Wahlrechtsgrundsätze, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG

Wahlrechtsgrundsätze, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG

Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG macht keine Vorschriften für ein bestimmtes Wahlsystem oder eine konkrete Ausgestaltung des Wahlrechts. Allerdings werden in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG einige Wahlrechtsgrundsätze festgelegt, die zwingend einzuhalten sind. Diese sollen im Folgenden erläutert und an häufigen Klausurproblemen veranschaulicht werden.
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Lecturio Redaktion

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04.01.2024

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Inhalt

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Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG legt fest:

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.“

I. Bedeutung und Zweck

Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet die Wahlrechtsgrundsätze in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG als grundlegende Anforderungen an demokratische Wahlen. Die Wahlrechtsgrundsätze sollen dazu dienen, das Demokratieprinzip gem. Art. 20 Abs. 2 GG bei Wahlen wirksam zur Geltung zu bringen.

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II. Wahlrechtsgrundsätze

1. Allgemeinheit der Wahl

Alle Bürger*innen sind aktiv und passiv wahlberechtigt, soweit sie die allgemeinen Voraussetzungen hierfür erfüllen.

Keine Gruppe darf aus sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen von der Wahl ausgeschlossen werden. Hiermit sollen Wahlrechtsbeschränkungen, wie etwa die Beschränkung auf Männer bis 1919 oder die Anknüpfung des Wahlrechts an Besitz oder Steuerleistungen verhindert werden.

Die Allgemeinheit der Wahl kann als speziellere Ausprägung des Diskriminierungsverbots in Art. 3 Abs. 3 GG angesehen werden.

Weiter soll es allen Bürger*innen möglich sein, ihr Wahlrecht in möglichst gleicher Weise auszuüben.

Die Allgemeinheit der Wahl macht gewisse sachlich gebotene Grenzen des Wahlrechts aber nicht aus.
Wahlberechtigt sind demnach:

  • alle Deutschen
  • die das 18 Lebensjahr vollendet haben
  • seit mindestens drei Monaten im Bundesgebiet wohnen
  • und nicht aus besonderen Gründen vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

Werden Ausnahme vom Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gemacht, benötigen diese einen zwingenden Grund zum Schutz anderer Verfassungsgüter.


Allgemeinheit
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Ein in Klausuren häufiger diskutiertes Problem ist die Einführung eines sog. Kinderwahlrechts. Ein Kinderwahlrecht würde Kindern die Wahlberechtigung, vertreten durch ihre Eltern, einräumen oder ein Familienwahlrechtssystem in Form eines mehrfachen Wahlrechts entsprechend der Zahl der Kinder einführen.

Nach überwiegender Ansicht verstößt die Einführung eines Kinderwahlrechts gegen den Wahlgrundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Das Wahlalter ist in Art. 38 GG einwandfrei geregelt, weshalb eine Änderung des Grundgesetzes notwendig wäre, die nicht mit dem höchstpersönlichen Charakter der Wahl und damit nicht mit dem Demokratieprinzip vereinbar wäre.

Auch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre kann in einer Klausur diskutiert werden müssen. Eine solche Änderung des Wahlrechts wäre jedenfalls verfassungsrechtlich zulässig.

2. Unmittelbarkeit der Wahl

Unmittelbarkeit der Wahl bedeutet, dass die Wählerstimmen direkt die Zuteilung der Abgeordnetensitze ergeben. Es gibt keine Zwischeninstanz, wie beispielsweise Wahlmänner.

Nach dem Bundesverfassungsgericht enthält der Wahlgrundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl darüber hinaus die Anforderung, dass ein Wahlverfahren so aufgebaut sein muss, dass der Wähler erkennen kann, welche Personen zur Wahl stehen und wie sich die eigene Stimme auf den Erfolg oder Misserfolg der/des Kandidat*in auswirken kann.
Die Listenwahl ist als mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl vereinbar anzusehen.

