Tipp: Keine Lust zu lesen? Dann empfehlen wir dieses Video zum Thema!
I. Prokura, §§ 48 ff. HGB
Definition: Die Prokura ist eine umfassende, durch einen Kaufmann erteilte, Vertretungsmacht.
Sie ist die im Handelsverkehr übliche Vollmacht. Der Prokura sind besondere Voraussetzungen und Eigenschaften zuzuordnen, die sie von der Stellvertretung im BGB unterscheidet.
Sinn der Prokura ist eine sichere Form der Stellvertretung, um den Schutz des Rechtsverkehrs zu gewährleisten.
1. Die Erteilung der Prokura, § 48 Abs. 1 HGB
Die Prokura kann nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter und nur mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden.
Ausschließlich der Inhaber des Handelsgeschäfts, d.h. Kaufmann, oder sein gesetzlicher Vertreter kann Prokura erteilen. Solche Vertreter sind persönlich haftende Gesellschafter einer OHG oder Kommanditgesellschaft, der Vorstand einer AG oder der Geschäftsführer einer GmbH.
Prokuristen können dabei ausschließlich natürliche Personen sein.
Die Erteilung selbst muss durch eine ausdrückliche, aber nicht zwingend schriftliche Erklärung erfolgen (§ 48 Abs. 1 HGB). Dementsprechend gibt es keine Prokuravollmacht durch Duldung. Eine Prokura kann jedoch in eine Handlungsvollmacht gem. § 54 Abs. 1 HGB umgedeutet (§ 140 BGB) werden, für welche wiederum eine Duldungsvollmacht möglich ist.
Gemäß § 48 Abs. 2 HGB kann die Erteilung der Prokura auch an mehrere Personen gleichzeitig erfolgen.
Die Erteilung kann an mehrere Personen gemeinschaftlich erfolgen (Gesamtprokura).
Hierdurch wird das hohe Risiko des Geschäftsinhabers bei einer Prokuraerteilung verringert.
Tipp: Mehr zur Gesamtprokura? Dann empfehlen wir diesen Artikel.
a. Erteilung der Prokura durch einen beschränkt Geschäftsfähigen
Die Grundlagen der beschränkten Geschäftsfähigkeit gem. §§ 106, 2 BGB gelten auch für minderjährige Kaufleute. Beschränkt Geschäftsfähige benötigen nach § 107 BGB die Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter um Rechtsgeschäfte, die nicht lediglich rechtlich vorteilhaft für sie sind, vorzunehmen.
Die Prokuraerteilung ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Prokurist dazu ermächtigt wird, im Namen des Kaufmanns Verträge abzuschließen. Diese Verpflichtungen sind rechtliche Nachteile. Deshalb bedarf es für eine wirksame Prokuraerteilung durch einen Minderjährigen immer der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter, §§ 107, 111 BGB.
Die gesetzlichen Vertreter können den Minderjährigen jedoch mit Genehmigung des Familiengerichtes dazu ermächtigen, sein Handelsgewerbe selbstständig zu betreiben, § 112 Abs. 1 S. 1 BGB. Im Bezug auf Geschäfte, die das Handelsgewerbe mit sich bringt, ist der Minderjährige dann grundsätzlich unbeschränkt geschäftsfähig.
§ 112 Abs. 1 S. 2 BGB macht davon Ausnahmen: Eine zusätzliche Genehmigung des Familiengerichts ist bei bestimmten Rechtsgeschäften trotzdem noch notwendig; ein solches Rechtsgeschäft ist gem. §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 11 BGB auch die Erteilung der Prokura.
2. Die Wirkung der Eintragung der Prokura
Nach § 53 Abs. 1 HGB soll die Prokura im Handelsregister angemeldet werden. Diese Anmeldung hat jedoch nur rein deklaratorische Bedeutung – sie ist also keine Wirksamkeitsvoraussetzung, der Prokurist kann auch schon vor der Eintragung den Kaufmann vertreten. Die Eintragung selbst ist so nur der Hinweis auf eine bereits vorliegende Prokura.
Im Klausuraufbau ist die Prokura bei der Stellvertretung gem. § 164 Abs. 1 BGB im Rahmen der Vertretungsmacht zu prüfen.
