I. Grundlagen des Verbrauchsgüterkaufs
Das Recht des Verbrauchsgüterkaufs ist in den §§ 474 ff. BGB abschließend geregelt. Aus § 474 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs lediglich ergänzend wirken. Das Allgemeine Kaufrecht hat somit im Grundsatz Wirkung, solange die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs nicht widersprechen.
II. Anwendungsbereich des Verbrauchsgüterkaufs
Aus § 474 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs.
Definition: Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) eine Ware (§ 241a Abs. 1 BGB) kauft.
Merke: Der Verbraucher ist somit immer Käufer, niemals Verkäufer!
Wie aus § 474 Abs. 1 S. 1 BGB ersichtlich wird, muss es sich beim dem Käufer um einen Verbraucher i.S.v. § 13 BGB und bei dem Verkäufer um einen Unternehmer i.S.v. § 14 BGB handeln.
- Verbraucher, § 13 BGB: die natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu privaten Zwecken anschließt.
- Unternehmer, § 14 BGB: die natürliche oder juristische Person, die ein Rechtsgeschäft in Ausübung ihrer gewerblichen/selbstständigen beruflichen Tätigkeit abschließt
Der besondere Schutz des Verbrauchsgüterkaufechts wird dem Verbraucher wegen seiner gegenüber dem Unternehmer unterlegen Stellung gewährt. Spiegelt der Verbraucher dem Unternehmer jedoch vor, gewerblich zu handeln, entfällt die Schutzbedürftigkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Verbraucher kann sich bei vorspiegeln unternehmerischer Tätigkeiten nicht mehr auf den Verbraucherschutz berufen.
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Nicht anwendbar sind die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 Abs. 2 S. 2 BGB bei öffentlich zugänglichen Versteigerungen über gebrauchte Sachen. Ob die Sache gebraucht ist, ist objektiv zu bestimmen. Die Definition der öffentlich zugänglichen Versteigerung findet sich in § 312g Abs. 2 Nr. 10 BGB. Nicht hierunter fallen eBay-Auktionen, da es sich bei diesen nicht um eine Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB handelt.
III. Besondere Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs
Die folgenden Besonderheiten unterscheiden den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) von dem normalen Kaufrecht (§§ 433 ff. BGB):
1. Leistungszeit, § 475 Abs. 1 BGB
Ist eine Leistungszeit im Kaufvertrag nicht bestimmt worden oder aus den Umständen zu entnehmen, dann hat der Schuldner die Leistung im Gegensatz zu § 271 BGB (sofort) gem. § 475 Abs. 1 S. 1 BGB nur unverzüglich zu verlangen. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 BGB). Daher muss beim Verbrauchsgüterkauf auch ein subjektiver Maßstab angewandt werden.
Gem. § 474 Abs. 1 S. 2 BGB muss der Unternehmer jedoch innerhalb von 30 Tagen liefern. Bewirken können beide Vertragsparteien die Leistung gem. § 475 Abs. 1 S. 3 BGB jedoch bereits vor Fälligkeit.
2. Gefahrübergang, § 475 Abs. 2 BGB
Nach § 447 Abs. 1 BGB geht die Preisgefahr beim Versendungskauf auf Verlangen des Käufers auf diesen über, sobald der Verkäufer die Sache der Transportperson übergeben hat. Gem. § 475 Abs. 2 BGB wird dieses Prinzip für den Verbrauchsgüterkauf beschränkt. So wirkt § 447 Abs. 1 BGB nur, wenn der Käufer die Transportperson bestimmt hat. Da dies selten der Fall ist, wird es regelmäßig bei der grundsätzlichen Regelung des § 446 BGB bleiben.
3. Nutzungsersatz, § 475 Abs. 3 BGB
Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, dann kann er gem. § 439 Abs. 4 BGB Herausgabe der mangelhaften Sache und etwaiger gezogener Nutzungen vom Käufer verlangen. Gem. § 475 Abs. 3 BGB wird der Ersatz für Nutzungen ausgeschlossen. Auch § 475 Abs. 3 S. 2 BGB muss beachtet werden.
4. Beweislastumkehr, § 477 BGB
Grundsätzlich trägt der Käufer gem. § 363 BGB die Beweislast für das Vorliegen eines Sachmangels. Bei Verbrauchsgüterkäufen gilt dies gem. § 477 Abs. 1 BGB so allerdings nicht. Es wird widerlegbar vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb eines Jahr nach Gefahrübergang (neues Verbrauchsgüterrecht!) zeigt bereits bei diesem vorgelegen hat.
Ausnahmsweise liegt gem. § 477 Abs. 1 BGB keine Beweislastumkehr vor, wenn die Vermutung, dass die Sache bereits bei Vertragsschluss mangelhaft gewesen sei mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
Bei § 477 BGB handelt es sich lediglich um eine widerlegbare Vermutung. Der Käufer muss zunächst grundsätzlich beweisen, dass überhaupt ein Mangel vorliegt. Der Verkäufer kann im Folgenden beweisen, dass dieser Mangel erst nach Vertragsschluss aufgetreten ist. Ansonsten wird fingiert, dass der Mangel bereits bei Vertragsschluss vorlag.
5. Sonderbestimmungen für Garantien, § 447 BGB
Sollte der Verkäufer eines Kaufvertrages eine Garantie abgegeben haben, bestimmt § 447 BGB, dass diese bestimmte Bestimmungen zu umfassen hat. So muss sie etwa verständlich abgefasst sein, Hinweise auf die Rechte des Verbrauchers enthalten etc. Es sind die Formvorschriften des § 479 BGB zu beachten.
Ein Verstoß gegen die Mindestanforderungen aus § 479 BGB führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Garantieerklärung. Dadurch würden dem Verbraucher noch weniger Rechte zustehen und ein solches Vorgehen wäre folglich kontraproduktiv.
Bei einem Verstoß wird der Unternehmer zur Anpassung der Erklärung verpflichtet.
6. Unternehmerregress, §§ 478 f. BGB
In den Fällen, in denen der Verkäufer einer Sache wegen Mängelrechten von einem Verbraucher in Anspruch genommen wird, er aber den Mangel nicht selbst verursacht hat, muss es gem. §§ 478 f. BGB möglich sein, dass er Regress bei seinem Lieferanten nehmen kann.
Er kann sich allerdings nicht direkt an den Hersteller wenden. Stattdessen kann er sich nur an seinen Lieferanten wenden, und dieser wiederum an seinen Lieferanten, bis letzten Endes der Hersteller in Anspruch genommen werden kann.
Der Unternehmer zieht den Grundanspruch gegen den Lieferanten aus §§ 437 ff. BGB (Gewährleistungsrechte infolge Mängeln bei Gefahrübergang). § 445a Abs. 2 BGB stellt keine neue Anspruchsgrundlage dar, sondern erleichtert nur die Geltendmachung ohnehin bestehender Gewährleistungsrechte durch:
- Entbehrlichkeit der Fristsetzung (vgl. §§ 281 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB)
- Ablaufhemmung bei Verjährung, § 445b Abs. 2 BGB
- Aufwendungsersatz aller Kosten, die nicht aus Kulanz des Unternehmers entstanden
- Beweislastumkehr § 477 BGB i. V. m. § 478 Abs. 1 BGB
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Quellen
- Looschelders, Dirk: Schuldrecht Besonderer Teil, 9. Auflage 2014.
- Medicus, Dieter / Lorenz, Stephan: Schuldrecht II Besonderer Teil, 17. Auflage 2014.