Polizeiliches Auswahlermessen bei Störermehrheit (landesunspezifisch)

Polizeiliches Auswahlermessen bei Störermehrheit (landesunspezifisch)

Die Polizei hat die Aufgabe Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Um diesen Zweck zu erreichen ist es häufig erforderlich, in die Rechte einer Person einzugreifen. Natürlich bedarf es dafür einer Ermächtigungsgrundlage. Darüber hinaus muss die Polizei gegen denjenigen vorgehen, der polizeirechtlich verantwortlich ist. Diese Person wird allgemein als Störer bezeichnet. Leider gibt es nicht immer nur einen Störer, sodass sich die Behörde entscheiden muss, gegen welchen Verantwortlichen sie vorgehen will. Diese Ermessensentscheidung ist nicht immer leicht zu treffen.
polizeiliches auswahlermessen
Lecturio Redaktion

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18.01.2024

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Inhalt

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I. Störerauswahl

Unproblematisch sind die Fälle, in denen die Polizeibehörde aus gefahrenabwehrrechtlichen Spezialgesetzen vorgeht, wie zum Beispiel § 4 BBodSchG. Ebenso sind Konstellationen unbedenklich in denen polizeiliche Standardmaßnahmen vorgenommen werden. Diese Normen legen den Kreis derjenigen Personen fest, gegen die vorgegangen werden muss. Dementsprechend können nur die dort genannten Adressaten mit einer derartigen Maßnahme überzogen werden.

Jedoch gibt es auch Befugnisnormen, die keine Aussage dazu treffen, wer Adressat einer solchen Maßnahme sein soll. Insbesondere gilt das für die polizeilichen Generalklauseln. In diesen Fällen sind die begrenzenden Vorschriften über die Verhaltens- und Zustandsverantwortlichkeit heranzuziehen.

Nach diesen Vorschriften kommen verschiedene Personen als Störer in Betracht, gegen die vorgegangen werden kann.

II. Verhaltensstörer

Zum einen gibt es die sogenannten Verhaltensstörer.

Definition: Dieser Störertyp ist polizeirechtlich verantwortlich, weil er mit seinem Verhalten die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht oder stört.

Auch in diese Kategorie einzuordnen, sind diejenigen Personen, die eine Zusatzverantwortlichkeit trifft. Das sind solche Personen, denen das Verhalten einer anderen Person zugerechnet wird. Ansatzpunkt der Zurechnung kann eine bestehende Aufsichtspflicht sein. Auch wird das Verhalten von Personen zugerechnet, die zu einer Verrichtung bestellt sind und während der Ausübung der Verrichtung eine Gefahr verursacht haben.

III. Zustandsstörer

Neben den Verhaltensstörern gibt es die Zustandsstörer.

Definition: Zustandsstörer sind für eine gefahrenverursachende Sache verantwortlich und werden deshalb in Anspruch genommen.

Die Verantwortlichkeit für die Sache kann sich aus Eigentum oder aus der tatsächlichen Sachherrschaft ergeben. Auch die Verantwortlichkeit für Tiere ist hiervon umfasst. Auf ein Verschulden kommt es nicht an.

IV. Nichtstörer

Schließlich gibt es den Nichtstörer. Wie sein Name schon verrät, ist diese Person für eine vorhandene Störung nicht verantwortlich. Deshalb darf gegen eine solche Person nur ganz ausnahmsweise vorgegangen werden, wenn ein Vorgehen gegen einen Störer nicht möglich ist oder es keinen Störer gibt. Die genauen Voraussetzungen sind gesetzlich abschließend geregelt.

V. Personen und Personengruppen 

Nach dem nun geklärt ist, welche Störer es gibt, stellt sich die Frage wer überhaupt Störer sein kann. Als solche kommen grundsätzlich natürliche Personen in Betracht. Probleme ergeben sich dann, wenn die Person nicht verwaltungsverfahrensrechtlich handlungsfähig im Sinne des § 12 VwVfG ist. Bei unaufschiebbaren polizeilichen Maßnahmen kann wohl aber auch gegen diese Personen vorgegangen werden. Die rechtliche Begründung ist jedoch umstritten.

Auch können juristische Personen des Privatrechts als Störer in Verantwortung genommen werden.

Ob juristische Personen des öffentlichen Rechts polizeipflichtig sein können, ist umstritten. Dafür spräche, dass auch Hoheitsträger die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährden dürfen. Andererseits gibt das Grundgesetz eine klare Kompetenzordnung vor, sodass die Gefahrenabwehrbehörde nicht in den Kompetenzbereich einer anderen Behörde eingreifen darf. Generell können juristische Personen des öffentlichen Rechts aber wohl polizeipflichtig sein. Es sind jedoch solche Maßnahmen untersagt, durch die die andere Behörde in ihrer verfassungsrechtlich eingeräumten hoheitlichen Tätigkeit behindert wird [BVerwGE 29, 52, 59].

VI. Störermehrheit

Probleme ergeben sich, wenn eine Störermehrheit besteht. Diese besteht dann, wenn mehre Personen für eine Gefahr verantwortlich sind. So können Verhaltensstörer und Zustandsstörer aufeinander treffen. Es sind aber auch Fälle denkbar, bei denen es mehrere Zustandsstörer oder mehrere Verhaltensstörer gibt. In diesen Konstellationen stellt sich die nicht immer einfache Frage, gegen welchen Störer Maßnahmen ergriffen werden sollen.

VII. Pflichtgemäßes Ermessen

Bei der Auswahl eines Störers unter mehreren kommt der Behörde ein Ermessen zu, welchen Verantwortlichen sie zur Gefahrenabwehr heranzieht. Man spricht insoweit von einem Auswahlermessen. Grundsätzlich kann die Behörde jeden Störer für sich oder mehrere nebeneinander in Anspruch nehmen.

Das Auswahlermessen wird von der Frage geleitet, welches Vorgehen am effektivsten zur Gefahrenabwehr ist und den geringstmöglichen Eingriff darstellt. Danach hat die Behörde grundsätzlich gegen den Störer vorzugehen, der die Gefahrenlage am schnellsten und wirksamsten beseitigen kann. Sind mehrere Störer gleich geeignet, sind Überlegungen zu der Verhältnismäßigkeit anzustellen, also zu Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit.

IIX. Rechtsfolgen einer fehlerhaften Störerauswahl

Hat die Behörde bei der Störerauswahl ermessensfehlerhaft gehandelt, führt dies zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Je nach dem, was der fehlerhaft in Anspruch genommene in einer Klage begehrt, kann ein Aufhebungs-, Vollzugsfolgenbeseitigungs- oder Feststellungsanspruch begründet sein. Ein Ermessensfehler liegt zum Beispiel dann vor, wenn die Behörde nicht erkannt hat, dass mehrere Störer hätten in Anspruch genommen werden können.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.