I. Aktive Sterbehilfe
Definition: Unter aktiver Sterbehilfe versteht man das gezielte Herbeiführen des Todes aufgrund einer tatsächlichen oder mutmaßlichen Einwilligung.
Wer einer Bitte nach aktiver Sterbehilfe Folge leistet, macht sich gem. § 216 StGB wegen „Tötung auf Verlangen“ strafbar. Diese wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren sanktioniert.
Beispiel: Das Verabreichen eines tödlichen Medikaments an eine vollständig querschnittgelähmte Person.
II. Passive Sterbehilfe
Definition: Als passive Sterbehilfe gilt das Unterlassen von lebensverlängernden Maßnahmen oder der Verzicht auf eine lebensverlängernde Behandlung bei schwerkranken oder sterbenden Patienten.
Die passive Sterbehilfe ist strafrechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Sofern eine Patientenverfügung (§ 1901a BGB) vorliegt oder der mutmaßliche Wille des Patienten gegen lebensverlängernde Maßnahmen spricht, darf der Arzt auf diese verzichten.
In diesen Fällen ist der Arzt aufgrund einer Einwilligung gerechtfertigt, sodass die Strafbarkeit wegen §§ 212, 213, 323c StGB entfällt.
Beispiel: Verzicht auf künstliche Ernährung, da dies in der Patientenverfügung abgelehnt wird.
III. Beihilfe zur Selbsttötung
Grundsätzlich ist die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei. Denn Tatobjekt eines Totschlags ist gem. § 212 StGB „ein Mensch“ und damit ist ein „anderer Mensch“ gemeint. Mangels strafbarer Haupttat scheidet eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Selbsttötung aus. So wäre es nach aktueller Gesetzeslage nicht verboten, einem Angehörigen einen tödlichen Medikamentencocktail zu beschaffen, solange dieser selbstständig eingenommen wird.
IV. Tod in Einsamkeit
Rechtlich problematisch wird es für Angehörige, wenn sie bei der Umsetzung des Vorhabens des Sterbewilligen anwesend sind. Zwar ist die Beihilfe zum Suizid, wie schon gesagt, straflos. Sobald der Sterbewillige aber bewusstlos wird, erlangen Angehörige nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Tatherrschaft über das Geschehen.
Angehörige sind kraft Gesetzes Garanten im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB und müssen rechtlich dafür einstehen, dass der tatbestandsmäßige Erfolg nicht eintritt. Folglich kommt ab dem Zeitpunkt der Bewusstlosigkeit eine Strafbarkeit wegen Tötung durch Unterlassens oder unterlassener Hilfeleistung in Betracht. Dies zwingt letztlich Angehörige den Sterbewilligen alleine sterben zu lassen oder eine Strafbarkeit zu riskieren.
Die Staatsanwaltschaft entschied in einem Fall in dem die Angehörigen dem Selbsttod ihrer an Alzheimer erkrankten Mutter beigewohnt hatten ohne einen Arzt zu rufen, das Verfahren wegen Totschlags durch Unterlassen gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Dabei stellte die Staatsanwaltschaft auf den sicher feststellbaren und mutmaßlichen Willen des Suizidenten ab.
Angehörigen sollte dann kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden, wenn sie den ernsthaften Todeswillen ihres Angehörigen respektieren und nicht sofort bei Verlust der Handlungsfähigkeit und des Bewusstseins ärztliche Hilfe rufen oder sonstige Rettungsmaßnahmen einleiten. Die Staatsanwaltschaft verwies in ihrer Argumentation auch auf die höhere Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten in der neueren Rechtsprechung.