Die Formvorschriften im BGB

Die Formvorschriften im BGB

Die Grundlagen der gesetzlich vorgeschriebenen Formen müssen im Examen sicher beherrscht werden, denn sie sind immer wieder Bestandteil der zivilrechtlichen Klausuren. Problematiken können sich beispielsweise bei der Kollision von Formvorschriften und Stellvertretungsrecht ergeben. Hierauf wird unter anderem im folgenden eingegangen.
Formvorschriften im BGB
Lecturio Redaktion

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22.01.2024

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Inhalt

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I. Ziele der Formvorschriften

Grundsätzlich herrscht im Zivilrecht Formfreiheit, das Gesetz ordnet in bestimmten Fällen aber die Einhaltung bestimmter Formvorschriften (vgl. §§ 126 ff. BGB) an.

§-125-BGB-1
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Das Gesetz verfolgt mit seinen gesetzlichen Formvorschriften 3 verschiedene Ziele:

  • Zum einen hat die Formvorschrift eine Warnfunktion, denn durch das Einhalten einer Form soll das Bewusstsein des Erklärenden für den Inhalt der Erklärung geschärft werden und der Erklärende vor übereilten Entscheidungen bewahrt werden.
  • Außerdem dient die gesetzliche Formvorschrift insbesondere bei Geschäften von großer Tragweise und umfangreichen Inhalt der Beweisfunktion. Auch soll der Vertragsschluss sichtbar von den unverbindlichen Vorverhandlungen abgegrenzt werden.
  • Zuletzt dient die Formvorschrift der sachverständigen Beratung, welcher gerade bei weitreichenden Entscheidungen durch die Belehrung eines unabhängigen Notars erfolgen soll.
§-125-BGB-2
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Die gesetzlichen Formvorschriften sind zwingendes Recht, können also nicht von den Parteien zur Disposition gestellt werden. Wird gegen eine Formvorschrift verstoßen, § 125 BGB, muss der Richter die Nichtigkeit des Geschäfts von Amts wegen beachten.

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II. Die verschiedenen Formen

  • Schriftform: § 126 BGB ordnet die Schriftform an, d.h. die Urkunde muss den gesamten Inhalt des Rechtsgeschäfts enthalten und vom Aussteller eigenhändig unterschrieben werden.
  • Textform: Durch § 126b soll den modernen Formen der Kommunikation Rechnung getragen werden, gemeint ist eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung.
  • Elektronische Form: Schreibt das Gesetz eine Schriftform vor, kann diese gem. § 126 III durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sie nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Hierbei muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
  • Öffentliche Beglaubigung: Bei dieser muss gem. § 129 BGB die Erklärung schriftlich abgefasst sein und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar (bzw. der landesrechtlich ermächtigten Behörde bei amtlichen Beglaubigungen)  auf dem Schriftstück durch einen Beglaubigungsvermerk beglaubigt werden.
  • Notarielle Beurkundung: Diese erfolgt gem. § 128 BGB durch einen Notar, welcher eine sachverständige Beratung durch eine neutrale Person gewährleisten soll.

Der Umfang des gesetzlichen Formvorschriften erstreckt sich auf das gesamte Rechtsgeschäft mit all dessen wesentlichen Bestandteilen, d.h. regelmäßig auf alle Erklärungen, die die Parteien zum Inhalt ihrer Vereinbarung machen wollen.

III. Rechtsfolgen des Formmangels

§-125-BGB-3
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IV. Die Form im Rahmen der Stellvertretung bei Grundstücksgeschäften

1. Problemaufriss

Gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, zwingend der notariellen Beurkundung (§ 128 BGB). Dabei beschränkt sich das Formerfordernis nicht nur auf die Vereinbarungen, die das Grundstück betreffen. Formbedürftig sind grundsätzlich alle Vereinbarungen, die nach dem erkennbaren und von der Gegenpartei hingenommenen Willen auch nur einer Partei, zusammen mit der Grundstücksübertragung, gelten sollen. Formbedürftig sind also alle Vertragsteile, die miteinander stehen und fallen sollen.

§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB vereint dabei drei Formfunktionen – durch die notarielle Beurkundung wird sichergestellt, dass die Beteiligten vom Notar zugleich beraten und belehrt werden (Warn- und Beratungsfunktion). Zudem dient die notarielle Beurkundung Beweis– und Kontrollzwecken.

Man könnte annehmen, dass die Bevollmächtigung die Form des Rechtsgeschäfts erfordert, für das sie erteilt wurde. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber § 167 Abs. 2 BGBDanach bedarf die Vollmacht nicht der Form, die für das Vertretergeschäft vorgeschrieben ist. Demnach ist also unschädlich, dass eine Vollmacht nicht notariell beurkundet wurde, obwohl der Kaufvertrag dieser Form bedarf.

