Der Gewahrsamsbegriff in den §§ 242 ff. StGB

Der Gewahrsamsbegriff in den §§ 242 ff. StGB

Der Diebstahl und seine Qualifikationen (§§ 242 ff. StGB) gehören für Klausuren zu den wichtigsten Komplexen im Strafrecht. Allein innerhalb des Grunddelikts des § 242 I StGB sind zahlreiche Probleme und “Klassiker” angesiedelt, die einem das Leben schwer machen können. Deshalb ist es umso wichtiger, die wichtigsten Definitionen zu diesem Komplex zu kennen. Eine ist dabei ganz besonders wichtig: Der Gewahrsamsbegriff.
Gewahrsamsbegriff in den §§ 242 ff. StGB
Lecturio Redaktion

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29.01.2024

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Inhalt

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I. Hintergrund

Nach § 242 StGB wird derjenige bestraft, der einem anderen eine bewegliche Sache wegnimmt, um sie sich selbst oder einem anderen rechtswidrig zuzueignen. Die entscheidende Tathandlung ist demnach die Wegnahme.

Definition: Unter Wegnahme im Sinne des § 242 I StGB versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig eigenen, Gewahrsams gegen oder ohne den Willen des Gewahrsamsinhabers.

Die Wegnahme besteht also im Prinzip aus drei Elementen:

  • Bruch fremden Gewahrsams
  • Begründung neuen Gewahrsams
  • gegen oder ohne den Willen des Inhabers
§-242-StGB-Gewahrsamsbegriff
© Lecturio GmbH. Alle Rechte vorbehalten.

Daran lässt sich schon ablesen, welche entscheidende Bedeutung der Gewahrsamsbegriff im Rahmen der Prüfung der Wegnahmehandlung in einer Strafrechtsklausur hat.

Tipp: Die wichtigsten Examensprobleme rund um die Wegnahme haben wir in diesen Beiträgen gesondert erklärt: Teil 2 und Teil 3

Mehr zum Diebstahl? Dann schau dir doch unseren Artikel zum Diebstahl (§ 242 StGB) an.

II. Der Gewahrsamsbegriff

Definition: Unter Gewahrsam versteht man die tatsächliche und vom Willen getragene Herrschaft über eine Sache, deren Reichweite sich nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

§-242-StGB-Gewahrsamsbegriff-2
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Der Gewahrsamsbegriff besteht also ebenfalls aus drei Elementen:

  • Tatsächliche Sachherrschaft
  • Wille zur Sachherrschaft
  • Reichweite der Sachherrschaft

1. Die tatsächliche Sachherrschaft

Definition: Tatsächliche Sachherrschaft ist gegeben, wenn jemand dergestalt die Herrschaftsgewalt über eine Sache hat, dass der Verwirklichung des Willens zur Einwirkung auf die Sache unter normalen Umständen keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen.

Diese Definition zeigt, dass es auf die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache ankommt; zivilrechtliche Eigentums- und Besitzverhältnisse sind insoweit nicht von Bedeutung. Dies zeigt sich insbesondere am Besitzdiener (§ 855 BGB): in zivilrechtlicher Hinsicht hat der Besitzdiener keinen Besitz i.S.d. § 854 BGB über die Sache, er besitzt für einen anderen. In strafrechtlicher Hinsicht hat er aber tatsächliche Sachherrschaft über die Sache, da er unmittelbar auf sie einwirken kann.

2. Wille zur Sachherrschaft

Weiterhin ist Sachherrschaftswille erforderlich. Diesen können auch Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige haben, da es sich um einen rein natürlichen Willen handelt, für den gerade keine Geschäftsfähigkeit erforderlich ist.

Wichtige Stichworte im Rahmen des Sachherrschaftswillen sind der generelle Sachherrschaftswille und der potentielle Sachherrschaftswille.

