I. Der Vorrang des Gesetzes
Der Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes besagt, dass sich die Verwaltung an die bestehenden Gesetze halten muss und diesen nicht zuwider handeln darf.
Dieser Grundsatz wird aus dem Rechtsstaatprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitet, wonach alle Staatsgewalten an „Recht und Gesetz“ gebunden sind. Dazu gehört auch die Verwaltung mit all ihren Behörden. Der Vorrang des Gesetzes erstreckt sich dabei auf sämtliches Verwaltungshandeln.
II. Der Vorbehalt des Gesetzes
Nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes darf die Verwaltung nur auf Grundlage eines Gesetzes tätig werden.
Oder anders ausgedrückt: Jedes Verwaltungshandeln bedarf grundsätzlich einer gesetzlichen Grundlage.
Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes ist der Grund dafür, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes mit dem Punkt „Ermächtigungsgrundlage“ beginnt. Nur wenn die Verwaltung durch Gesetz ermächtigt ist, darf sie tätig werden.
1. Herleitung des Vorbehalt des Gesetzes
Die Herleitung des Vorbehalt des Gesetzes ist umstritten:
- Teilweise wird er – wie der Vorrang des Gesetzes – aus dem Rechtsstaatprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitet. Dagegen spricht jedoch der zu eng gefasste Wortlaut des Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die Verwaltung „an Recht und Gesetz gebunden“ ist. Damit ist der Vorrang des Gesetzes gemeint, der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes lässt sich da jedoch kaum reinlesen.
- Auch eine Herleitung aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz wird vertreten, welcher ebenfalls aus Art. 20 Abs. 3 GG resultiert. Dabei greifen jedoch im Ergebnis dieselben Bedenken wie beim Rechtsstaatprinzip.
- Anderer Ansicht nach wurzelt der Vorbehalt des Gesetzes im Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG. Denn das Demokratieprinzip besagt, dass alles staatliche Handeln einer demokratischen Legitimation bedarf. Direkt demokratisch legitimiert sind die Abgeordneten des Bundestages. Damit die Verwaltung zumindest mittelbar demokratisch legitimiert ist, muss ihr Handeln auf einem formellen Gesetz beruhen. Nur so wird eine ununterbrochene demokratische Legitimationskette geschaffen.
Die exakte Herleitung ist letztlich mehr oder weniger unwichtig, da der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes allgemein anerkannt ist.
2. Reichweite des Vorbehalt des Gesetzes – Wesentlichkeitstheorie
Weiterhin strittig ist die Reichweite dieses Grundsatzes.
- Ursprünglich beschränkte sich der Gesetzesvorbehalt auf die Eingriffsverwaltung. Diese Begrenzung lässt sich angesichts der zunehmenden Bedeutung der Leistungsverwaltung heute nicht mehr aufrechterhalten. Insbesondere wenn man den Vorbehalt des Gesetzes als Ausfluss des Demokratieprinzips sieht, ist es nur konsequent zu fordern, dass das gesamte Verwaltungshandeln demokratisch legitimiert sein muss.
- Dies bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche Verwaltungshandlungen dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen. Vielmehr ist die Reichweite des Vorbehalt des Gesetzes nach seinem Sinn und Zweck zu bestimmen.
Das BVerfG bestimmt die Reichweite heute in Verbindung mit der sog. Wesentlichkeitstheorie.
Die Wesentlichkeitstheorie besagt, dass der Gesetzgeber alles wesentlichen Entscheidungen selbst auf normativer Ebene zu treffen hat. Wesentlich im Sinne der Wesentlichkeitstheorie ist alles, was für die „Verwirklichung von Grundrechten“ wesentlich.
Im Ergebnis folgt aus der Wesentlichkeitstheorie ein Verbot der Delegation wesentlicher Entscheidungen an die Exekutive und eine Pflicht des parlamentarischen Gesetzgebers, solche Entscheidungen selbst zu treffen
Anders ausgedrückt könnte man sagen: in allen grundrechtssensiblen Bereichen braucht die Verwaltung – auch außerhalb der Eingriffsverwaltung – eine gesetzliche Grundlage, um tätig werden zu dürfen!
III. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes in der Klausur
Während der Vorrang des Gesetzes sehr selten Gegenstand einer Klausur ist (ausgenommen die mündliche Prüfung), kann der Vorbehalt des Gesetzes durchaus einmal problematisiert werden.
Dies wird dann in der Regel im Rahmen des Prüfungspunktes „Ermächtigungsgrundlage“ stattfinden, nämlich bei der Frage, ob überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage nötig ist. Dabei gibt es einige „typische“ Fallgruppen, die Sie zu dieser Problematik kennen sollten:
- Satzungen für öffentliche Einrichtungen: hier ergibt sich nach wohl überwiegender Ansicht die Ermächtigungsgrundlage für eine Benutzungssatzung aus der Anstaltsgewalt der Gemeinde
- Handeln aufgrund einer untergesetzlichen Rechtsnorm: die untergesetzliche Rechtsnorm muss ihrerseits durch eine Ermächtigungsgrundlage gedeckt sein, z.B. ist die Grundlage für Polizeiverordnungen (= untergesetzliche Rechtsnorm) die einschlägige Norm im Landespolizeirecht
- Subventionen: hier genügt nach Ansicht der Rspr. jede parlamentarische Willensäußerung, insbesondere die Bereitstellung der Mittel im Haushalt; auch davon gibt es jedoch Ausnahmen.
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