I. Allgemeines zur rechtlichen Position der Gemeinde
Bei den Kommunen (Gemeinden und Städten) handelt es sich um Körperschaften des öffentlichen Rechts. Eine Körperschaft ist eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen. Diese haben einen entscheidenden Einfluss auf ihre Willensbildung.
Daneben verbindet die Gemeinde Menschen auf einem bestimmten Gebiet, weshalb sie eine Gebietskörperschaft ist. Als Gebietskörperschaft, und damit als juristische Person des öffentlichen Rechts, ist sie sowohl im öffentlichen Recht als auch im Privatrecht rechtsfähig.
Außerdem ist die Gemeinde deliktsfähig. Für ihre Organe haftet sie nach §§ 89, 31 BGB und für andere Gemeindebedienstete gemäß § 831 BGB. Im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit finden dagegen die spezielleren Vorschriften zur Amtshaftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Anwendung.
Nach herrschender Meinung ist die Gemeinde jedoch nicht grundrechtsfähig gemäß Art. 19 III GG. Sie kann sich lediglich auf Art. 28 II GG als subjektives Recht berufen. Im Wege einer Verfassungsbeschwerde kann sie aber eine Verletzung der Justizgrundrechte aus Art. 101 I 2 GG (Recht auf den gesetzlichen Richter) und Art. 103 I (Recht auf rechtliches Gehör) geltend machen.
Schließlich gilt es zu beachten, dass die Gemeinden staatsorganisationsrechtlich ein Teil der Länder sind. Dies wird bereits daran deutlich, dass es auf der gemeindlichen Ebene keine wirkliche Gewaltenteilung gibt. Der Gemeinderat ist etwa, entgegen seiner häufigen Bezeichnung als solches, kein Parlament, sondern ein Teil der Exekutive.
II. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 GG
Um die Rechtsstellung der Gemeinden im Staat zu verstehen, muss man einen Blick in Art. 28 II 1 GG werfen. Hier heißt es:
Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.
Dies ist die sogenannte kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen“. Dies betrifft unter anderem die Einrichtung und den Betrieb kommunaler Einrichtungen, wie beispielsweise die Müllabfuhr, die Stromversorgung oder das Zurverfügungstellen einer Volkshochschule.
Die Gemeinden können sich vor dem Bundesverfassungsgericht (Art. 93 I 1 Nr. 4b) und vor den Verwaltungsgerichten auf diese Garantie berufen. Es ist aber zu beachten, dass es sich hierbei nicht um ein Grundrecht, sondern um eine sogenannte institutionelle Garantie handelt. Sie verteilt Kompetenzen zwischen den Kommunen, Ländern und dem Bund. Das subjektive Recht der Gemeinden wird daher auch im Zuge der Kommunalverfassungsbeschwerde und nicht im Wege einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht.
Im Hinblick auf diese institutionelle Garantie ist ferner zu beachten, dass sie sich auf den Fortbestand der Institution „Gemeinde“ generell bezieht. Hingegen garantiert Art. 28 II nicht den Fortbestand einzelner Gemeinden.
Außerdem wird durch das Bundesverfassungsgericht aus Art. 28 II 1 GG ein Prinzip der Allzuständigkeit der Gemeinden abgeleitet. Das heißt, dass sie im Rahmen von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft alle Aufgaben an sich ziehen können.
Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie besteht nur im Rahmen der Gesetze. Demnach darf der Gesetzgeber die Befugnisse der Gemeinden näher bestimmen und die Selbstverwaltungsgarantie unter Gemeinwohlaspekten unter Umständen beschränken. Das Bundesverfassungsgericht erachtet jedoch einen Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung als unantastbar.
III. Die verschiedenen Gemeindehoheiten
Die Aufgaben der Gemeinde können nicht abschließend aufgezählt werden. Sie werden aber im Rahmen verschiedener Gemeindehoheiten zusammengefasst:
- Gebietshoheit
Die Gebietshoheit meint, dass auf dem Gemeindegebiet befindliche Sachen und Personen dem Recht der Gemeinde unterliegen. - Planungshoheit
Daneben hat die Gemeinde die Planungshoheit inne. Sie kann die örtliche sowie die Stadtentwicklung selbst gestalten. Dazu gehört auch das Recht, bestimmte Bereiche nicht zu beplanen. - Finanzhoheit (Art. 28 II 3 GG)
Mit Finanzhoheit ist gemeint, dass die Gemeinde eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft betreiben kann. - Personalhoheit
Die Personalhoheit betrifft die Auswahl und die Einstellung der Bediensteten durch die Gemeinde, die sie unter Berücksichtigung des Art. 33 II GG selbst festlegen kann. Daneben verfügt sie auch über die Dienstherreneigenschaft, die es ihr erlaubt, eigene Beamte zu beschäftigen. - Organisationshoheit
Die Organisationshoheit erlaubt es der Gemeinde, über den Aufbau und das Verfahren im Rahmen ihrer Verwaltungsorganisation selbst zu entscheiden. - Satzungshoheit
Auf Grundlage der Satzungshoheit kann die Gemeinde auf dem Gebiet ihres eigenen Wirkungskreises materielle Rechtsakte erlassen. - Kulturhoheit
Die Kulturhoheit steht den Ländern zu, vollzieht sich aber zu einem wichtigen Teil auf der Ebene der Gemeinden. Dabei geht es nicht nur um die Realisierung von Bildungseinrichtungen, sondern auch um solche der Hoch- und der Soziokultur.
Tipp: Mehr zur Kommunale Selbstverwaltung, Art. 28 GG findest du in diesem Artikel.
Quellen
- Burgi, Martin: Kommunalrecht, 4. Aufl.
- Detterbeck, Steffen: Öffentliches Recht, 8. Aufl.
- Geis, Max-Emanuel: Kommunalrecht, 3. Aufl.
- Müller, Matthias: Kommunalrecht Baden-Württemberg, 3. Aufl.,
- Schmidt, Thorsten Ingo: Kommunalrecht, 2. Aufl.