I. Allgemeines zur Körperverletzung mit Todesfolge
Geschützes Rechtsgut ist das menschliche Leben und die Körperliche Unversehrtheit.
§ 227 Abs. 1 StGB:
Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
Damit stellt § 227 StGB eine Erfolgsqualifikation (iSd. § 18 StGB) zur einfachen Körperverletzung gemäß § 223 StGB dar. Das bedeutet, dass das Delikt zwar vorsätzlich begangen werden muss, bezüglich der Folge hingegen eine Fahrlässigkeit genügt.
§ 227 Abs. 2 StGB:
In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Weiterhin umfasst die Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB eine Strafzumessungsvorschrift für den Fall eines minder schweren Falles. Diese Regelung ist gerade mit Blick auf das zweite Staatsexamen von besonderer Relevanz.
Beachtet werden muss, dass ein Versuch des § 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) sowie Mittäterschaft und Teilnahme an der Körperverletzung mit Todesfolge grundsätzlich möglich ist, da es sich bei Erfolgsqualifikationen gem. § 11 Abs. 2 StGB um Vorsatzdelikte handelt.
II. Schema: Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB
Das Prüfungsschema der Körperverletzung mit Todesfolge § 227 StGB:
- I. Tatbestand
- 1. Verwirklichung des Grunddelikts, §§ 223 ff. StGB
- a) Objektiver Tatbestand
- b) Subjektiver Tatbestand
- 2. Eintritt der Erfolgsqualifikation
- a) Tod der verletzten Person
- b) Kausalität zwischen Grunddelikt und Tod
- c) Gefahrenspezifischer Zusammenhang
- d) Wenigstens fahrlässige Todesverursachung
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld (v.a. subj. Fahrlässigkeit)
- IV. Strafzumessungsregelung, § 227 Abs. 2 StGB
III. Voraussetzungen der Körperverletzung mit Todesfolge
1. Verwirklichung des Grundtatbestandes, § 223 StGB
Hierbei soll nur kurz zur Wiederholung auf die grundlegenden Definitionen des § 223 StGB verwiesen werden. Diese müssen in jedem Fall beherrscht werden.
Tipp: Die Körperverletzung gemäß § 223 StGB ist eines der elementarsten und wichtigsten Delikte im Strafrecht, wenn dort noch Lücken sind, lies hier mehr!
2. Eintritt der Erfolgsqualifikation
Zunächst muss für die Körperverletzung mit Todesfolge der Erfolg, der Tod der verletzten Person, eingetreten sein. Dies dürfte in aller Regel schnell und problemlos festzustellen sein. Dort bedarf es auch in einer Klausur nicht mehr als einer kurzen Feststellung!
Zwischen der Verwirklichung des Grundtatbestands und dem Eintritt der schweren Folge (Tod) muss ferner wie bei allen erfolgsqualifizierten Delikten ein sog. tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang (auch: Unmittelbarkeitszusammenhang) bestehen.
Weil die Strafandrohung gegenüber §§ 223, 222, 52 StGB erheblich höher ist, kann bloße Kausalität zwischen Körperverletzung und Tod nicht genügen. Es bedarf eines sehr engen Zusammenhanges zur Rechtfertigung des höheren Strafrahmens.
Wann sich eine der Verwirklichung des Grundtatbestands typischerweise anhaftende Gefahr jedoch verwirklicht, kann nur für jedes einzelne Delikt gesondert bestimmt werden.
Problem: Anknüpfungspunkt
Problematisch ist sodann, welcher Anknüpfungspunkt gewählt wird:
- Herrschende Literatur
In der Literatur wird die Letalitätslehre vertreten. Der tödliche Erfolg muss gerade aus dem Körperverletzungserfolg heraus ergeben. Der Tod muss als Folge der Art und Schwere der eingetretenen Körperverletzung beruhen. Hintergrund stellt die beachtlichen Strafandrohung dar. Darüber hinaus wird auf den Wortlaut „verletzte Person“ abgestellt. - Rechtsprechung
Diese lässt einen reinen Zusammenhang genügen. Dies wird vor allem damit begründet, dass der Klammerzusatz Bezug auf §§ 223 ff. StGB nimmt und demnach also auch deren Absätze 2, die den Versuch unter Strafe stellen, also eine Situation, bei welcher der tatbestandliche Erfolg ausgeblieben ist.
Welcher Ansicht vorzugsweise zu folgen ist, sollte davon abhängig gemacht werden, in welchem Stadium der Ausbildung man sich befindet. Der ersten Meinung sollte gefolgt werden, wenn man sich auf das erste Staatsexamen vorbereitet, der zweiten Meinung, wenn man sich auf das zweite Staatsexamen vorbereitet.
Problem: Mitwirkung des Opfers
Wenn ein eigenständiges Handeln oder Verhalten des Opfers die Erfolgsqualifikation mitbewirkt hat, ist es problematisch, den Unmittelbarkeitszusammenhang zu bejahen.
In der Regel wird in dieses Fällen der Zusammenhang verneint. Dabei gibt es jedoch eine sehr examensrelevante Ausnahme:
Wenn das Opfer aus Furcht vor schweren Verletzungen panikartig riskante Fluchthandlungen vornimmt oder durch heftige Schläge auf den Kopf in seiner Fähigkeit zu klaren Denkabläufen und folgerichtigem Handeln beeinträchtigt ist und dadurch selbstschädigende Handlungen vornimmt, ist der Unmittelbarkeitszusammenhang zu bejahen.
Tipp: weitere anerkannte Fälle zur Körperverletzung mit Todesfolge zum nachlesen
BGH NJW 1971, 152 | BGH NJW 1992, 1708 | BGH NStZ 2008, 278 | BGHSt.48,34 | BGH NStZ 2008, 278 | BGHSt.48,34
Nur wenn das Fehlverhalten Dritter auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist oder ein anderer die durch die Primärverletzung geschaffene zu seiner eigenen Tat ausnutzt, ist für das erfolgsqualifizierte Delikt kein Raum. Ansonsten bleibt es bei der Bejahung des gefahrspezifischen Zusammenhanges.
3. Mindestens Fahrlässigkeit
Auch hier wird in der Klausur eher weniger ein Schwerpunkt liegen. Vielmehr wird die Feststellung keine Probleme bereiten.
Definition: Fahrlässigkeit bestimmt sich nach der objektiven, im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bei objektiver Vorhersehbarkeit der Folge.
In der Verwirklichung des Grunddelikts wird das Außerachtlassung bereits gesehen. Demnach muss nur noch überprüft werden, ob der Eintritt der Folge objektiv vorhersehbar war.
Im subjektiven Tatbestand ist sodann lediglich zu prüfen, ob der Täter durch seine individuellen Fähigkeiten in der Lage war, den vorhersehbaren Eintritt der Folge zu erkennen.
IV. Konkurrenz der Körperverletzung mit Todesfolge
§ 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) geht § 222 StGB als lex specialis vor! Bei einem bedingt bestehenden Tötungsvorsatz, so sind §§ 211, 212 StGB vorrangig und § 227 StGB wird verdrängt.
Tipp: Möchtest du mehr zur Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) erfahren? Dann empfehlen wir dieses Video.