§ 100a StPO: Die Telefonüberwachung

§ 100a StPO: Die Telefonüberwachung

Um einen Sachverhalt bestmöglich aufzuklären, stehen den Ermittlungsbehörden zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung. Die Ermittlungsmaßnahme der Telefonüberwachung ( § 100a StPO) ist eine sehr wichtige Maßnahme, die zugleich aber stark in die Rechte des Beschuldigten eingreift. Lesen Sie im folgenden Artikel mehr zu diesem Thema, um die Klausur optimal abzuschließen.
telefonüberwachung
Lecturio Redaktion

·

13.03.2024

·

Inhalt

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Die Voraussetzungen der Telefonüberwachung, § 100a StPO

Die Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) ist in § 100a StPO (materielle Voraussetzungen) und § 100e StPO (Verfahren) geregelt.

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Der Begriff der Telekommunikation ist gleichzustellen mit dem aus § 3 Nr. 22 TKG. Diese strafprozessuale Zwangsmaßnahme  ist regelmäßig mit einem Grundrechtseingriff in Art. 10 GG verbunden. Daher sind besondere Voraussetzungen an die Ermächtigungsgrundlage zu stellen.

§ 100a StPO gestattet die Überwachung der bekannten Telekommunikation wie dem Telefonieren, sondern umfasst jegliche Art der unverschlüsselten Nachrichtenübermittlung, z.B. SMS oder E-Mails, Messenger-Dienste (sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung).

Beachte: Der Kernbereich privater Lebensgestaltung ist durch § 100d StPO geschützt.

Voraussetzungen für eine Telekommunikationsüberwachung im Sinne des § 100a StPO:

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1. Katalogtat, § 100a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO

§ 100a Abs. 1 Nr. 1 StPO:

Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat.

Eine Telefonüberwachungsmaßnahme ist nur dann zulässig, wenn sich der Tatverdacht auf eine in Absatz 2 des § 100a StPO bezeichnete Straftat bezieht. Der Tatverdächtige muss Täter oder Teilnehmer mindestens einer der in Absatz 2 aufgeführten Katalogtaten sein. Damit richtet sich die Anordnung grundsätzlich gegen den Tatverdächtigen. Zudem kann die Überwachung auch unmittelbar gegen Dritte angeordnet werden, jedoch nur, wenn der Verdacht besteht, dass diese für den Beschuldigten als sog. Nachrichtenmittler fungieren.

Weiterhin ist hierbei ein gegenüber dem Anfangsverdacht erhöhter Verdachtsgrad erforderlich. Der Verdacht muss sich auf eine hinreichende Tatsachenbasis gründen und mehr als nur unerheblich sein. Erforderlich ist, dass bestimmte Tatsachen vorliegen, die unmittelbar den Verdacht einer Katalogtat begründen, insoweit wird von einer „erhöhten Verdachtslage“ gesprochen.

Merke: Dieser ist keinesfalls gleichzustellen mit hinreichendem oder gar dringendem Tatverdacht!

2. Einzelfallprüfung, § 100a Abs. 1 Nr. 2 StPO

§ 100a Abs. 1 Nr. 2 StPO:

Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt.

Hier muss eine Einzelfallprüfung erfolgen, ob der Verdacht auch zu einer zu ermittelnden Tat führen würde, die schwer wiegt.

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3. Subsidiarität, § 100a Abs. 1 Nr. 3 StPO

§ 100a Abs. 1 Nr. 3 StPO:

Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

Weiterhin ist eine Telefonüberwachung aus § 100a StPO nur dann zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

Die Ermittlungsbehörden sind damit angehalten, zunächst weniger eingreifende Maßnahmen zu wählen bzw. in Erwägung zu ziehen. Allerdings steht dem Anordnenden der Telefonüberwachung nach Rechtsprechung des BGH auch ein Beurteilungsspielraum bei der Frage zu, ob der Subsidiaritätsgrundsatz erfüllt ist [BGH , Urt. v. 16.02.1995 – 4 StR 729/94].

4. Kernbereichsprüfung, § 100d Abs. 1 StPO

Die Telefonüberwachung ist unzulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch die Telefonüberwachung allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden.

Dieser Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung findet sich auch in anderen grundrechtssensiblen Maßnahmen und ist dem Schutz des Rechts des Beschuldigten auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 I, Art. 1 I GG) geschuldet.

4. Verhältnismäßigkeit

Wie stets bei allen Ermittlungsmaßnahmen ist die Verhältnismäßigkeit  der TKÜ (§ 100a StPO) zu beachten und zu prüfen.

5. Verfahren, § 100e StPO

Das Verfahren bei einer Telefonüberwachung ist in § 100e StPO geregelt.

Nach § 100e Abs. 1 S. 1 StPO darf die Telefonüberwachung nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Gericht angeordnet werden. Liegt Gefahr in Verzug vor, so kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, § 100e Abs. 1 S. 2 StPO.

Die Anordnung tritt in letzterem Fall außer Kraft, wenn nicht innerhalb von 3 Tagen eine richterliche Bestätigung ergeht.

Außerdem ist die Anordnung zeitlich begrenzt auf 3 Monate, § 100e Abs. 1 S. 4 StPO. Wird darüber hinaus eine Telefonüberwachung fortgesetzt, so ist diese unzulässig und die daraus erlangten Erkenntnisse dürfen nicht als Beweise verwertet werden.

Die Betroffenen sind von der Überwachung außerdem nachträglich zu benachrichtigen, § 101 Abs. 4 Nr. 3 StPO.

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Klassiker: Zufallsfunde am Telefon

Ein Klassiker im Zusammenhang mit der Telefonüberwachung ist die Verwertbarkeit sog. „Zufallsfunde“. Diesem Problem liegt folgender Fall zugrunde:

Die Staatsanwaltschaft führt bei dem Beschuldigten B eine formell rechtmäßige TKÜ durch. Im Zuge dieser wird auch ein Gespräch des B mit dessen Freund S aufgezeichnet. In diesem Gespräch prahlt S gegenüber B, letzte Nacht in einer Bar einen über den Durst getrunken zu haben und daraufhin volltrunken mit dem Auto nach Hause gefahren zu sein. Kann die Staatsanwaltschaft diese Informationen verwerten, um gegen S vorzugehen?

Die Verwertbarkeit solcher Zufallsfunde ist in den §§ 161 Abs. 3, 479 Abs. 2 S. 1 StPO geregelt. Danach ist eine Verwertung solcher Informationen nur möglich, wenn die Maßnahme, in deren Rahmen die Informationen erlangt wurden, auch rechtmäßig hätte angeordnet werden dürfen (sog. hypothetischer Ersatzeingriff). Es ist daher zu fragen, ob auch gegen den S eine rechtmäßige Telefonüberwachung hätte angeordnet werden dürfen. Dies ist vorliegend zu verneinen, da der S keine Katalogtat erfüllt (wohl lediglich § 316 StGB). Damit darf die Staatsanwaltschaft die erlangten Erkenntnisse nicht verwerten.

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Tipp: Im vorliegenden Artikel konnten Sie notwendige Informationen zum Thema Telefonüberwachung nach § 100 a StPO sammeln. Bei weiterem Interesse ist der Beitrag der „große Lauschangriff“ zu empfehlen.

Quellen

  • BGH NStZ 2003 499 500.
  • BGH , Urt. v. 16.02.1995 – 4 StR 729/94
  • Volk/Engländer, Grundkurs StPO, 8.Aufl., S.73ff.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

Zach Davis

Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.