I. Der Dienstvertrag im Unterschied zum Arbeitsvertrag
Der Dienstvertrag ist in den §§ 611 ff. BGB geregelt und hat die entgeltliche Erbringung von Diensten jeder Art zum Gegenstand. Wichtig ist, dass zwischen einem selbstständigen (bzw. freien) Dienstvertrag und einem Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB unterschieden werden kann und muss.
Die herrschende Meinung differenziert dabei danach, ob der Dienstverpflichtete persönlich abhängig und weisungsgebunden ist. Dies spricht für seine Arbeitnehmereigenschaft.
Eine Differenzierung ist schon aus dem Grund wichtig, dass viele Vorschriften aus dem Dienstvertragsrecht nur (z. B. § 613a BGB) oder überhaupt nicht (z.B. § 627 BGB) auf Arbeitsverträge nach § 611a BGB anwendbar sind. Hinzukommend wurden zum Schutz des Arbeitnehmers zahlreiche arbeitsrechtliche Vorschriften erlassen.
Definition: Ein Dienstvertrag ist demnach ein gegenseitiger Vertrag, bei dem sich einer der Vertragsparteien zur Leistung eines versprochenen Dienstes und der andere zur Entrichtung einer Vergütung verpflichtet.
II. Zustandekommen und Wirksamkeit des Dienstvertrags
Der Abschluss eines Dienstvertrags erfordert, dass die Beteiligten sich über die entgeltliche Erbringung von Diensten einigen. Die Entgeltlichkeit grenzt den Dienstvertrag vom Auftrag nach § 662 BGB ab, der unentgeltlich zu besorgen ist.
Fehlt eine Einigung hinsichtlich dieser Punkte, ist grundsätzlich von einem Dissens auszugehen, der die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge haben kann, §§ 154, 155 BGB. Haben die Parteien es jedoch versäumt, eine Vergütung zu vereinbaren, hilft § 612 BGB aus.
Gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Daneben ist § 612 Abs. 2 BGB zu beachten: Sofern die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, gilt die taxmäßige als vereinbart bzw. die übliche Vergütung, wenn eine Taxe nicht vorhanden ist.
Definition: Taxen sind Gebührenordnungen, die aufgrund eines Gesetzes geschaffen wurden und beispielsweise die Dienste von Ärzten oder Rechtsanwälten betreffen.
Ein Dienstvertrag kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden (handelt es sich hingegen um einen Arbeitsvertrag, kann sich jedoch möglicherweise aus dem geltenden Tarifvertrag ein Schriftformerfordernis ergeben). Auch das Nachweisgesetz verlangt seit 1995, dass bei Arbeitsverträgen die wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens einen Monat nach Beginn ihrer Laufzeit schriftlich fixiert werden. Die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge hat eine Verletzung dieser Vorschriften aber nicht. Ebenso ist die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Ein gutes Beispiel für eine solche Einschränkung ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses schreibt etwa vor, dass potentielle Arbeitnehmer bei der Einstellung unter anderem nicht aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts oder ihres Alters benachteiligt werden dürfen.
Vertragsfreiheit besteht daneben bei freien Dienstverträgen im vollen Umfang!
III. Die Rechte und Pflichten der Parteien
§ 611 BGB bestimmt die Hauptleistungspflichten der Parteien im Rahmen eines Dienstvertrags. Gemäß § 611 I BGB wird derjenige, der Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet (Dienstverpflichteter).
Der Vertragspartner (Dienstberechtigter) muss ihm hierfür die vereinbarte Vergütung gewähren. Diese Hauptleistungspflichten stehen im Synallagma, also in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.
Um die Dienstpflicht zu konkretisieren, steht dem Dienstberechtigten ein Weisungs- und Direktionsrecht aus § 106 GewO zur Verfügung.
Zu beachten ist ferner § 613 S. 1 BGB: Hiernach muss der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel selbst erbringen. Auch der Anspruch des Dienstberechtigten kann grundsätzlich nicht übertragen werden, § 613 S. 2 BGB.
Darüber hinaus treffen den Dienstverpflichteten (je nach Ausgestaltung des Dienstverhältnisses) auch Aufklärungs- und Verschwiegenheitspflichten. Unter Umständen können auch noch Konkurrenz- und Wettbewerbsverbote hinzutreten.
Die Vergütung, die der Dienstberechtigte zu zahlen hat, erfolgt grundsätzlich als Lohnzahlung in Geld. § 614 S. 1 BGB legt fest, dass sie erst nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist.
Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, § 614 S. 2. BGB. Den Dienstverpflichteten trifft demnach eine Vorleistungspflicht.
Entgegen der allgemeinen Regelungen der §§ 320, 326 BGB muss der Dienstberechtigte auch dann für die Leistung zahlen, wenn…
- …er die angebotene Dienstleistung nicht annimmt und deshalb in den Annahmeverzug gerät. Die Nachleistung kann er nach § 615 S. 1 BGB nicht verlangen. Der Arbeitnehmer muss sich aber gemäß § 615 S. 2 BGB das anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
- …ein Fall des § 615 S. 3 BGB vorliegt und die Dienstleistung aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen kann.
- … § 616 S. 1 BGB einschlägig ist und der Dienstverpflichtete für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz kann dem Arbeitnehmer außerdem, bei der Nichterbringung der Arbeitsleistung in Folge einer Krankheit ein Anspruch auf das Arbeitsentgelt für bis zu sechs Wochen zustehen.
Als Nebenpflichten des Dienstberechtigten sind etwa die Verkehrssicherungspflichten zu nennen, die sich aus § 618 BGB ergeben.
(Hinsichtlich der Arbeitnehmer trifft den Arbeitgeber außerdem eine Gleichbehandlungspflicht (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG, AGG), sowie die Pflicht diese tatsächlich zu beschäftigen.)
IV. Die Fehlerhaftigkeit des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses
Wird der Dienstvertrag angefochten, ist er grundsätzlich gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Dies gilt ebenfalls, wenn eine Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit (§ 134 BGB bzw. § 138 BGB) vorliegt.
(Bei Arbeitsverträgen ist dies auch der Fall, wenn die Tätigkeit bislang noch nicht aufgenommen wurde. Sofern der Arbeitnehmer hingegen schon tätig geworden ist, kann nur noch eine ex nunc-Nichtigkeit angenommen werden. Das ist notwendig, damit der Arbeitnehmer nicht seinen Vergütungsanspruch für die bereits geleistete Arbeit verliert. Für die Vergangenheit wird dabei von einem fehlerhaften Arbeitsverhältnis ausgegangen.)
Diese Konstruktion kann auch auf freie Dienstverträge übertragen werden, wenn man davon ausgeht, dass ihr Grund nicht nur in dem Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers liegt, sondern auch in den Schwierigkeiten, die entstehen, wenn man geleistete Dienste bereicherungsrechtlich rückabwickeln will.
Quellen
- Brox, Hans/Walker, Wolf-Dietrich: Besonderes Schuldrecht, 38. Auflage
- Looschelders, Dirk: Schuldrecht Besonderer Teil, 10. Auflage