Übrigens: kennst du schon Teil 2 und Teil 3 der Serie rund um die examenstypischen Probleme beim Diebstahl?
I. Problem 1: Entwendung von Implantaten aus einem Leichnam
Umstritten ist hierbei die Sach- und Eigentumsqualität von Implantaten. Grundsätzlich sind natürliche Leichenteile – so auch der Leichnam per se – herrenlose Sachen. Eine Ausnahme besteht lediglich dann, sofern der Leichnam zulässigerweise der Bestattung entzogen und einer wissenschaftlichen Einrichtung (z.B. Körperspende zur Plastination) oder einem Museum überlassen wurde. In diesem Falle sind Leichen wiederum fremde Sachen nach § 242 StGB.
Künstliche Leichenteile, die nicht fest mit dem Körper des Menschen verbunden sind, stellen keine Leichenteile dar, sondern sind und bleiben eine fremde bewegliche Sache und können mithin zum Tatobjekt des § 242 StGB werden (z.B. Hörgerät, abnehmbare Prothesen).
Probleme ergeben sich jedoch bei künstlichen, fest mit dem menschlichen Körper verbundenen, Gegenständen (Implantate, wie z.B. Herzschrittmacher). Sind diese bezüglich ihrer Eigentumsfähigkeit dann wie natürliche Leichenteile oder aber wie künstliche Gegenstände, die nicht fest mit dem Körper verbunden sind, einzuordnen?
1. Verschiedene Ansichten zur Sacheigenschaft
Gemäß einer Ansicht verliert z.B. ein Herzschrittmacher mit der Implantation in den menschlichen Körper seine Eigenschaft als Sache und damit zugleich die Eigentumsfähigkeit. Zwar erlangt ein Implantat durch eine Explantation seine Sachqualität zurück, dennoch mangelt es weiter – wie beim Leichnam selbst – an dessen Eigentumsfähigkeit.
Folglich wäre gemäß dieser Auffassung das explantierte Implantat als herrenlose Sache zu betrachten. § 242 StGB wäre demnach mangels Fremdheit der Sache zu verneinen.
Mag man einer anderen Ansicht folgen, so verliert ein implantierter Herzschrittmacher seine Sachqualität nicht und steht damit im Eigentum seines Trägers. Verstirbt der Träger, geht dessen Eigentum im Wege der Universalsukzession auf den Erben oder andere Dritte über.
Das Implantat bliebe nach dieser Meinung also eine fremde bewegliche Sache, da ein implantierter Herzschrittmacher kein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Körpers ist, sondern vielmehr als körperfremder, ohne weiteres trennbarer Bestandteil anzusehen ist.
Es ist im Examen dringend anzuraten, der zweiten Ansicht zu folgen, mit welcher die Fremdheit der Sache bejaht werden kann. Dies zum einen aus klausurtaktischen Gründen, um sich keine Probleme der Prüfung abzuschneiden, zum anderen, weil der nach der ersten Meinung mit einer Im- bzw. Explantation verbundene Wandel von einer Sache zu eben keiner Sache und dann wieder zur Sache zurück, kaum nachvollziehbar erscheint.
II. Problem 2: Tanken, ohne zu bezahlen
Auch die Fälle des Tankens, ohne zu bezahlen, stellen einen gerne gesehenen Klassiker im Examen dar. Somit sollte auch hier Sicherheit im Umgang mit solchen Fallkonstellationen herrschen.
1. Beispiel
Der Kunde K fährt an der SB-Tankstelle des Betreibers S vor und tankt – zunächst noch zahlungswillig – seinen Wagen mit Benzin voll. Nach Beendigung des Tankvorganges überlegt es sich K anders und verläßt das Tankstellengelände, ohne zu zahlen.
Kernfrage muß hier sein, ob das Benzin im Tank des K zum Zeitpunkt des Verlassens des Tankstellengeländes für ihn noch eine fremde, bewegliche Sache nach §§ 242, 246 StGB darstellt.
2. Verschiedene Ansichten zum Eigentumsübergang
Eine Ansicht vertritt die Auffassung, dass mit dem Einfüllen des Benzins bereits das Eigentum an diesem nach § 929 BGB auf den Kunden übergeht. Somit wäre das Benzin nicht als fremde, bewegliche Sache anzusehen.
Infolgedessen würde der Täter straflos bleiben, da das Benzin im Tank eines Käufers kein taugliches Diebstahls- oder Unterschlagungsobjekt sein kann.
Teilweise wird vertreten, mit dem Einfüllvorgang einen Eigentumserwerb des Tankenden nach §§ 948, 947 BGB anzunehmen. Dieser Ansicht ist jedoch entgegen zu halten, dass nach § 947 I BGB der Tankende ohnehin nur Miteigentum erhalten würde, bzw. im Fall eines nahezu leeren Tanks das Eigentum nach § 947 II BGB ohnehin beim Tankstelleneigentümer verbleiben würde.
Eine weitere Ansicht (OLG Hamm, NStZ 1983, 266) sieht bereits in dem Einfüllvorgang eine aufschiebend bedingte Übereignung i.S.d. §§ 929, 158 Abs. 1 BGB, was einen konkludent vereinbarten Eigentumsvorbehalt bis zur Begleichung der Rechnung an der Kasse bedeutet.
In diesem Sinne bliebe das Benzin für den Kunden fremd, so dass die §§ 242, 246 StGB Anwendung fänden.
Eine dritte Auffassung will den Eigentumsübergang des getankten Benzins erst bei Zahlung an der Kasse bejahen.
Folglich bliebe das Benzin bis zu diesem Zeitpunkt eine fremde bewegliche Sache und stellt mithin für den Käufer/ Kunden ein taugliches Tatobjekt der §§ 242, 246 StGB dar.
3. Argumente
Die dingliche Einigung vollzieht sich erst an der Kasse, auch wenn die Übergabe bereits vorgelagert ist (§ 929 Satz 2 BGB). Zudem kann es grundsätzlich nicht dem Willen des Tankstellenbetreibers entsprechen, an seine Kunden vorzuleisten, sondern die Leistung hat Zug-um-Zug, d.h. Ware gegen Geld, zu erfolgen.
Ferner scheitert das Übereignungsangebot auch an dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, wonach eine Sache bereits individualisiert sein muss.
Insgesamt vermag die zuletzt genannte Ansicht zu überzeugen, wobei man immer im konkreten Einzelfall genau abwägen sollte.
Dies war der erste Teil des Streichs bei § 242 StGB, der zweite folgt sogleich.
Quellen
- Otto, Jura 1989, 138.
- Schroeder, JuS 1984, 847.
- SK-Hoyer, § 242, Rn. 36.
- SK-Samson, § 242, Rn. 4, 16.