Primär sklerosierende Cholangitis

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine entzündliche Erkrankung, die Fibrose und Strikturen der Gallenwege Gallenwege Gallenblase und Gallenwege verursacht. Die genaue Ätiologie ist unbekannt, es besteht jedoch ein starker Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Betroffene stellen sich typischerweise mit einem schleichenden Beginn von Müdigkeit, Pruritus und Ikterus Ikterus Ikterus vor, die zu einer Zirrhose und Komplikationen im Zusammenhang mit einer Gallenwegsobstruktion führen können. Die Diagnose wird anhand der Befunde einer Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) oder der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) gestellt. Die Lebertransplantation ist die einzige kurative Therapieoption und ist bei Betroffenen mit fortgeschrittener Lebererkrankung indiziert.

Aktualisiert: 28.04.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Epidemiologie

  • Die Inzidenz beträgt etwa 1–5 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr
  • Höhere Rate in skandinavischen Ländern
  • Männer sind rund dreimal häufiger als Frauen betroffen.
  • Das Manifestationsalter liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Ätiologie

Die Ursache der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) ist unbekannt, aber die Krankheit ist assoziiert mit:

  • Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, (CED):
    • Ungefähr 85 % der Patient*innen
  • Genetische Veranlagung:
    • HLA-B8
    • HLA-DR3

Pathophysiologie

  • Umweltbelastung bei prädispositionierten Personen → Cholangiozytenaktivierung → Zytokinproduktion → fortwährende Entzündungsreaktion
  • Chronische periduktale Entzündung Entzündung Entzündung führt zu:
    • Cholangiozytenschädigung → Proliferation der peribiliären Drüsen (akzessorische Drüsen mit biliären Stammzellen)
    • Portale Myofibroblastenaktivierung → periduktale Fibrose → Gallengangsstrikturen und interlobulärer Gangverlust
    • Ito-Zell-Aktivierung → Leberfibrose → Zirrhose
    • Potentiell maligne Transformation von Cholangiozyten
Pathophysio der primär sklerosierenden Cholangitis

Progression der Aktivierung von Cholangiozyten, Entzündung und Fibrose bei PSC. Diese beginnt mit einem prädisponierten Phänotyp und kann durch einen Stressor ausgelöst werden.

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Klinik

Die Betroffenen können asymptomatisch sein, sowie folgende Symptomatik aufweisen:

PSC-Symptome und verwandte Krankheiten

Häufige Symptome bei PSC sind Müdigkeit, Pruritus, Ikterus und Zirrhose. Die Betroffenen haben häufig gleichzeitig eine CED. PSC ist mit einem erhöhten Risiko für ein Cholangiokarzinom verbunden.

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Diagnostik

  • Labordiagnostik:
    • Normalerweise der 1. Schritt in der Routinediagnostik
    • Cholestaseparameter:
    • Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT) können leicht ↑ sein (typischerweise < 300 IE/l).
    • Perinukleäre anti-neutrophile zytoplasmatische Antikörper (P-ANCA) sind in etwa 75 % der Fälle positiv.
    • Antimitochondriale Antikörper (AMAs) sind negativ.
    • Das IgG und IgM im Serum ist in ca. 50 % der Fälle erhöht.
  • Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP):
    • Diagnostisches Verfahren der ersten Wahl
    • Befunde:
  • Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP):
    • Bei unklaren Befunden zur Diagnosesicherung unter Risiko-Nutzen-Abwägung
    • Sollte unter Berücksichtigung des individuellen Risikos und einer möglichen therapeutischen Konsequenz erfolgen
    • Ähnliche Befunde wie bei MRCP
  • Sonografie:
    • Routinediagnostik bei Verdacht auf PSC
    • Sollte zum Ausschluss anderweitiger Leberpathologien wie etwa Strikturen, Choledocholithiasis oder Tumoren erfolgen
    • Verdickungen der Wand der Hauptgallen- und Lebergänge sind mögliche Befunde.
  • Leberbiopsie:
    • Selten für die Diagnose erforderlich
    • Befunde:
      • Proliferation der Gallengänge
      • Periduktale Fibrose („Zwiebelhaut“)
      • Inflammation
      • Verlust der Gallengansstruktur
      • Potentiell biliäre Zirrhose

