I. Allgemeines zu § 323a StGB
§ 323a Abs. 1 StGB:
Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.
Nach § 323a StGB wird somit derjenige bestraft, der sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.
Dies verdeutlicht bereits, dass es sich um einen Auffangtatbestand handelt: War der Täter aufgrund des Rausches schuldunfähig gemäß § 20 StGB oder musste das Gericht nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon ausgehen, kommt eine Strafbarkeit nach § 323a StGB in Frage.
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Nach herrschender Ansicht handelt es sich bei § 323a StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.
§ 323a StGB ist außerdem ein eigenhändiges Delikt, sodass die Tat weder mittäterschaftlich noch in mittelbarer Täterschaft begangen werden kann. Die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur bejahen jedoch die Möglichkeit einer Teilnahme an § 323a StGB.
Schutzgut des § 323a StGB sind alle strafrechtlich geschützten Rechtsgüter.
II. Prüfungsschema des § 323a StGB
Für die Klausur kann sich an folgendem Prüfungsschema orientiert werden.
Schema § 323a StGB:
- I. Tatbestandsmäßigkeit
- 1. Objektiver Tatbestand
- a) Versetzen in einen Rausch durch Alkohol oder andere berauschende Mittel
- b) (Eventuelle) Schuldunfähigkeit
- 2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit
- 3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Begehung einer rechtswidrigen Tat
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld
1. Versetzen in einen Rausch
Der Täter muss sich durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzen.
Definition: Ein Rausch liegt bei einer Enthemmung des Täters vor, die durch eine Intoxikation verursacht wird und aufgrund ihrer Gesamterscheinung auf dem Rauschmittelkonsum basiert.
Andere berauschende Mittel sind sowohl Drogen als auch Medikamente. Dabei ist es auch ausreichend, wenn das Mittel nur aufgrund einer Grundvoraussetzung, die in der Person des Täters liegt, berauschend wirkt.
Beispiel: Der Körper des T kann keinen Alkohol abbauen. Aufgrund dessen ist er bereits nach wenigen alkoholischen Getränken derart berauscht, dass seine Schuldunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Das Versetzen erfordert nicht, dass der Täter das Mittel selbst einnimmt.
2. Schuldunfähigkeit
Daneben muss der Täter gemäß § 20 StGB schuldunfähig sein bzw. muss eine Schuldunfähigkeit zumindest möglich sein. Dabei geht die Rechtsprechung grundsätzlich bei einer Blut-Alkohol-Konzentration (BAK) von 3 Promille von der Schuldunfähigkeit des Täters aus.
Zu beachten ist, dass der Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn nicht feststeht, ob der Täter möglicherweise voll schuldfähig ist. Das bedeutet, dass eine Strafbarkeit nach § 323a StGB nicht in Betracht kommt, wenn noch nicht einmal feststeht, ob der Täter überhaupt schon den Zustand einer verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB erreicht hat.
3. Der subjektive Tatbestand
Subjektiv muss der Täter vorsätzlich oder fahrlässig handeln. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Bestimmung von Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit nicht auf die rechtswidrige Tat, sondern lediglich auf den Rausch beziehen darf.
4. Begehung einer rechtswidrigen Tat
In dem (nicht auszuschließenden) Zustand der Schuldunfähigkeit muss der Täter eine sogenannte Rauschtat begehen. Das bedeutet, dass er eine rechtswidrige Tat nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB verwirklichen muss.
Dabei darf der Täter nur deshalb nicht wegen der Rauschtat strafbar sein, weil er gegebenenfalls schuldunfähig ist. Liegt demnach ein Rechtfertigungsgrund oder ein Entschuldigungsgrund vor, ist keine Rauschtat anzunehmen.
Grundsätzlich kann man sich merken, dass die objektive Bedingung der Strafbarkeit ein Merkmal ist, dass zwar in objektiver Hinsicht vorliegen muss, die Schuld des Täters und das Unrecht der Tat jedoch nicht mitbegründen. Deshalb muss das jeweilige Merkmal auch nicht vom Vorsatz des Täters erfasst sein. Auch § 16 StGB ist aus diesem Grund nicht anwendbar.
III. Verhältnis zur actio libera in causa
Eng mit dem Vollrausch nach § 323a StGB verknüpft ist die Problematik der Rechtsfigur der actio libera in causa. Dieser Thematik haben wir einen eigenen Beitrag gewidmet.
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Quellen
- Joecks, Wolfgang: Studienkommentar StGB, 11. Aufl., München
- Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 6. Aufl., Baden-Baden