Jedoch könnte das Erfordernis einer notariell beurkundeten Vollmacht aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 167 Abs. 2 BGB in Betracht kommen. Diese setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unterlassene Differenzierung entweder durch den Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm des § 167 Abs. 2 BGB selbst oder durch den vorrangigen Zweck anderer Normen bzw. gesetzlicher Wertungen angezeigt ist, die sonst verdrängt würden.

Gegen die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion spricht jedoch zum einen, dass durch die bloße Vollmachtserteilung die schutzwürdigen Interessen des Vollmachtgebers regelmäßig noch nicht unmittelbar beeinträchtigt werden. Des Weiteren ist die Vollmacht grundsätzlich widerruflich (§ 168 BGB), der Vollmachtgeber kann also Willensänderungen noch geltend machen bis das Vertretergeschäft vorgenommen worden ist.

Dagegen kann eine Vollmacht aber auch unwiderruflich erteilt werden (Umkehrschluss aus § 168 S. 2 BGB). Ferner kann durch andere zusätzliche Vereinbarungen die tatsächliche Wirkung eines formgebundenen Vertretergeschäfts erreicht werden.

Insofern könnte eine teleologische Reduktion des § 167 S. 2 BGB mit Ausdehnung des Formzwangs auf die Vollmacht sachgerecht sein, zumindest wenn der Formzweck nicht nur der Beweisfunktion dient, sondern auch eine Warnfunktion beinhaltet.

2. Der Meinungsstand

a) Mindermeinung in der Literatur

Die Vollmacht entgegen § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich der Formbedürftigkeit des Vertretergeschäfts zu unterwerfen. Für diese Ansicht spricht, dass der Vertretene umfassend geschützt wird – selbst bei der Erteilung einer widerruflichen Vollmacht wird der Formzwang auch auf die Bevollmächtigung ausgedehnt.

b) Rechtsprechung

Die Rechtsprechung dehnt die Formbedürftigkeit entgegen des § 167 Satz 2 BGB auch auf die Vollmacht aus, allerdings anders als die genannte Auffassung in der Literatur nicht generell bei Formvorschriften mit Warnfunktion, sondern nur wenn durch die Bevollmächtigung bereits eine rechtliche oder tatsächliche Bindung des Vollmachtgebers entsteht. Deshalb unterliegt ein Vorvertrag zu einem Grundstückskaufvertrag dem Formzwang. Auch eine unwiderruflich erteilte Vollmacht zur Vornahme eines formbedürftigen Rechtsgeschäfts bedarf nach Rechtsprechung der Form des Vertretergeschäfts. Gleiches gilt für solche widerrufliche Vollmachten, die gemäß dem Rechtsverhältnis zwischen Vertretenem und Vertreter unverzüglich genutzt werden können.

c) Die herrschende Meinung in der Literatur

Die herrschende Meinung in der Lehre unterscheidet. Die Warnfunktion einer für das Vertretergeschäft geltenden Formvorschrift, wie eben § 311 b, reiche alleine noch nicht aus um eine Vollmacht entgegen § 167 Abs. 2 BGB ebenfalls zu Form zu zwingen. Es käme vor allem auch darauf an, ob der Vollmachtgeber bereits durch die Erteilung der Vollmacht rechtlich und tatsächlich so gebunden wird, wie durch die Vornahme eines formbedürftigen Rechtsgeschäfts selbst. Eine generelle Ausdehnung von Formvorschriften mit Warnfunktion auf die Vollmachtserteilung, wie sie in der Literatur teilweise vertreten werde, sei trotz der größeren Rechtssicherheit abzulehnen. Stattdessen solle es bei den von der Rechtsprechung vor allem zu § 311b Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätzen bleiben.

Für die herrschende Meinung bzw. Rechtsprechung und gegen die weitergehende Ansicht, dass die Formvorschriften mit Warnfunktion generell auf die Erteilung der Vollmacht zum Abschluss eines formbedürftigen Geschäfts anzuwenden sind, spricht insbesondere, dass es grundsätzlich keiner Warnung bedarf und die Reduktion des § 167 Abs. 2 daher zu weit ginge, wenn noch nicht einmal eine faktische Bindung eingetreten ist. Solange es an an dieser Bindung noch mangelt, gebührt der Privatautonomie Vorrang.

Quellen

  • Flume, Rechtsgeschäft, § 52.
  • Kandler, S. 50ff., 139ff.
  • RGZ 108, 125; BGH NJW 1994, 1344; OLG München, NJW-RR 1989, 663.
  • Vogel, JuS 1996, 964.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.