3. Prüfungsschema: Wirksame Erteilung der Prokura
1. Erteilung einer Vollmacht zum Betrieb eines Handelsgewerbe
- Ausdrücklich
- Persönlich
- durch den Inhaber eines kaufmännischen Handelsgeschäfts
- oder dessen gesetzlichen Vertreter
2. Durch Erklärung gegenüber dem Prokuristen
Der Prokurist ist natürliche Person, zumindest beschränkt geschäftsfähig und personenverschieden vom Prinzipal bzw. dessen Geschäftsführer oder Vorstand (bei jur. Personen)
4. Der Umfang der Prokura
Um den Rechtsverkehr zu schützen, ist der Umfang der Prokura grundsätzlich durch das Gesetz (§ 49 Abs. 1 HGB) zwingend bestimmt und auch nicht gegenüber Dritten einschränkbar (§ 50 Abs. 1 HGB).
Durch § 49 Abs. 1 HGB ermächtigt die Prokura zur Vornahme aller Geschäfte, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt. Es besteht keine Beschränkung wie bei der Handlungsvollmacht auf branchenübliche Geschäfte – der Umfang der Prokura ist im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt.
Beispiel: So kann der Prokurist des Inhabers einer Bäckerei ebenso Schmuck kaufen und handelt hierbei mit einer Vertretungsmacht, denn der Betrieb irgendeines Handelsgeschäfts – hier im Juweliergewerbe – bringt dies mit sich.
a. Einschränkungen nach § 49 Abs. 1 HGB
Nicht zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören:
- Inhabergeschäfte, d. h. Geschäfte, welche dem Inhaber des Handelsgewerbes selbst überlassen sind, beispielsweise die Prokuraerteilung.
- Grundlagengeschäfte, also Geschäfte welche die Existenz des Unternehmens bzw. dessen Gegenstand betreffen und nicht den Geschäftsablauf
[…] die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt […]
- Privatgeschäfte, diese sind schon nicht betriebsbedingt.
b. Grundstücksgeschäfte, § 49 Abs. 2 HBG
Eine weitere wichtige Einschränkung des Umfangs der Prokura enthält auch § 49 Abs. 2 HGB:
[…] Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist.
Dieses Veräußerungsverbot gilt analog bereits für das zu Grunde liegende Verpflichtungsgeschäft. Dies ist notwendig, sonst könnte der Prokurist den Kaufmann verpflichten, ein Grundstück zu verkaufen und ihn somit zwingen zu erfüllen – § 49 Abs. 2 HGB wäre dann völlig nutzlos.
§ 49 Abs. 2 HGB bezieht sich jedoch nur auf die Veräußerung und Belastung. Zum Erwerb und zur Entlastung von Grundstücken ist der Prokurist hingegen berechtigt. Soll er nun auch Veräußerungs- und Belastungsgeschäfte vornehmen, muss der Inhaber des Handelsgeschäfts dem Prokuristen gem. § 49 Abs. 2 HGB eine besondere Vollmacht darauf bezogen erteilen, die sog. Immobiliarklausel.
c. Missbrauch der Vertretungsmacht als Prokurist
Der Kaufmann kann die Prokura zwar nicht im Außenverhältnis einschränken, § 50 Abs. 1 HGB:
(1) Eine Beschränkung des Umfanges der Prokura ist Dritten gegenüber unwirksam. […]
Jedoch ist ihm dies im Innenverhältnis zum Prokuristen möglich. Dort kann er das rechtliche Dürfen festlegen, welches das rechtliche Können gegenüber Dritten jedoch niemals tangieren kann.
Merke: Der Kaufmann wird also grundsätzlich auch dann verpflichtet, wenn der im Innenverhältnis beschränkte Prokurist ein Geschäft vornimmt, welches im Rahmen seines gesetzlichen Vertretungsumfanges liegt – jedoch außerhalb der im Innenverhältnis festgelegten Einschränkungen.
Im Regelfall liegt daher auch bei Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Prokuristen eine wirksame Stellvertretung vor, nur ausnahmsweise greifen die allgemeinen Regeln des BGB zum Missbrauch der Vertretungsmacht ein.
