Allgemeines
In der überwiegenden Zahl arbeitsrechtlicher Klausuren handelt es sich um Feststellungs- oder Leistungsanträge des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.
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Für alle arbeitsrechtlichen Klagen sind gemäß § 8 ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig.
§ 46 Abs. 2 ArbGG verweist dabei auf die einschlägigen ZPO-Vorschriften, soweit das ArbGG selbst nichts anderes bestimmt.
Prüfungsschema im Überblick
I. Eröffnung des Rechtsweges
Zunächst muss der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sein. Bei Beendigungsstreitigkeiten und Leistungsklagen ist der Rechtsweg gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG i. V. m. § 8 Abs. 1 ArbGG eröffnet.
Sofern sich der Arbeitnehmer auf reine Arbeitnehmerschutzvorschriften stützt, so ist die Rechtswegeröffnung bereits gegeben, wenn der Kläger die Rechtsansicht äußert, er sei Arbeitnehmer.
Sollte sich im Lauf der Prüfung herausstellen, dass er kein Arbeitnehmer ist (sondern z.B. freier Mitarbeiter oder ähnliches), so ist seine Klage zwar nicht unzulässig, aber unbegründet.
Beachte: Seit 1991 ist in § 2 ArbGG nicht mehr von „sachlicher“ Zuständigkeit die Rede. Es ist daher ganz herrschende Meinung, dass es sich bei der Frage nach der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nunmehr um eine Rechtsweg-Zuständigkeit handelt, mit der Folge, dass das Arbeitsgericht die Klage bei Fehlen der Voraussetzungen des § 2 ArbGG nicht wegen Unzulässigkeit abweist, sondern die Sache nach §§ 17a Abs. 2 bis 4 GVG bindend an das tatsächlich zuständige Gericht verweist. Dennoch wird die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach wie vor im Rahmen der Zulässigkeit einer Klage geprüft.
II. Zuständigkeit des Gerichts
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 2 Abs. 5 i.V.m. § 8 Abs. 1 ArbGG.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 12, 13 ZPO oder § 17 ZPO bzw. § 29 ZPO. Erfüllungsort ist jeweils der Ort der Arbeitsleistung.
III. Partei- und Prozessfähigkeit
Die Partei- und Prozessfähigkeit richtet sich nach §§ 50 ff. ZPO.
IV. Statthafte Klageart
Als statthafte Klageart kommt die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO in Frage, sofern es um die Anfechtung eines Arbeitsvertrages oder um einen Aufhebungsvertrag geht.
Bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kommt die besondere Feststellungsklage nach § 4 Satz 1 KSchG in Betracht und bei Befristungen ist § 17 Satz 1 TzBfG heranzuziehen.
V. Besonderes Feststellungsinteresse
Die Feststellungsklage nach § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 256 ZPO setzt zudem ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Sofern es um eine Kündigung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer geht, bietet sich folgender Satz in einer Klausur an:
Das besondere Feststellungsinteresse lässt sich schon aus der Gefahr der Heilung einer eventuellen Unwirksamkeit der Kündigung nach §§ 4 Satz 1, 7 KSchG ableiten.
Bei befristeten Arbeitsverhältnissen kann man auf § 17 Satz 1 und Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG abstellen.
Beachte: Aufgrund von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist das besondere Feststellungsinteresse immer auch bei einer außerordentlichen Kündigung anzusprechen.
Sofern es sich um eine außerordentliche Kündigung handelt, liegt das Feststellungsinteresse grundsätzlich immer vor, da diese für den Arbeitnehmer diskriminierende Wirkung hat, ihn in seiner Ehre sowie seinem gesellschaftlichen Ansehen betrifft und zugleich sein berufliches Fortkommen beeinträchtigt.
Sofern es sich um eine Klage gegen eine Anfechtung oder gegen einen Aufhebungsvertrag handelt, bietet sich folgender Satz in der Klausur an:
Grundsätzlich ist die Feststellungsklage der Leistungsklage gegenüber subsidiär. Dieser Grundsatz der Subsidiarität steht jedoch nicht entgegen, da die Wirkung eines Feststellungsurteils hier umfänglichere Wirkung entfaltet, als die eines Zahlungsurteils. Andernfalls müsste der Arbeitnehmer seinen Lohn jeden Monat aufs Neue einklagen.
VI. Unter Umständen: Anwaltliche Vertretung
Die Möglichkeit einer anwaltlichen Vertretung ergibt sich aus § 11 Abs. 2, 3 ArbGG.
VII. Vorsicht: Präklusionsfrist
Vielfach wird in der Zulässigkeit arbeitsrechtlicher Klausuren auch die Einhaltung der Frist angesprochen. Dies ist jedoch schlichtweg falsch und zeigt, dass der Bearbeiter keine oder lediglich rudimentäre arbeitsrechtliche Kenntnisse besitzt.
Die Einhaltung der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG stellt somit eine materiell-rechtliche Präklusionsfrist (= Ausschlussfrist) dar, welche somit gerade KEINE Klagefrist ist und folglich auch nicht in der Zulässigkeit zu prüfen ist, sondern erst in der Begründetheit.
Dies gilt gleichermaßen nach § 17 Satz 2 TzBfG für mögliche Klagen gegen Befristungen.
VIII. Objektive Klagehäufung
Wie im öffentlichen Recht darf auch im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Klausur nicht die objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO als eigenständiger Prüfungspunkt zwischen Zulässigkeit und Begründetheit übersehen werden, sofern der Kläger mehrere Klageanträge vorbringt.
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Quellen
- Lutz Michalski, Arbeitsrecht, 8. Auflage, 2015, Rn. 320 ff.
- Abbo Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 14. Auflage, 2015, § 6.