Tipp: Lese dir zunächst diesen Artikel zur Brandstiftung, § 306 StGB durch!
I. Allgemeines zu § 306a Abs. 1 StGB
Absatz 1 des § 306a StGB lautet:
Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3. eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.
Prüfungsschema: § 306a Abs. 1 StGB
Für die Klausur kann sich am folgenden Prüfungsschema für § 306a Abs. 1 StGB orientiert werden.
Schema: § 306a Abs. 1 StGB
- I. Tatbestandsmäßigkeit
- 1. Objektiver Tatbestand
- a) Taugliches Tatobjekt gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1-3 StGB
- b) Tathandlungen: Inbrandsetzen oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstören
- 2. Subjektiver Tatbestand: Mindestens bedingter Vorsatz
- II. Rechtswidrigkeit
- III. Schuld
- IV. Tätige Reue, § 306e StGB
II. Voraussetzungen des § 306a Abs. 1 StGB
Zur Verwirklichung des § 306a Abs. 1 StGB müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Taugliches Tatobjekt
Es muss ein taugliches Tatobjekt betroffen sein. In § 306a Abs. 1 Nr. 1-3 StGB sind die einzelnen Tatobjekte aufgeführt.
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a) § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB
[…] ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient, […]
§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB umfasst Gebäude, Schiffe, Hütten oder andere Räumlichkeiten, die als Wohnung von Menschen dienen.
Tipp: Die Definition eines Gebäudes bzw. einer Hütte findest du in diesem Beitrag zur einfachen Brandstiftung gemäß § 306 StGB.
Die Erwähnung der anderen Räumlichkeiten demonstriert, dass Gebäude, Hütten und Schiffe nur als Beispiele genannt werden. Aus dieser Nennung lässt sich allerdings ableiten, dass auch die anderen Räumlichkeiten eine bestimmte Größe und damit einhergehend eine gewisse Unübersichtlichkeit haben müssen. Hieraus ergibt sich, dass Zelte oder PKW nicht als andere Räumlichkeiten erfasst werden. Wohnmobile unterfallen hingegen dem Tatbestand.
Dabei dient die Räumlichkeit der Wohnung von Menschen, wenn sie während der Tat tatsächlich als solche genutzt wird. Die Räumlichkeit muss dabei für Wohnzwecke gewidmet worden sein. Auf einen Neubau trifft das nicht zu, sofern noch keine Menschen eingezogen sind. Für die Widmung ist die Einstellung des Eigentümers nicht maßgeblich. Es kommt auf die tatsächlichen Bewohner an, sodass es auch ausreicht, wenn die Wohnung durch Hausbesetzer in Beschlag genommen wurde.
Dagegen spricht man von einer Entwidmung, wenn die Räumlichkeit von allen Bewohnern als Wohnstätte aufgegeben wurde. Das kann beispielsweise auch dadurch geschehen, dass sie die Räumlichkeit in Brand setzen. Ausreichend ist es ferner, wenn die Inbrandsetzung mit der Einwilligung aller Bewohner geschieht, wobei auch hier die Eigentumsverhältnisse unerheblich sind. Auch das Versterben des einzigen Bewohners reicht für eine Entwidmung aus.
b) § 306a Abs. 1 Nr. 2 StGB
[…] eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude […]
§ 306a Abs. 1 Nr. 2 StGB qualifiziert die Brandstiftung an einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude. Auch Krankenhauskapellen werden hiervon erfasst. Der Tatbestand ist dagegen nicht erfüllt, wenn das Gebäude zur Tatzeit nur noch ein Museum ist. Der Wortlaut verlangt nicht, dass die Tat zu einer Zeit erfolgen muss, zu der sich Menschen für gewöhnlich hier aufhalten.
c) § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB
[…] eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen, […]
Gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich derjenige strafbar, der eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen, in Brand setzt oder durch eine Brandlegung zerstört. Dabei kommt es nicht darauf an, wann der Brand verursacht wurde. Entscheidend ist nur, dass er ausbricht, wenn Menschen sich hier aufzuhalten pflegen.
Ferner ist es für diese dritte Tatvariante erforderlich, dass der betroffene Raum eine gewisse Bewegungsfreiheit bietet. Telefonzellen oder PKW erfüllen diese Voraussetzung nicht.
2. Problem: Gemischtgenutztes Gebäude
Fraglich ist, was gilt, wenn ein Gebäude auf verschiedene Art und Weise genutzt wird und nur ein Teil den Schutz des § 306a Abs. 1 Nr. 1-3 genießt (sogenanntes gemischtgenutztes Gebäude).
Beispiel: A betreibt eine Holzwerkstatt, an die seine Wohnung angrenzt. B setzt die Werkstatt in Brand. Das Feuer erlischt, bevor es auf die Wohnung des A übergreifen kann .
Die Rechtsprechung ist in diesem Fall der Meinung, dass der Tatbestand bereits erfüllt ist, wenn die Gefahr besteht, dass der Brand sich auf den geschützten Gebäudeteil ausdehnt. Nur bei der Tatvariante des teilweisen Zerstörens durch eine Brandlegung wird gefordert, dass ein Teil des Wohnkomplexes nicht mehr als Wohnung genutzt werden kann.
Demgegenüber verlangt die Literatur, dass der Brand erst einen Teil erreichen muss, der funktional zu dem geschützten Gebäudeabschnitt gehört, damit der Tatbestand erfüllt ist.
3. Einschränkung des Tatbestands
Daneben ist es umstritten, ob der Tatbestand unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden darf.
In diesem Zusammenhang wird teilweise vertreten, dass eine Strafbarkeit nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 StGB entfalle, wenn der Täter sich vorher vergewissert habe, dass sich keine Menschen in dem Tatobjekt aufhalten.
Der BGH hat dies zumindest für § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB angenommen, wenn es sich um eine Hütte oder ein kleines Haus mit nur einem Raum handelt, den der Täter leicht überblicken kann und eine Gefahr für Menschenleben vollständig ausgeschlossen werden kann.
4. In Brand setzen oder ganz oder teilweise zerstören durch eine Brandlegung
Daneben muss der Täter das Tatobjekt in Brand setzen bzw. es ganz oder teilweise durch eine Brandlegung zerstören. Diese Tathandlungen entsprechen denjenigen in § 306 StGB.
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5. Der subjektive Tatbestand
Subjektiv reicht es aus, wenn der Täter bedingten Vorsatz aufweist.
6. Tätige Reue
Gemäß § 306e Abs. 1 StGB kann das Gericht im Falle des § 306a Abs. 1 StGB die Strafe nach seinem Ermessen mildern oder von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.
Nach § 306e Abs. 3 StGB genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen, wenn der Brand ohne Zutun des Täters gelöscht wird, bevor ein erheblicher Schaden entstanden ist.
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