I. Ermächtigungsgrundlage
Die Ermächtigungsgrundlage für die Aufstellung eines Bebauungsplans findet sich in §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1 S. 1 BauGB.
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Normalerweise ist die formelle Rechtmäßigkeit in Klausuren eher kurz abzuhandeln, weil sich i.R.d. Verfahrens keine Probleme ergeben. Anders ist dies beim Bebauungsplan. Da kann die Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit durchaus einmal den Hauptschwerpunkt der Begründetheitsprüfung bilden.
1. Zuständigkeit
a. Verbandskompetenz
Definition: Die Verbandskompetenz regelt, welches Organ aus der Gesamtheit der öffentlichen Gewalt für die Aufstellung eines Bebauungsplans zuständig ist.
Zuständig für den Erlass eines Bebauungsplans ist gem. § 2 Abs. 1 BauGB die Gemeinde.
b. Organkompetenz
Definition: Die Organkompetenz betrifft die Frage, welches Organ innerhalb Gemeinde zur Aufstellung eines Bebauungsplans berufen ist.
Dies bestimmt sich nach dem jeweiligen Landesrecht (in den meisten Fällen ist das der Gemeinderat).
2. Verfahren
Das Aufstellungsverfahren ist in den §§ 2 ff. BauGB geregelt.
a. Aufstellungsbeschluss, § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB
Mit dem Aufstellungsbeschluss beschließt die Gemeinde, das Planverfahren zu beginnen. Bildlich gesprochen sagt die Gemeinde also „Jetzt geht’s los“. Nach Ansicht des BVerwG ist der Aufstellungsbeschluss jedoch nicht zwingend, sodass ein fehlender Aufstellungsbeschluss keine formelle Rechtswidrigkeit nach sich zieht.
Merke: § 214 BauGB ist hier nicht erforderlich!
b. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1, 4a BauGB
Die Öffentlichkeit und die betroffenen Behörden sind möglichst frühzeitig zu beteiligen, vgl. § 3 Abs. 1 BauGB. Auch dies ist jedoch keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung, wie sich im Umkehrschluss aus § 214 BauGB ergibt (dort sind die § 3 Abs. 1 sowie § 4 Abs. 1 BauGB nicht genannt; zur Systematik der §§ 214, 215 BauGB siehe unten).
c. Auslegungsbeschluss
Das anschließende Auslegungsverfahren wird durch den Auslegungsbeschluss der Gemeinde eingeleitet. Die Auslegung ist wesentlicher Bestandteil der förmlichen Bürgerbeteiligung.
d. Auslegung des Bebauungsplans, § 3 Abs. 2 BauGB
Der Bebauungsplan ist gem. § 3 Abs. 2 BauGB für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Die Auslegung ist zudem eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen.
Im Rahmen des Auslegungsverfahrens werden in der Klausur gerne Probleme eingebaut. So ist beispielsweise fraglich, für welche Dauer der Bebauungsplan täglich ausliegen muss.
e. Förmliche Beteiligung, §§ 3, 4, 4a BauGB
Im Anschluss folgt die förmliche Beteiligung der betroffenen Behörden, die Ihre Anliegen und Bedenken äußern können.
f. Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterial, §§ 2, 2a BauGB
Gem. § 2 Abs. 3 BauGB ist das Abwägungsmaterial zu ermitteln und zu bewerten. Dabei ist insbesondere an die Umweltprüfung (UP) nach §§ 2 Abs. 3, Abs. 4, 2a S. 2 Nr. 2 BauGB zu denken.
Im Rahmen des § 2 Abs. 3 BauGB sind folgende Abwägungsfehler zu prüfen:
- Abwägungsausfall = Die Bewertung oder Gewichtung der konkret abwägungsrelevanten Belange ist nicht erfolgt.
- Abwägungsfehleinschätzung = Die Bewertung oder Gewichtung der konkret abwägungsrelevanten Belange ist nicht zutreffend erfolgt.
g. Satzungsbeschluss, § 10 Abs. 1 BauGB
Der Bebauungsplan wird gem. § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen. Hier lassen sich in der Klausur noch wunderbar kommunalrechtliche Probleme einbauen.
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III. Materielle Rechtmäßigkeit
Der Bebauungsplan ist materiell rechtmäßig, wenn er mit höherrangigem Recht vereinbar ist, insbesondere den Vorschriften des BauGB.
1. Erforderlichkeitsgebot, § 1 Abs. 3 BauGB
Ob die Aufstellung eines Bebauungsplans gem. § 1 Abs.. 3 BauGB erforderlich ist, bemisst sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Diese ist Teil der Planungshoheit der Gemeinde und damit Ausdruck von Art. 28 Abs. 2 GG, sodass die Erforderlichkeit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (Selbstverwaltungsgarantie).
Die Gemeinde hat insoweit also einen Entscheidungsspielraum. Unzulässig ist dabei in jedem Fall eine reine Negativplanung, also die Aufstellung eines Bebauungsplans um damit ein Vorhaben zu verhindern.
2. Entwicklungsgebot, § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB
Der Bebauungsplan ist aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Die Gemeinde muss bei der Aufstellung also die planerische Grundkonzeption des Flächennutzungsplans beachten.
3. Anpassungsgrundsatz, § 1 Abs. 4 BauGB
Der Bebauungsplan ist den Zielen der Raumordnung anzupassen.
4. Numerus clausus der Festsetzungen, § 9 BauGB
§ 9 BauGB legt fest, was ein Bebauungsplan seinem Inhalt nach festsetzen darf. Diese Aufzählung ist abschließend und muss eingehalten werden.
5. Gebot der gerechten Abwägung, § 1 Abs. 7 BauGB
Aufgrund des § 2 Abs. 3 BauGB ist an dieser Stelle nur noch zu prüfen, ob die Gemeinde den Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vorgenommen hat, die zu dem Gewicht der Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität).
Die Rechtsprechung hat zur Konkretisierung einzelne Planungsgrundsätze entwickelt, die die Maßstäbe für die gerichtliche Überprüfung der Abwägung bilden sollen:
- Gebot der Rücksichtnahme
- Gebot der Konfliktbewältigung
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IV. Rechtsfolge von Mängeln
Ist ein Bebauungsplan aus einem oder mehreren Gründen formell und/oder materiell rechtswidrig, so bedeutet das noch nicht, dass der Bebauungsplan insgesamt als nichtig anzusehen ist. Das BauGB sieht in den §§ 214, 215 BauGB Heilungsmöglichkeiten für formelle wie für materielle Fehler vor.
Dies ist angesichts der Dauer und des Aufwandes eines Planverfahrens auch notwendig. Würde jeder formelle oder materielle Fehler den Bebauungsplan automatisch nichtig machen, wäre von der Planungshoheit der Gemeinde faktisch nicht mehr sehr viel übrig. Die Systematik der §§ 214, 215 BauGB ist dabei folgende:
- Formelle Fehler sind grundsätzlich unbeachtlich, außer sie sind in § 214 Abs. 1 BauGB genannt;
- Materielle Fehler sind grundsätzlich beachtlich, außer sie sind in § 214 Abs. 2 BauGB genannt;
Zudem besteht noch die Möglichkeit einer Heilung im ergänzenden Verfahren, § 214 Abs. 4 BauGB.