I. Allgemeines zur Klageänderung
Der Kläger kann eine Änderung des Streitgegenstandes herbeiführen, indem er entweder einen Schriftsatz zustellt oder einen Antrag aus einem Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung verliest (§§ 261 Abs. 2, 297 ZPO).
Problematisch ist dabei, dass sich der Beklagte in der Regel bereits auf eine bestimmte Klage eingestellt hat und nicht plötzlich einem anderen Antrag oder einem anderen Sachverhalt gegenüber stehen soll. Andererseits kann jedoch eine Klageänderung notwendig sein, wenn sich beispielsweise die Forderung des Klägers während der Vehandlung verändert hat.
Um nachfolgendes besser zu verstehen, sollte sich vorab angeschaut werden, wie der Streitgegenstand zu bestimmen ist!
Tipp: Ließ hier mehr zum Thema “Der Streitgegenstandsbegriff der ZPO”.
II. Zulässigkeit der Klageänderung
Die Klageänderung ist in den §§ 263 ff. ZPO normiert.
§ 263 ZPO:
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
Danach ist die Klageänderung immer dann zulässig, wenn der Beklagte einwilligt. Dann wird dieser als nicht schutzbedürftig angesehen. Die Einwilligung wird dabei vermutet, wenn er sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (§ 267 ZPO).
Des Weiteren ist die Klageänderung zulässig, wenn das Gericht sie für sachdienlich erachtet (§ 263 ZPO). Dabei spielen besonders prozessökonomische Erwägungen eine Rolle. Das Gericht wird regelmäßig überprüfen, ob eine Klageänderung für die Beendigung des Streits in einem Prozess zweckmäßig ist, also etwa eine neue Klage vermieden wird [BGH NJW 1985, 1841].
Definition: Sachdienlich ist eine Änderung nach Rechtsprechung des BGH, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung ein neuer Prozess vermieden werden kann.
Als nicht sachdienlich, also nicht im Sinne der Prozessökonomie sinnvoll wird lediglich die Einführung völlig neuen Streitstoffs angesehen, weil das Ergebnis des bisherigen Prozesses nicht mehr verwertet werden kann [BGH NJW 2000, 800, 803].
Die Entscheidung des Gerichts über die Klageänderung ist unanfechtbar (§ 268 ZPO).
Wird die Klageänderung nicht durch das Gericht zugelassen, muss das Gericht – konsequenterweise– über den ursprünglichen Anspruch entscheiden.
Ermäßigt der Kläger den Antrag beispielsweise von 10.000 Euro auf 8.000 Euro, stellt sich die Frage, was mit dem Streitgegenstand geschieht, den er nicht mehr geltend macht. Die überwiegende Ansicht nimmt entweder ein Verzicht auf die Klage (§ 306 ZPO), eine Erledigung der Hauptsache oder eine Klagerücknahme an (§ 269 ZPO) [BGH NJW 1990, 2682].
II. Privilegierte Klägeänderung, § 264 ZPO
Bevor jedoch auf die Klageänderung gemäß § 263 ZPO näher eingegangen werden kann, muss vorher geprüft werden, ob eine Art “privilegierte Klageänderung” gemäß § 264 ZPO vorliegt. Dann ist die Änderung nämlich nicht als eine solche anzusehen und ohnehin zulässig und man erspart sich die Zulässigkeitsprüfung.
§ 264 ZPO:
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
1. die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3. statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
Bei § 264 Nr. 1 ZPO handelt es sich um eine deklaratorische Feststellung, welche ohnehin keine Änderung darstellt, anders schaut es bei § 264 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO aus. Dort liegen dem Grunde nach Änderungen vor, sie werden nur als solche nicht angesehen. Ein Beispiel für § 264 Nr. 3 ZPO ist der Übergang von einem Anspruch auf Lieferung einer Sache auf Schadensersatz wegen Nichtlieferung.
Beachte jedoch auch, dass bei dem Fall der Beschränkung i.R.v. § 264 Nr. 2 ZPO der nicht mehr verfolgte Teil des Anspruchs behandelt werden muss. In Betracht kommt dahingehend eine teilweise Erledigungserklärung, teilweise Klagerücknahme oder ein teilweiser Verzicht. Kommt hingegen ein neuer Teil hinzu, liegt eine nachträglichen Klagehäufung vor und es ist auch eine Prüfung für den gesamten alten Anspruch vorzunehmen.
Als “Regel”-Rechtsfolge der zulässigen Klageänderung ist nur noch über den neuen Antrag zu entscheiden. Damit muss man also dessen Zulässigkeit und Begründetheit prüfen.
Beachte: Die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Antrags erlischt ipso iure!
Ist die Klageänderung jedoch unzulässig, muss die geänderte Klage als unzulässig abgewiesen werden (Prozessurteil) und der alte Anspruch ist nach wie vor rechtshängig.
III. Prüfungsreihenfolge der Klageänderung
Daraus ergibt sich folgende Prüfungsreihenfolge:
- Zulässigkeit kraft Gesetzes, § 264 ZPO
- Einwilligung, § 263 Alt. 1 ZPO
- Rügelose Einlassung, § 267 ZPO
- Für Sachdienlich erklären, § 263 Alt. 2 ZPO
- Zulässigkeit der enthaltenen – teilweisen- Klagerücknahme, Klageverzichts
IV. Kostenprobleme der Klageänderung
Reduziert sich der Streitwert, bringt die Klageänderung häufig Kostenprobleme mit sich. Wird beispielsweise eine ursprünglich in Höhe von 10.000 Euro eingereichte Klage mit Zustimmung des Beklagten auf 8.000 Euro ermäßigt, können jedoch schon Kosten aus dem höheren Streitwert entstanden sein.
Über diese Kosten ist dann wie in § 269 ZPO zulasten des Klägers oder gemäß § 91a ZPO zu entscheiden.
Quelle
- Stein/Jonas/Roth, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 23. Auflage.