Dies ist zudem interessengerecht: Der Kaufmann hat die Prokura erteilt, demnach muss er das Risiko eines Missbrauchs tragen – gerade wenn der Prokurist auch im Rahmen seiner (wenn auch nur) gesetzlichen Vertretungsmacht handelt. Deren Umfang kannte der Prokurist vorher.
Der Dritte hat mit dem Innenverhältnis von Kaufmann und Prokurist nichts zu tun und ihn grundsätzlich nach § 179 BGB in Missbrauchsfällen gegenüber dem weniger zahlungskräftigen Prokuristen zu verpflichten, erscheint demnach unbillig.
In bestimmten Konstellationen erscheint jedoch der Vertretene schutzwürdiger. Wenn der Prokurist und der Dritte bewusst zum Nachteil des Kaufmanns zusammen agieren oder der Dritte aus einem anderen Grund nicht schutzwürdig ist, weil er bspw. Kenntnis vom Missbrauch der Vertretungsmacht hat, ist der Dritte im Gegensatz zum Vertretenen nicht mehr schutzwürdig – er handelt schlicht nicht im guten Glauben.
Die Kollusion und Evidenz gelten im HGB und sind die zwei allgemein anerkannten Fallgruppen im Rahmen des Missbrauchs der Vertretungsmacht des BGB:
Definition: Die Kollusion beschreibt, dass der Vertreter und der Dritte gemeinsam zu Lasten des anderen („kollusiv“) “Hand in Hand” zusammenwirken.
Definition: Die Evidenz beschreibt, dass der Dritte Kenntnis vom Missbrauch der Vertretungsmacht hat oder zumindest Kenntnis hätte haben müssen, weil es offensichtlich („evident“) war.
Im Rahmen der Evidenz sind die Anforderungen an die Schutzunwürdigkeit des Drittens streitig:
- Eine Ansicht fordert, dass der Dritte eine positive Kenntnis vom Missbrauch der Vertretungsmacht haben muss, ein bloßes Kennenmüssen soll anders als im allgemeinen Zivilrecht nicht ausreichen.
- Der h.L. genügt es dagegen bereits, wenn der Missbrauch grob fahrlässig nicht erkannt wird. Sonst würde es im Großteil der Fälle faktisch zu keinem Schutz für den Vertretenen kommen.
Stark umstritten ist jedoch insbesondere die Rechtsfolge:
Der BGH wendet Treu und Glauben (§ 242 BGB) an: Wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht offensichtlich auf eine verdächtige Art und Weise nutzt, wodurch beim Dritten begründete Zweifel entstehen müssen, dann kann der Vertretene die “Arglisteinrede des § 242 BGB” einer Inanspruchnahme entgegenhalten.
Trägt der Vertretene allerdings eine Mitverantwortung, z.B. weil der Vertreter von ihm nicht ordnungsgemäß überwacht wurde, so sind Nachteiledes Rechtsgeschäftsgem. § 254 BGB zu teilen.
Nach der wohl überwiegenden Ansicht innerhalb der Literatur kommen die § 177 ff. BGB analog zum tragen, der Vertretene soll nicht verpflichtet sein. Jedoch erhält er die Möglichkeit, das Rechtsgeschäft doch noch nachträglich zu genehmigen, etwa weil es ein günstiges Geschäft ist.
Dann wird er, ganz normal, in eigener Person berechtigt und verpflichtet. Wenn er jedoch seine Genehmigung verweigert, wird das schwebend unwirksame Geschäft endgültig unwirksam. Für die Haftung des Vertreters muss jedoch § 179 Abs. 3 BGB beachtet werden.
Durch die Anwendung der §§ 177 ff. BGB wird eine flexiblere Rechtsfolge als durch § 242 geschaffen. Der Vertretene kann das Geschäft trotzdem noch genehmigen, wenn er Gründe dafür hat, muss es jedoch nicht.
Dagegen ist die Auffassung des BGH unstimmig: § 254 BGB regelt Schadensersatzansprüche, diese sind auf der Ebene der Sekundäransprüche einzuordnen. Bei der Verpflichtung zu einem Rechtsgeschäft im Rahmen der Stellvertretung geht es allerdings um Primäransprüche.
Die Ansicht der Literatur bringt einen weiteren Vorteil mit sich: Wenn dem Vertretenen ein Verschulden anzurechnen ist, werden trotzdem §§ 177 ff. BGB angewandt und die Vertretungsmacht fällt weg.