Klassisches Beispiel für den generellen Sachherrschaftswillen ist die Wohnungseinrichtung. Der Inhaber einer Wohnung hat regelmäßig den Willen, die Sachherrschaft an allen, sich innerhalb dieses umgrenzten räumlichen Bereichs befindlichen Sachen auszuüben. Die Sachherrschaftswille muss nicht bewusst auf jeden einzelnen Gegenstand konkretisiert werden, sondern es wird vielmehr (zu Gunsten des Gewahrsamsinhabers) angenommen, dass er bezüglich aller Gegenstände Sachherrschaftswille hat.

Klassisches Beispiel für den potentiellen Sachherrschaftswillen sind Bewusstlose oder Schlafende. Grundsätzlich kann man, wenn man schläft, keinen Willen bilden. Dies hätte jedoch zur Folge, dass der Gewahrsam mit dem Eintritt in den Schlaf, bzw. in die Bewusstlosigkeit endet. Deshalb wird angenommen, dass der Sachherrschaftswille weiterbesteht, sodass auch Bewusstlose und Schlafende durchgehend Gewahrsamsinhaber bleiben.

3. Reichweite der Sachherrschaft

Die Reichweite der Sachherrschaft bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. Anders ausgedrückt bedeutet dies: Würde ein objektiver Dritter in der konkreten Situation annehmen, dass der Gewahrsamsinhaber noch Gewahrsam innehat?

Wichtige Stichworte sind hier der gelockerte Gewahrsam und die sog. Gewahrsamsenklave.

Von gelockertem Gewahrsam spricht man, wenn auch noch Gewahrsam an solchen Sachen besteht, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Gewahrsamsinhaber befinden. Beispiele hierfür sind z.B. das geparkte Auto, aber auch vergessene Sachen, solange der Gewahrsamsinhaber weiß, wo er die Sache vergessen hat. Auch während längerer Reisen ist nach der Verkehrsanschauung noch gelockerter Gewahrsam am Hab und Gut anzunehmen.

Ein wahrer Klausurklassiker ist die sog. Gewahrsamsenklave. Die typische Fallkonstellation ist hier die „große Manteltasche und kleiner Gegenstand“ – Kombination. Eine Gewahrsamsenklave entsteht, wenn der Täter die Sache so eng in seine höchstpersönliche Sphäre bringt, dass nach der Verkehrsanschauung der alte Gewahrsam schon gebrochen wird, obwohl sich der Täter noch im fremden Machtbereich befindet. Dies wird nach der Verkehrsanschauung typischerweise dann sein, wenn kleine Gegenstände in die Hosentasche oder Manteltasche gesteckt werden.

Tipp: Der absolute Klausurklassiker i.R.d. Gewahrsamsenklave ist der Diebstahl im Selbstbedienungsladen.

III. Gewahrsamsbruch und -neubegründung

Damit von Wegnahme im Sinne des § 242 I StGB gesprochen werden kann, muss der Gewahrsam des bisherigen Inhabers gebrochen und neuer Gewahrsam begründet werden.

Definition: Der Gewahrsam an einer Sache wird gebrochen, wenn er gegen oder ohne den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird.

Voraussetzung ist demnach ein entgegenstehender Wille des bisherigen Inhabers. Erfolgt der (vermeintliche) Gewahrsamsbruch hingegen im Einverständnis mit dem Gewahrsamsinhaber, so liegt ein sog. tatbestandsausschließendes Einverständnis vor, sodass keine Wegnahme gegeben ist.

Ein Klassiker hierzu ist der sog. Diebesfallen-Fall: Soll der Täter des Diebstahls überführt werden, indem ihm eine Falle gestellt wird, so liegt bezüglich des Gewahrsamsbruch ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor.

Definition: Neuer Gewahrsam wird an einer Sache begründet, wenn der Täter die tatsächliche Herrschaft über die Sache dergestalt erlangt hat, dass ihrer Ausübung keine wesentliche, weiteren Hindernisse mehr entgegenstehen.

Auch hier ist wieder die Verkehrsanschauung entscheidend.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

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Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.