law School erhebt Studiengebühren in Höhe von 3.700 € pro Trimester. Auch hier kommt man den Studierenden aber mit Finanzierungsmöglichkeiten und Stipendien entgegen.
5. Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten?
Bevor man sich für einen Studienort für das Jurastudium entscheidet, sollte man sich auch mit der Frage beschäftigen, wie hoch die Lebenshaltungskosten in der jeweiligen Stadt sind. Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat erwiesen, dass der Durschnitts-Studierende 918 € im Monat zur Verfügung hat. Das kann ausreichend oder auch viel zu wenig sein – je nachdem, in welcher Stadt man studiert.
Du solltest dir dabei bewusst sein, dass das Leben in einer Großstadt meist preisintensiver als in einer mittelgroßen oder einer Kleinstadt ist. Außerdem sind die Städte im Osten der Republik meist günstiger als etwa Hamburg, München oder Frankfurt am Main. Helfen kann dir hierbei der „Lebenskostenrechner“ des Studentenportals unicum.de.
6. Zwischenergebnis
Es gibt einiges zu bedenken, wenn es um die Wahl des richtigen Studienortes für das Jurastudium geht. Neben den genannten Aspekten solltest du aber auch deine persönlichen Vorlieben in deine Überlegungen einbeziehen: Möchtest du lieber an einer großen oder kleinen Fakultät Jura studieren? Fühlst du dich in einer gemütlichen Stadt mit studentischem Flair oder einer belebten Metropole wohler? Für eine Entscheidung empfiehlt es sich, die Internetauftritte der Universitäten zu studieren und sich bestenfalls auch persönlich vor Ort ein Bild zu machen.
VI. Fazit
Das Jurastudium ist ein sehr interessantes und vielfältiges Studium, das dir dabei hilft, viele gesellschaftliche Zusammenhänge besser verstehen und einordnen zu können. Lass dich nicht von Vorurteilen abschrecken, sondern nutze stattdessen die Gelegenheit, selbst an mehreren Vorlesungen teilzunehmen und dir ein Bild davon zu machen, ob die Inhalte deinen Vorstellungen entsprechen.