Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG

Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG

Die Menschenwürde gem. Art. 1 GG ist das oberste Gut. Alle weiteren Grundrechte sind nichts anderes als Ausfächerung und Präzisierung dessen, was mit Menschenwürde bezeichnet werden kann. Zudem ist Art. 1 GG neben Art. 20 GG mit einer “Ewigkeitsgarantie” (Art. 79 Abs. 3 GG) gesichert. Zum besseren Verständnis dient der folgende Artikel.
menschenwürde
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

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Inhalt

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Allgemeines zu Art. 1 GG

In Art. 1 Abs. 1 GG  ist niedergeschrieben:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


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Prüfungsschema: Verletzung der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG

  • I. Schutzbereich
    • 1. Persönlicher Schutzbereich: jeder Mensch
    • 2. Sachlicher Schutzbereich: Menschenwürde
  • II. Eingriff in den Schutzbereich: Degradierung zum bloßen Objekt (“Objektformel”)
  • III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung: nicht möglich!

Achtung: Es muss erwähnt werden, dass gerade in Klausurfällen die Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG eher zurückhaltend angenommen werden sollte, da eine umfangreiche Prüfung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung entfällt!

I. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich

Grundsätzlich ist jede natürliche Person Träger des Grundrechts der Menschenwürde. Sie beschützt auch Kinder, Geisteskranke oder Straftäter. Es kommt nicht zwingend darauf an, ob sich der Träger seiner Würde bewusst ist oder sie selbst zu wahren weiß (BVerfGE 39, 1/41 f).

Sehr umstritten ist, ob auch das werdende Leben (sog. nasciturus) grundrechtsfähig ist. Das BVerfG hat dies in beiden Fällen offen gelassen, dennoch anerkannt, dass das werdende Leben Schutzgut des Art. 1 Abs. 1 GG ist. Demgemäß folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG eine sachliche Schutzverpflichtung zu Gunsten des nasciturus.

Daneben hat das BVerfG auch einen fortbestehenden Anspruch auf Achtung der Menschenwürde bei Toten angenommen (BVerfGE 30, 173/196 f.). Dieser Anspruch kann von den Angehörigen eines Toten geltend gemacht werden.

2. Sachlicher Schutzbereich

Der Schutzbereich der Garantie der Menschenwürde lässt sich nur schwer allgemein definieren. Meist wird er beschrieben, als der „allgemeine Eigenwert, der dem Menschen kraft seiner Persönlichkeit zukommt“, BVerfGE 30, 173/214. Oder besser:

Mit Menschenwürde wird der unantastbare geistig-sittliche Wert eines jeden Menschen bezeichnet. Dieser umfasst auch den sozialen Achtungsanspruch des Menschens, der es verbietet, diesen zu einem bloßen Objekt des Staates zu machen.

Grds. werden zwei Ansätze zur Bestimmung des Begriffs der Menschenwürde angeführt.

  • Nach der Mitgifttheorie ist die Menschenwürde eine dem Menschen von Gott und/oder der Natur mitgegebener Wert. Sie orientiert sich an der Lehre Kants und der Naturrechtslehre. Für diese Theorie spricht insbesondere, dass auch der parlamentarische Rat auf diese Lehren zur Schaffung des Art. 1 Abs. 1 GG zurückgegriffen hat.
  • Nach der Leistungstheorie ist das Kernelement der Menschenwürde ist die “Leistung” eines jeden Menschen, die zur Identitätsbildung führt. Dieser Theorie zufolge erlangt der Mensch seine Würde durch eigenes selbstbestimmtes Verhalte. Die Theorie knüpft nicht an philosophische Grundsätze an, sondern an andere verfassungsrechtliche Grundprinzipien; bspw. Wahrnehmung der Freiheitsgrundrechte, welche ebenfalls identitätsbildend wirken

Wie aufgezeigt, lässt sich die Menschenwürde in ihrem Gehalt schwer umreißen.

Die Mitgifttheorie stellt klar, dass dem Einzelnen die Menschenwürde von sich aus anhaftet, von ihm also nicht erworben und auch nicht verloren werden kann. Jedoch hilft sie grundsätzlich wenig dahingehend weiter, ihren sachlichen Gehalt zu bestimmen.

Die Leistungstheorie hingegen stellt klar, dass der Einzelne den Kern der Menschenwürde durch eigene Entscheidungen und sein Verhalten (“Leistungen”) selbst bestimmt. Jedoch erscheint die Theorie problematisch im Hinblick auf handlungsunfähige und handlungsunwillige Personen. Diese sind zur Identitätsbildung außer Stande, können jedoch umfraglich nicht ihrer Menschenwürde entledigt sein (vgl. Mitgifttheorie).


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Allgemein scheint es daher zweckmäßig nicht auf eine positive Bestimmung des Schutzbereiches abzustellen, sondern in negativer Hinsicht die Frage zu stellen:

Ist im konkreten Einzelfall die Schwelle der Unzumutbarkeit gemessen an den jeweiligen gesellschaftlichen und ethischen Normwerten überschritten oder nicht? 

