Tätowierungen im öffentlichen Dienst [OVG Münster Urt. v. 26.09.2014 – 6 B 1064/14]

Tätowierungen im öffentlichen Dienst [OVG Münster Urt. v. 26.09.2014 – 6 B 1064/14]

Gewisse Berufsgruppen erfordern ein gewisses äußeres Erscheinungsbild – so zumindest denken die betroffenen Arbeitgeber und Behörden. Das OVG Münster hatte in seinem Urteil vom 26.09.2014 (Az. 6 B 1064/14) im Rahmen des Eilrechtsschutzes über die Ablehnung eines Polizeibewerbers wegen seiner Tätowierungen zu entscheiden. Wir haben das Urteil zusammengefasst.
tatowierung öffentlicher dienst
Lecturio Redaktion

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23.01.2024

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Inhalt

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I. Der Sachverhalt

Der Kläger hatte sich um eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes NRW beworben. Er hatte an den Unterarmen tätowierte Schriftzüge (jeweils ca. 15cm breit und 3cm hoch), bei denen es sich um die Vornamen seiner Töchter handelt.

Das Land NRW lehnte seine Einstellung ab und führte zur Begründung auf, dass in der Dienstausübung jegliche Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten soll. Die sich insbesondere aus seiner Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfe durch Tätowierungen nicht beeinträchtigt werden.

Großflächige Tätowierungen, die nicht von der kurzärmeligen Sommeruniform verdeckt werden, stellen deshalb ein Einstellungshindernis dar. B hatte dem entgegen gehalten, er wäre bereit, auch im Sommer langärmelige Uniformhemden zu tragen, die seine Tätowierungen verdecken würden. Er begehrte deshalb im Wege der einstweiligen Anordnung die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst.

II. Problemaufriss

In diesem Fall treffen zwei kollidierende Interessenslagen aufeinander. Das Land NRW, welchem die Polizeibehörden unterstellt sind, hat als Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Polizeivollzugsbeamten bei der Erfüllung dienstlicher Aufgaben die nötige staatliche Neutralität und insbesondere Autorität ausstrahlen. Der Kläger als Bewerber hat hingegen berechtigte Grundrechtsinteressen, die durch die Entscheidung beeinträchtigt sind.

Zum Einen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) zum Schutz der Privatsphäre, zum Anderen das Recht auf Zugang zum öffentlichen Dienst (Art. 33 Abs. 2 GG) als lex specialis zur Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG.

III. Die Entscheidung des OVG Münster [Urt. v. 26.09.2014 – 6 B 1064/14]

Das OVG Münster lehnte den Antrag des Klägers ab und schloss sich der Argumentation des Landes NRW an.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts ist das Land als Dienstherr berechtigt, Polizeivollzugsbeamten Vorgaben für deren äußeres Erscheinungsbild im Dienst zu machen, unter anderem auch für Tätowierungen. Dies sei im vorliegenden Fall durchspezielle Verwaltungsvorschriften geschehen. Danach sei der Dienstherr berechtigt, einen Bewerber abzulehnen, wenn er sichtbare großflächige Tätowierungen trägt. Selbstverständlich müssen diese Verwaltungsvorschriften ihrerseits rechtmäßig sein, damit sich das Land NRW darauf berufen kann. Rechtmäßigkeit bedeutet insbesondere, dass die Verwaltungsvorschriften dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen, d.h. dass durch diese Vorschriften nicht in unverhältnismäßiger Weise in die Grundrechte der Bewerber eingegriffen werden darf.

Nach Ansicht des OVG Münster ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften gewahrt, da durch diese Tätowierungen nicht ausnahmslos verboten werden.

Im Gegenteil, auch großflächige Tätowierungen seien kein Problem, sofern sie auch von der kurzärmeligen Sommeruniform verdeckt würden. Sogar unverdeckte Tätowierungen seien noch zulässig, sofern sie von geringer Größe sind. Weiterhin habe das Land NRW ein berechtigtes Interesse daran, dass Polizeibeamte als Teil des öffentlichen Dienstes nach außen dein Eindruck staatlicher Neutralität vermitteln.

Dies war nach Ansicht des Gerichts im Falle des Klägers aufgrund seiner großflächigen und nicht zu verdeckenden Tätowierungen nicht mehr gewährleistet. Damit war die Verwaltungsvorschrift nicht zu beanstanden und die Ablehnung des Bewerbers damit rechtmäßig.

IV. Relevanz fürs Studium

Eine Entscheidung, die überzeugt, und die sich ohne Weiteres in einer Klausur wiederfinden könnte. Der Sachverhalt bietet eine hervorragende Einkleidung für Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO. Im Rahmen der Begründetheit wäre dann der Schwerpunkt auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu legen, wobei die Argumente sauber strukturiert und die Besonderheiten des öffentlichen Dienst herausgearbeitet werden müssen.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.