Komplikationen und Therapie

Komplikationen

Die primär sklerosierende Cholangitis ist eine progressive und chronische Erkrankung, die eine Entzündung Entzündung Entzündung der Gallenwege Gallenwege Gallenblase und Gallenwege verursacht, die zu mehreren Komplikationen führen kann:

Therapie

  • Medikamentöse Therapie
    • Ursodesoxycholsäure:
      • Führt zu einer Verbesserung der Laborparameter, kann gegbenenfalls das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen
      • Bisher kein genereller Nachweis einer Verbesserung der Gesamtsterblichkeit oder des transplantatfreien Überlebens
      • Kann zu einer leichten Absenkung des Risikos für die Entwicklung kolorektaler Dysplasien führen
    • Kortikosteroide und andere Immunsuppressiva Immunsuppressiva Immunsuppressiva haben zurzeit keinen gesicherten Stellenwert für die Therapie.
  • ERCP:
  • Lebertransplantation:
  • Karzinomprävention:
    • Gallenblasenkarzinom und Cholangiokarzinom Cholangiokarzinom Seltene maligne Lebertumore:
      • Serielle Bildgebung (Abdomensonografie oder MRCP) ca. alle 12 Monate
      • Bei Verdacht auf ein Malignom: Bestimmung der Tumormarker CA-19-9 und CEA
    • Kolonkarzinom:
      • Koloskopie mit Biopsie zum Zeitpunkt der Diagnose und jährlich bei Betroffenen mit CED
      • Bei PSC ohne CED: Koloskopie alle 3–5 Jahre oder bei klinischen Symptomen
    • Hepatozelluläres Karzinom Hepatozelluläres Karzinom Hepatozelluläres Karzinom (HCC) und Lebermetastasen:
      • Leber-Elastografie: Alle 1–2 Jahre zur Detektion eines fibrotischen bzw. zirrhotischen Leberumbaus
      • Sonografie Abdomen mindestens alle 12 Monate
  • Allgemeine Maßnahmen:
    • Früherkennung und Behandlung von Osteoporose Osteoporose Osteoporose
    • Screening und gegebenenfalls Supplementierung fettlöslicher Vitamine bei fortgeschrittener Erkrankung

Prognose

  • Die mediane Überlebenszeit (ohne Lebertransplantation) beträgt 10–20 Jahre.
  • Die Prognose ist bei Personen mit gleichzeitiger CED schlechter.

Differenzialdiagnosen

Die primär sklerosierende Cholangitis sollte von der primär biliären Cholangitis (PBC) unterschieden werden, da sich die beiden Erkrankungen in der klinischen Präsentation ähnlich sind:

Tabelle: Primär sklerosierende Cholangitis im Vergleich zur primär biliären Cholangitis
PBC PSC
Überwiegend Frauen Überwiegend Männer
Im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen Assoziiert mit CED
Nur intrahepatische Beteiligung Intra- und extrahepatische Beteiligung
Fehlen einer Gallengangsverengung bei MRCP MRCP zeigt Strikturen und Dilatationen der Gallengänge.
AMA positiv in 95 % der Fälle
  • P-ANCA in bis zu 80 % der Fälle positiv
  • AMA negativ
CED: chronisch entzündliche Darmerkrankung
MRCP: Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie
P-ANCA: perinukleäre anti-neutrophile zytoplasmatische Antikörper
AMA: antimitochondrialer Antikörper
  • PBC: Destruktion der intrahepatischen Gallenwege Gallenwege Gallenblase und Gallenwege autoimmuner Genese. Die Betroffenen sind in der Regel Frauen und stellen sich mit Pruritus, Müdigkeit und Anzeichen von Cholestase oder Zirrhose vor. Die Diagnose wird anhand erhöhter Leberenzyme, AMAs und Leberbiopsie gestellt, die PBC von PSC unterscheiden. Die Therapie umfasst Ursodeoxycholsäure, Vitaminsupplementierung und Lebertransplantation bei fortgeschrittener Erkrankung.
  • Gallengangsobstruktion: eine Obstruktion des Gallensystems, die auf Gallensteine, Malignität oder Trauma zurückzuführen sein kann. Betroffene stellen sich mit akutem Ikterus Ikterus Ikterus und Schmerzen im rechten Oberbauch vor. Die Diagnostik zeigt erhöhte Leberenzyme und bildgebende Verfahren (Sonografie oder MRCP) differenzieren die Gallengangsobstruktion von einer PSC. Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ätiologie.
  • Autoimmunhepatitis Autoimmunhepatitis Autoimmunhepatitis: eine Autoimmunerkrankung, die eine chronische Leberentzündung verursacht. Das klinische Erscheinungsbild reicht von asymptomatisch bis hin zu den Symptomen eines akuten Leberversagens. Der Nachweis von Serum-Autoantikörpern gegen Bestandteile des Lebergewebes und eine Leberbiopsie sind Teile der Diagnostik und unterscheiden die Autoimmunhepatitis Autoimmunhepatitis Autoimmunhepatitis von PSC. Die Therapie erfolgt mit Kortikosteroiden und Azathioprin. Bei frühzeitiger Behandlung ist die Prognose günstig.
  • Akute Cholangitis Akute Cholangitis Akute Cholangitis: eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch Fieber Fieber Fieber, Ikterus Ikterus Ikterus und Bauchschmerzen gekennzeichnet ist, die sich als Folge einer Stase und Infektion der Gallenwege Gallenwege Gallenblase und Gallenwege entwickeln. Gallenwegsstrikturen von PSC können eine akute Cholangitis Akute Cholangitis Akute Cholangitis auslösen. Die Diagnose wird anhand erhöhter Leberwerte, Leukozytose und einer Sonografie, die eine Erweiterung der Gallengänge oder Gallensteine zeigt, gestellt. Die Therapie umfasst hämodynamische Stabilisierung, Breitbandantibiotika, Gallenwegsdrainage und Cholezystektomie Cholezystektomie Cholezystektomie, um ein Rezidiv zu verhindern.

Quellen

  1. Longo, D.L., Fauci, A.S., Kasper, D.L., Hauser, S.L., Jameson, J., & Loscalzo, J. (Eds.) (2018). Harrison’s Principles of Internal Medicine, 19e. New York, NY: McGraw-Hill. 2060-2062. 
  2. Kowdley, K. (2020). Primary sclerosing cholangitis in adults: Clinical manifestations and diagnosis. UpToDate. Zugriff am 10. November 2020, von: https://www.uptodate.com/contents/primary-sclerosing-cholangitis-in-adults-clinical-manifestations-and-diagnosis
  3. Kowdley, K.V. (2020). Primary sclerosing cholangitis in adults: Management. In Grover, S. (Ed.), Uptodate. Zugriff am 5. Dezember 2020, von https://www.uptodate.com/contents/primary-sclerosing-cholangitis-in-adults-management
  4. Mendes, F., & Lindor, K.D. (2010). Primary sclerosing cholangitis: overview and update. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. Nov; 7(11):611-9. 
  5. Lindor, K.D., Kowdley, K.V., & Harrison, M.E. (2015). American College of Gastroenterology. ACG Clinical Guideline: Primary Sclerosing Cholangitis. Am J Gastroenterol; 110:646.
  6. Khurana, V., Singh, T., & Roy, P.K. (2019). Primary sclerosing cholangitis. In Kapoor, V.K. (Ed.), Medscape. Zugriff am 5. Dezember 2020, von https://emedicine.medscape.com/article/187724-overview
  7. Lindenmeyer, C.C. (2020). Primary sclerosing cholangitis (PSC). [online] MSD Manual Professional Version. Zugriff am 5. Dezember 2020, von https://www.msdmanuals.com/professional/hepatic-and-biliary-disorders/gallbladder-and-bile-duct-disorders/primary-sclerosing-cholangitis-psc
  8. AWMF, S2k Leitlinie Autoimmune Lebererkrankungen AWMF-Reg. Nr. 021-27, https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-027l_S2k_Autoimmune_Lebererkrankungen_2017-11.pdf, aufgerufen am 13.07.22
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