Beachtlich ist auch, dass der Einzelne seine Menschenwürde nicht zur Disposition stellen kann. D.h. liegt entsprechend den Theorien ein Eingriff in die Menschenwürde vor, kann dieser nicht mit dem Willen des jeweiligen Grundrechtsträger gerechtfertigt werden.


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II. Eingriff

Ein Eingriff in Art. 1 Abs. 1 GG liegt der “Objektformel” entsprechend vor, wenn der Mensch zum “bloßen Objekt staatlichen Handelns” degradiert wird.

Wann eine solche Degradierung vorliegt ist in Einzelfällen sehr umstritten, sollte jedoch sehr restriktiv ausgelegt werden.

Eine Degradierung zum Objekt liegt beispielsweise vor bei Sklaverei, Menschenhandel, Folter, Gehirnwäsche, Brechen des Willens durch Drogen oder Hypnose oder auch beim Entzug des Existenzminimums.

Während eine Degradierung zum Objekt vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde bei der Zahlung einer Geldbuße im Ordnunsgwidrigkeitsverfahren (BVerfGE 9, 167,171), bei der Leichenöffnung im Ermittlungsverfahren (BVerfG in NJW 1994, S. 783f.) und der Ladung zum Verkehrsunterricht (BVerfGE 22, 21, 28).

Problematisch sind die „Kinder als Schaden“-Fälle, bei denen es um die Verantwortung eines Arztes nach einer fehlgeschlagenen Sterilisation oder der fehlerhaft genetischen Besprechung vor der Zeugung eines Kindes geht.

  • Entscheidung Erster Senat, BVerfG, NJW 1998, 519, 523: Kein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG. In der Verlagerung der Unterhaltspflicht auf Dritte, ist kein Unwerturteil über den anwesenden Unterhaltsberechtigten zu sehen.
  • Entscheidung Zweiter Senat, BVerfG, NJW 1998, 519, 523: Gegensätzliche Ansicht, in der Geschichte des BVerfG einmaliger Vorgang. Lesen Sie selbst, BGH, NJW 2000, 1782.

Merke: Eingriffe in die Menschenwürde sind immer unzulässig. Folgen Sie während ihrer Grundrechtsprüfung einer Senatsentscheidung.

III. Schranke

Die Garantie der Menschenwürde unterliegt keinen Hindernissen „unantastbar“, sodass jeder Eingriff eine Verletzung darstellt.

Da Art. 1 Abs. 1 GG gem. Art. 79 Abs. 3 GG nicht einmal im Rahmen einer Verfassungsänderung zur Disposition stehen kann, können auch Eingriffe in Art. 1 Abs. 1 GG nie gerechtfertigt werden.

Beispielsfall: “Zwergenweitwurf”

Emil (E) ist Betreiber einer Diskothek, die nur mühsam läuft. Damit E neue Kunden gewinnen kann, beschließt er mit dem kleinwüchsigen (K), dass sich dieser an jedem Samstag des Monats für Wettkämpfe im „Zwergenweitwurf“ zur Verfügung stellt. Die berechtigte Geschäftsstelle verweigert die notwendige Zustimmung. Sie nimmt an, dass die Aufführung den guten Sitten nicht standhalten werde, § 33a Abs. 2 Nr. 2 GewO. [VG Neustadt, NVwZ 1993, 98]

Stellt der “Zwergenweitwurf” eine Verletzung des K in Art. 1 Abs. 1 GG dar?

Ein Verstoß gegen die guten Sitten könnte vorhanden sein, wenn die Veranstaltung des Zwergenweitwurf die Menschenwürde verletzen würde, deren Schutz der staatlichen Gewalt in Art. 1 Abs. 1, S. 2 GG ausdrücklich aufgetragen wird.

Hier wird der “Zwerg” wie ein Sportgerät behandelt und zum Gegenstand der Volksbelustigung entwertet, wonach keinesfalls die kunstgerechte Handhabung des K im Vordergrund steht. Es geht dabei nur um die berechenbare Dominanz, dies mit Hilfe an einer großwüchsigen Person darzustellen.

Dass der K die Teilnahme aus freien Stücken versprochen hat und diese Aufführung nicht demütigend empfindet, ist unbedeutend (vgl. Stellungnahme zu den Theorien, oben).

Der “Zwergenweitwurf” stellt eine Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG dar.

Merke: Es geht hier nicht um die Menschenwürde des Einzelmenschen, hier des K, sondern um das tatsächliche Würdebild des Grundgesetzes, das im Interesse der Allgemeinheit geschützt wird.

Tipp: Schau dir unser kostenloses Video zum Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG an.

Quelle

  • Pieroth/Schlink; Grundrechte, Staatsrecht II; 26. Auflage, 2010.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

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Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.