Jedoch steht dem Dritten dann gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch nach den §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB zu, welcher bis auf Null gekürzt werden kann, da der Dritte ja selbst wegen der Kollusion bzw. Evidenz mitverschuldet ist. Hier wird § 254 BGB dann korrekt auf der Sekundärebene angewendet.
5. Grundsatz der freien Widerruflichkeit
Das Erlöschen der Prokura muss im Register eingetragen werden. Gründe für das Erlöschen können sein:
§ 52 Abs. 1 HGB:
Die Prokura ist ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung.
Dadurch soll verhindert werden, dass der Kaufmann von der Macht des Prokuristen abhängig werden kann.
Hierbei ist aber folgendes zu beachten: Allein durch den Widerruf der Prokura gemäß § 52 Abs. 1 HGB entfällt nur die Vertretungsmacht im Innenverhältnis. § 53 Abs. 1 HGB verlangt jedoch die Eintragung der Prokura in das Handelsregister, dieses hat eine Publizitätswirkung im Außenverhältnis. Ist das Erlöschen der Prokura noch nicht gemäß § 53 Abs. 2 HGB angemeldet worden, kann es nach § 15 Abs. 1 HGB zu einer Fiktion der Vertretungsmacht im Außenverhältnis zum Schutz des Dritten kommen.
Fehlt also die Anmeldung der Vollmachtserlöschung und liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB vor, wird dem gutgläubigen Dritten ein Wahlrecht zugesprochen: Er kann sich entweder auf die Fiktion des Handelsregisters berufen, dann wird er unmittelbar gegenüber dem Kaufmann berechtigt und verpflichtet, oder auf die tatsächliche Rechtslage, wodurch er den (ehemaligen) Prokuristen gem. § 179 Abs. 1 BGB in Anspruch nimmt.
Wenn die Prokura von einem Gesamtprokuristen widerrufen wird oder das zugrunde liegende Rechtsverhältnis erlischt, tangiert dies nicht die Prokura des anderen Gesamtprokuristen. Diese wird jedoch nicht automatisch zur Einzelprokura, stattdessen ist der übrige Gesamtprokurist nur passiv vertretungsbefugt (Passive Stellvertretung meint den Empfang von Willenserklärungen) bis an einen neuen Prokuristen Gesamtprokura erteilt wurde.
Die Rechtsprechung macht Ausnahmen von der gesetzlich sehr freien Möglichkeit des Widerrufs der Prokura. Nach §§ 117, 127 HGB analog muss es einen wichtigen Grund für den Widerruf der Prokura geben, wenn sie einem stillen Gesellschafter wegen des Gesellschaftsvertrags erteilt wird.
a. Der Anspruch auf Vergütung, § 52 Abs. 1 HGB
Für den Anspruch des Prokuristen auf Vergütung ändert sich durch den Widerruf der Prokuragrundsätzlich nichts (§ 52 Abs. 1 HGB). Die Prokura ist in Bezug auf Erteilung und Widerruf absolut abstrakt vom zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (in der Regel ein Dienstvertrag).
Es existiert jedoch eine wichtige Ausnahme: Gemäß § 168 Abs. 1 BGB erlischt die Prokura mit dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.
Ein solcher Erlöschensgrund kann z.B. die Kündigung sein. Auch wenn diese nicht ausdrücklich erteilt wurde, kann der Widerruf einer Prokura gleichzeitig auch eine fristlose Kündigung beinhalten. Nicht jeder Widerruf ist jedoch ein „wichtiger Kündigungsgrund“ gem. § 626 Abs. 1 BGB, der Grund für den Widerruf der Prokura muss also gleichzeitig einer der wichtigen Gründe des § 626 Abs. 1 BGB sein. Wenn jeder Prokura-Widerruf ausreichen würde, liefe § 52 Abs. 1 HGB leer, denn der Anspruch auf Vergütung entfiele immer ohnehin durch die Kündigung.
b. Drei Fakten zum Widerruf der Prokura
1. Grundsätzlich ist die Prokura gem. § 52 Abs. 1 HGB frei widerruflich, im Normalfall wirkt sich dies nicht auf das zugrunde liegende schuldrechtliche Verhältnis (in der Regel Dienstvertrag) aus.