3. Freiheit der Wahl

Der Grundsatz der Freiheit der Wahl bestimmt, dass die Stimme frei von Zwang oder staatlicher Beeinflussung abgegeben werden kann. Zudem darf niemand wegen seiner Wahlentscheidung benachteiligt werden. Auch eine Verengung der Entschließungsfreiheit des Wählers innerhalb des bestehenden Wahlsystems würde gegen den Wahlgrundsatz der Freiheit der Wahl verstoßen.


Freiheit
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4. Geheimheit der Wahl

Die Wahl muss geheim stattfinden, das heißt die Stimmabgabe des Einzelnen darf keinem anderen bekannt werden können.


Geheimheit
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5. Gleichheit der Wahl

Der Wahlgrundsatz der Gleichheit der Wahl legt fest, dass jede*r Wahlberechtigte gleich viele Stimmen zu vergeben hat. Jede Stimme muss gleiches Gewicht haben. Bei der Mehrheitswahl müssen Stimmen wenigstens den gleichen Zählwert, bei der Verhältniswahl zusätzlich den gleichen Erfolgswert haben.
Der Wahlgrundsatz der Gleichheit der Wahl betrifft nicht nur die Wahl selbst, sondern dehnt sich auf Wahlvorbereitung, Zulassung zur Wahl, Wahlwerbung etc. aus.


Gleichheit 2
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Problematisch kann die Gleichheit der Wahl in Zusammenhang mit der Fünfprozentsperrklausel, der Grundmandatsklausel und den Überhangmandaten werden.

6. Öffentlichkeit der Wahl

Der Wahlrechtsgrundsatz der Öffentlichkeit der Wahl ist im Grundgesetz nicht ausdrücklich genannt, sondern wurde vom Bundesverfassungsgericht entwickelt.
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl gebietet, dass alle wesentlichen Schritte der Wahl der öffentlichen Überprüfbarkeit unterliegen müssen. Ausnahmen sind nur durch andere verfassungsrechtliche Belange zu rechtfertigen.


Offentlichkeit
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III. Klausurprobleme

1. Briefwahl

Problematisch in Anbetracht der Briefwahl ist das Einhalten der Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit und Geheimheit der Wahl. Andererseits gewährleistet die Möglichkeit der Briefwahl die Allgemeinheit der Wahl in besonderem Maße. Hier entsteht ein Konflikt zwischen den verschiedenen Wahlrechtsgrundsätzen, die der Gesetzgeber im Interesse der Einheitlichkeit des Wahlsystems ausgleichen muss.

2. Wahlcomputer

Ein weiteres, in Klausuren gerne behandeltes Thema ist der sog. Wahlcomputer. Die Zulässigkeit solcher elektronischer Wahlgeräte ist in § 35 BWG geregelt.
Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist der Einsatz von Wahlcomputern nicht mit dem Wahlgrundsatz der Öffentlichkeit der Wahl nach Art. 38 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG vereinbar, wenn der Wahlcomputer so technisch aufgebaut ist, dass dieser die abgegebenen Stimmen ausschließlich auf einem elektronischen Speicher ablegt.

3. Paritätsgesetze

Das paritätische, abwechselnd mit Männern und Frauen, Besetzen von Wahllisten könnte den Wahlgrundsatz der Freiheit der Wahl beeinträchtigen.
Die Besetzung der Wahllisten betrifft die Wählerentscheidung zwar nur mittelbar, da vorrangig die parteiinterne Kandidat*innenaufstellung betroffen ist, der Wähler kann allerdings nicht alle potentiellen Kandidat*innen vorschlagen oder wählen.
Es wird angeführt, dass auch Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG keine Rechtfertigung der Einschränkung darstellen kann, da der besondere Gleichheitssatz keine Anwendung auf das Wahlrecht findet.
Gegenstimmen führen an, dass der Eingriff in die Freiheit der Wahl gegen die Freiheit der Parteien gem. Art. 21 Abs. 1 GG abgewogen werden muss, die ihre Wahllisten frei, d.h. nach Wunsch auch paritätisch, besetzen können müssen.

Quellen

  • Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 9. Auflage 2020.
  • Maurer, Staatsrecht I, 6. Auflage 2010.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.