I. Einordnung des § 316 StGB
Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, […]
Eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr erfordert gerade nicht, dass es zu einem Unfall kommt. Da kein Erfolg vorausgesetzt wird, handelt es sich um ein reines Tätigkeitsdelikt. Ferner zählt § 316 StGB zu den eigenhändigen Delikten. Eine mittelbare Täterschaft ist demnach nicht möglich. Zudem ist die Trunkenheit im Verkehr ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das dem Schutz von Leib, Leben und Eigentum dient.
II. Schema: Trunkenheit im Straßenverkehr, § 316 StGB
Die einzelnen Prüfungsschritte der Trunkenheit im Verkehr lassen sich demnach in diesem Schema zusammenfassen:
- I. Tatbestandsmäßigkeit
- 1. Objektiver Tatbestand
- a) Führen eines Fahrzeugs
- b) Im Verkehr
- c) Fahruntauglichkeit
- 2. Subjektiver Tatbestand (Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit, § 316 Abs. 2 StGB)
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld
I. Der objektive Tatbestand, § 316 StGB
Damit der objektive Tatbestand des § 316 StGB erfüllt ist, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Führen eines Fahrzeugs
Der Täter muss ein Fahrzeug führen.
Ein Fahrzeug ist ein Beförderungsmittel, das nicht zwangsläufig motorisiert sein muss. Somit fallen beispielsweise auch Boote und Fahrräder unter den Tatbestand des § 316 StGB.
Definition: Fahrzeuge i.S.d. § 316 StGB sind alle Fahrzeuge, die zur Beförderung von Personen oder Sachen dienen und am Verkehr auf der Straße teilnehmen.
Definition: Geführt wird das Fahrzeug durch denjenigen, der es entweder in Bewegung setzt oder hält und die Verkehrsvorgänge bewältigt, die mit seinem Betrieb zusammenhängen.
Für das Führen des Fahrzeuges genügt es nicht, wenn es lediglich angeschoben wird. Es soll jedoch ausreichen, wenn es mit einem ausgeschalteten Motor einen Hügel hinunterrollt . Die Situation, dass das Fahrzeug abgeschleppt und dabei lediglich gelenkt wird, ist ebenfalls als ein „Führen“ anzusehen.
2. Im Verkehr
Das Fahrzeug muss ferner im Verkehr geführt werden, § 316 Abs. 1 StGB. Durch die Bezugnahme auf die §§ 315 StGB bis 315d StGB ergibt sich, dass hiermit der Bahn-, Schwebebahn-, Schiffs-, Luft- und der Straßenverkehr gemeint sind.
Wichtig ist außerdem, dass das Fahrzeug innerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes geführt werden muss. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass er durch eine unbestimmte Anzahl von Verkehrsteilnehmern dauerhaft oder vorübergehend genutzt werden kann. Auch öffentliche Parkplätze sind hiervon erfasst.
3. Fahruntauglichkeit
Des Weiteren darf der Täter infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen, § 316 Abs. 1 StGB.
Definition: Fahruntauglichkeit im Sinne des § 316 StGB meint, wenn der Täter eine derartige Fahrunsicherheit aufweist, dass er es nicht mehr schafft, das Fahrzeug über eine längere Strecke zu steuern und dabei auch auf plötzliche Ereignisse angemessen zu reagieren, wobei sich dies aus einer Herabsetzung seiner Gesamtleistungsfähigkeit ergibt.
Diese Unsicherheit muss auf der Einnahme von Alkohol oder anderen Rauschmitteln (zumindest mit-)basieren.
a. Infolge des Genusses alkoholischer Getränke
Im Falle des vorherigen Alkoholkonsums gelten dabei bestimmte (BAK-)Werte, an denen man sich bei der Beurteilung der Fahruntüchtigkeit orientieren kann. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer absoluten und einer relativen Fahruntüchtigkeit.
Bei Fahrern eines Kfz geht die Rechtsprechung ab einer BAK von 1,1 Promille von einer absoluten Fahruntüchtigkeit aus. Bei Fahrradfahrern liegt die Grenze hingegen bei 1,6 Promille. Bei diesem Wert wird angenommen, dass jeder absolut fahruntüchtig wäre, sodass die Fahruntüchtigkeit unwiderlegbar angenommen wird.
Hingegen liegt eine relative Fahruntüchtigkeit vor, sofern der Täter eine BAK von mindestens 0,3 Promille aufweist. Für die Annahme der Fahruntüchtigkeit müssen in diesem Fall noch andere Anzeichen (Ausfallerscheinungen), wie beispielsweise das Fahren von Schlangenlinien, hinzutreten.
Kann eine Fahruntauglichkeit des Fahrers nicht festgestellt werden, kommt immer noch ein Verstoß gegen § 24a StVG in Betracht. Nach § 24a Abs. 1 StVG handelt derjenige ordnungswidrig, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
b. Infolge anderer berauschenden Mittel
Andere berauschende Mittel sind etwa Drogen und Medikamente. Hier gibt es keine festen Schwellenwerte anhand derer man die Fahruntauglichkeit des Täters messen könnte. Jedoch ist die Grenze tendenziell niedrig anzusetzen!
II. Der subjektive Tatbestand, § 316 Abs. 2 StGB
Subjektiv muss der Täter mit dolus eventualis handeln. Gemäß § 316 Abs. 2 StGB wird aber auch derjenige bestraft, der die Tat fahrlässig begeht.
Verhältnis des § 316 StGB zu anderen Delikten
§ 316 Abs. 1 StGB ordnet an, dass die Trunkenheit im Verkehr gegenüber § 315a StGB und § 315c StGB subsidiär ist. Damit liegt ein Fall der formellen Subsidiarität vor.
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Quellen
- Hentschel/König/Dauer, 45. Aufl. 2019, § 316 StGB Rdnr. 2.
- Joecks, Wolfgang: Studienkommentar StGB, 11. Aufl., München 2014
- Kindhäuser, Urs: Strafrecht Besonderer Teil I, 6. Aufl., Baden-Baden 2014