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I. Allgemeines zur Klageänderung, § 264 Nr. 2 ZPO
Wenn eine Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO vorliegt, ist diese stets zulässig. § 264 Nr. 2 ZPO beschreibt zwei verschiedene Tatbestände, die Klageerweiterung und die Klagebeschränkung, welche prozessual interessanter ist.
§ 264 Nr. 2 ZPO:
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird.
II. Vorliegen einer Klagebeschränkung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO
Eine Klagebeschränkung liegt dann vor, wenn der Klageantrag bei unverändertem Klagegrund quantitativ oder qualitativ beschränkt wird.
Wird jedoch einer von mehreren Streitgegenständen fallengelassen, liegt Klagerücknahme vor.
Beispielsweise liegt eine zulässige Klageermäßigung (-beschränkung) vor, wenn der Kläger zunächst Kaufpreiszahlung in Höhe von 10.000 € begehrt und später lediglich 7.000 € einfordert.
In der Umstellung einer Leistungsklage in eine Feststellungsklage ist ebenfalls eine Klageermäßigung (-beschränkung) nach § 264 Nr. 2 ZPO zu sehen. Letzteres Beispiel stellt eine qualitative und ersteres Beispiel eine quantitative Klagebeschränkung dar.
Die beiden Fälle sollten auch die wohl typischen Klausurfälle darstellen.
III. Auslegungsbedürftigkeit der Klagebeschränkung
Wird der Klageantrag reduziert, so ist diese Prozesshandlung auslegungsbedürftig. Einerseits könnte eine teilweise Erledigungserklärung vorliegen, andererseits könnte eine teilweise Klagerücknahme vorliegen. Dies gilt es abzugrenzen.
Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Kläger zusätzlich zum neuen reduzierten Klageantrag erklärt, dass sich die Klage im Übrigen erledigt habe oder sie im Übrigen zurückgenommen werde. Dann bedarf es natürlich keiner Auslegung mehr.
Erklärt sich der Kläger hierzu nicht, ist in der Regel anzunehmen, dass er eine Erledigungserklärung abgeben wollte, wenn der Klageanspruch nach Klageerhebung teilweise erfüllt wurde. Lässt der Kläger dagegen erkennen, dass er unberechtigt, unbeweisbar oder irrtümlich zu viel beantragt hat, wird in der Regel teilweise Klagerücknahme gemeint sein.
Beachte: Bei quantitativer Klageermäßigung (-beschränkung) muss immer daran gedacht werden, zu erläutern, was mit dem Übrigen Teil der ursprünglichen Klage passiert.
IV. Vorgehen bei Klagebeschränkung mit Erledigungserklärung
Ergibt die Auslegung, dass der Kläger bezüglich des ermäßigten Teils seiner Klage Erledigung erklärt hat, ist zunächst über den reduzierten Klageantrag zu entscheiden. Bezüglich des für erledigt erklärten Teils ist zu prüfen, ob einseitig oder übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
Wurde einseitig für erledigt erklärt, liegt eine nachträgliche kumulative Klagehäufung vor. Bezüglich des einseitig für erledigt erklärten Teils ist zu prüfen, ob Erledigung eingetreten ist.
Ist hingegen übereinstimmend für erledigt erklärt worden, erlischt die Rechtshängigkeit bezüglich des für erledigt erklärten Teils. Das Gericht ist, hinsichtlich dieses Teils, nur noch berufen über die Kosten gemäß § 91a ZPO zu entscheiden. Diese Entscheidung wird im Urteil mitgetroffen, ist aber selbstständig angreifbar mit der sofortigen Beschwerde nach § 91a Abs. 2 ZPO.
V. Vorgehen bei Klagebeschränkung mit Klagerücknahme
Ist das Ergebnis der Auslegung, dass der Kläger bezüglich des ermäßigten Teils seiner Klage Klagerücknahme erklärt hat, ist ebenfalls zunächst über das ermäßigte Klagebegehren zu entscheiden.
Der fallengelassene Teil der ursprünglichen Klage wird als Klagerücknahme behandelt, sodass neben § 264 Nr. 2 ZPO auch § 269 ZPO zur Anwendung kommt. Dadurch wird gewährleistet, dass der Beklagte nicht sein Recht verliert, eine rechtskräftige Entscheidung über den ermäßigten Klageteil zu erzwingen. Wenn also bereits mündlich verhandelt wurde, ist die Klageermäßigung, die als teilweise Klagerücknahme zu werten ist, nur mit Zustimmung des Beklagten möglich [BGH NJW 90, 2682].
Verweigert der Beklagte seine Zustimmung, muss auch über den ermäßigten Teil entschieden werden. Grund dafür ist, dass auch dieser Teil, mangels Zustimmung, rechtshängig geblieben ist. Diesbezüglich sind zwei Entscheidungsformen denkbar.
Verhandelt der Kläger über den fallengelassenen Teil nicht und verzichtet daher darauf, einen Antrag zu stellen, wird über diesen Teil durch Versäumnisurteil gemäß §§ 330, 333 ZPO entschieden. Hat der Kläger bezüglich diesen Teils einen Sachantrag gestellt, ergeht ein normales streitiges Urteil auch über diesen Teil, denn die Klagerücknahme war schließlich mangels Einwilligung unzulässig.
Willigt der Beklagte in die Klagerücknahme ein oder wird seine Einwilligung mangels Widerspruches innerhalb der Notfrist nach § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO unterstellt, so wird der Rechtsstreit bezüglich des ermäßigten Teils als nicht anhängig geworden betrachtet, § 269 Abs. 3, S. 1 ZPO.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen;
Dieser Teil ist eine Sachentscheidung des Gerichts, also entzogen. Über die Kosten ist jedoch auch bezüglich dieses Teils zu entscheiden.