2. Regel: Gemäß § 52 Abs. 1 HGB a.E. verliert der Prokurist nicht seinen Anspruch auf Vergütung.
3. Ausnahme: Der Widerruf der Prokura kann gleichzeitig ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs, 1 BGB sein, wonach der Vergütungsanspruch in diesem Fall entfiele.
II. Handlungsvollmacht § 54 Abs. 1 HGB
Die Handlungsvollmacht gem. § 54 Abs. 1 HGB kann durch den Kaufmann (sowie Minderkaufman) und – im Gegensatz zur Prokura – durch jeden Vertreter erteilt werden, sogar stillschweigend und durch Duldung.
Bevollmächtigt werden können in den Betrieb eingegliederte natürliche und juristische Personen.
Es gibt verschiedene Arten der Handlungsvollmacht (§ 54 HGB):
Merke: Eine unwirksam erteilte Prokura kann zu einer Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) umgedeutet werden.
1. Umfang der Handlungsvollmacht, § 54 HGB
Die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) bezieht sich nur auf solche Geschäfte, welche dieses Handelsgewerbe gewöhnlich mit sich bringt. Ausgeschlossen sind damit Grundstücksgeschäfte (außer der Betrieb des Handelsgewerbe „bringt diese gewöhnlich mit sich“), die Aufnahme von Darlehen, die Prozessvertretung und die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten.
Eine weitergehende Beschränkung des Umfangs der Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) durch den Bevollmächtigenden ist möglich. Der Dritte muss sie jedoch nur gegen sich gelten lassen wenn er sie kannte oder kennen musste (§ 54 Abs. 3 HGB). Dadurch können Geschäftspartner grundsätzlich davon ausgehen, dass der Handelsvertreter Vertretungsmacht im gesetzlichen Umfang besitzt. Dies ist besonders für die Rechtssicherheit wichtig, weil die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) nicht eintragungsfähig ist und somit der konkrete umfang der Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) für den Dritten im Außenverhältnis nicht ersichtlich ist. Nur bei Vornahme der Ausnahmen im Sinne des § 54 Abs. 2 HGB muss sich der Geschäftspartner die erweiterte Vollmacht nachweisen lassen.
2. Erlöschen der Handlungsvollmacht, § 54 HGB
Bezüglich des Erlöschens der Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) gelten die allgemeinen Regeln, da keine speziellen Vorschriften bestehen. Insbesondere erlischt die Vollmacht bei:
3. Prüfungsschema: Handlungsvollmacht, § 54 HGB
1. Wirksame Erteilung der Handlungsvollmacht, § 54 HGB:
- Erteilung einer Vollmacht, deren Gegenstand Geschäfte im Rahmen ihres Handelsgewerbes sind und die keine Prokura darstellt
- Ausdrücklich oder konkludent
- Durch einen Kaufmann
- persönlich oder durch einen Bevollmächtigten
- Auf jede nach § 167, 171 BGB zulässige Weise
- Auch Duldungs- oder Anscheinsvollmacht
- Auch Umdeutung nichtiger Prokura
2. Kein Erlöschen (nach den Regeln der §§ 168 ff. BGB)
3. Handeln im Rahmen der Vertretungsmacht
- Im Rahmen des vom Vollmachtgeber bestimmten Umfangs
- Ansonsten im Rahmen der gesetzlichen Vermutung eines Mindestumfangs gem. § 54 HGB
- Geschäfte, die das Handelsgeschäft üblicherweise mit sich bringt
- kein Geschäft gem. § 54 Abs. 2 HGB, außer: besondere Vollmacht
4. Rechtsfolgen:
- Bei Überschreitung einer inhaltlich beschränkten Handlungsvollmacht: Schutz des guten Glaubens an den Mindestumfang gem. § 54 Abs. 1 HGB durch § 54 Abs. 3 HGB
- Bei Überschreitung des Bereichs der gesetzlichen Vermutung: kein Anspruch eines Dritten gegen den Kaufmann
Tipp: Mehr zur Prokura und Handlungsvollmacht (§ 54 HGB)? Dann empfehlen wir dieses Video.
Quellen
- Jung, Handelsrecht, 10. Auflage
- Brox/Henssler, Handelsrecht, 21. Auflage