I. Die Schuldübernahme gemäß § 414 BGB
Die Schuldübernahme kann zunächst gemäß § 414 BGB durch einen Vertrag des Dritten mit dem Gläubiger erfolgen.
Dabei stellt sich die Frage, ob der Alt-Schuldner ein Recht auf Zurückweisung dieser Schuldübernahme analog § 333 BGB hat (wie beim Vertrag zugunsten Dritter).
Eine Ansicht in der Literatur gibt dem ursprünglichen Schuldner dabei ein Recht zur Zurückweisung analog zu § 333 BGB, da auch bei einem Erlass nach § 397 BGB das Mitwirken des Schuldners nötig sei.
Dem widerspricht die herrschende Meinung: Es bedürfe keiner Mitwirkung des alten Schuldners und er solle auch kein Widerspruchsrecht analog zu § 333 BGB haben. Im Fall der schuldbefreienden Leistung eines Dritten nach § 267 Abs. 1 S. 2 BGB könne der Gläubiger auch gegen den Willen des Schuldners die Leistung annehmen.
II. Die Schuldübernahme gemäß § 415 BGB
Die Schuldübernahme kann auch durch den Abschluss eines Vertrages zwischen Schuldner und Übernehmer erfolgen, § 415 BGB.
Es herrscht Uneinigkeit darüber, wann genau diese Schuldübernahme vorliegt. Da dieser Streit durchaus praktische Bedeutung bezüglich der Rechtsfolgen hat, soll er im Folgenden kurz dargelegt werden:
1. Die Verfügungstheorie
Gemäß der herrschenden Meinung erfolgt die Schuldübernahme durch einen Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer, welcher der Genehmigung des Gläubigers bedarf.
Demnach verfügen der Übernehmer und Schuldner als Nichtberechtigte im Sinne des § 185 BGB über die Forderung. Zugleich erfolgt eine Verpflichtung des Übernehmers mit dem Inhalt der ursprünglichen Schuld. Für diese Theorie sprechen der Wortlaut, die Systematik und Entstehungsgeschichte des Gesetzes.
2. Die Angebotstheorie
Dem entgegen steht die sogenannte Angebotstheorie, welche in der Vereinbarung zwischen Schuldner und Übernehmer nur die Begründung der die Schuldübernahme rechtfertigenden Beziehung sieht.
Die Mitteilung an den Gläubiger soll demnach das Vertragsangebot zur Schuldübernahme darstellen und dessen Genehmigung die Annahme. Für diese Theorie spricht die Geschlossenheit des Erklärungsversuches, der Rechtsfolgenunterschiede vermeidet.
3. Die Unterschiede der Theorien
Auf der Rechtsfolgenseite unterscheiden sich beide Meinungen darin, dass bei der Angebotstheorie eine ex-nunc-Wirkung und Formbedürftigkeit der Genehmigung anzunehmen ist, hingegen liegt bei der Verfügungstheorie eine ex-tunc-Wirkung und Formfreiheit vor.
4. Prüfungsschema
Folgt man der herrschenden Meinung, also der Verfügungstheorie, ergibt sich folgender Aufbau:
1. Verpflichtung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger
Der Schuldner muss eine Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger haben.
2. Übernahmevertrag
Es ist ein Vertrag zwischen dem (bisherigen) Schuldner und dem Übernehmer mit dem Inhalt erforderlich, dass letzterer diese Verpflichtung übernimmt. Grundsätzlich kann jede Schuld übernommen werden – es muss jedoch deutlich werden, dass eine Schuldübernahme stattfinden soll und nicht bloß ein Schuldbeitritt oder eine Erfüllungsübernahme angestrebt werden.
3. Genehmigung durch den Gläubiger
Der Gläubiger muss diese Vereinbarung genehmigen. Dies folgt daher, dass die Interessen des Gläubigers durch den Schuldnerwechsel insbesondere wegen dessen möglichen Auswirkungen auf den Wert der Forderung nachhaltig berührt sind.
Der Genehmigung bedarf es nach allgemeinem Zustimmungsrecht (§ 185 Abs. 1 BGB) nur, wenn nicht schon eine Einwilligung des Gläubigers vorliegt. Eine solche ist jedoch gem. § 183 BGB bis zum Abschluss des Übernahmevertrages widerruflich. Liegt eine Einwilligung vor, ist die Mitteilung für die Wirksamkeit der Schuldübernahme entbehrlich.
Eine Genehmigungsverweigerung bewirkt, dass die Schuldübernahme als nicht erfolgt gilt (§ 415 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Fremdverfügung ist dann endgültig unwirksam.
Im Zeitraum zwischen Mitteilung und Genehmigung besteht ein Schwebezustand: Übernehmer und Schuldner können den Vertrag aufheben oder ändern, solange der Gläubiger noch kein Recht erlangt hat. Der Übernehmer ist aber bereits im Innenverhältnis dem Schuldner im Zweifel zur Erfüllungsübernahme verpflichtet (vgl. § 415 Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 329 BGB).
III. Abgrenzung zum Schuldbeitritt
Da der Gläubiger das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Dritten trägt, ist im Zweifel bei der Auslegung eher ein Schuldbeitritt anzunehmen. Dieser belastet den Gläubiger nicht. Bei diesem gesetzlich nicht geregelten Konstrukt tritt der Dritte neben den Alt-Schuldner in das bestehende Schuldverhältnis ein. Teilweise wird der Schuldbeitritt daher auch als kumulative Schuldübernahme bezeichnet.
Im Gegensatz zur Schuldübernahme findet beim Schuldbeitritt also kein Schuldnerwechsel statt, sondern es entsteht eine Schuldnermehrheit (Gesamtschuld, § 421 BGB).
Für den Gläubiger hat dies den großen Vorteil, dass er frei entscheiden kann, von welchem Schuldner er eine Erfüllung verlangt.
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