Mitralklappenprolaps

Der Mitralklappenprolaps (MKP) ist der häufigste Herzklappenfehler und durch das Vorwölben der Mitralklappensegel in den linken Vorhof (LA) während der Systole Systole Herzzyklus charakterisiert. Er ist meist auf eine idiopathische, myxomatöse Degeneration zurückzuführen. Die Klinik ist in der Regel asymptomatisch. Bei der Auskultation zeigt sich im Allgemeinen ein meso- bis telesystolischer Klick, gefolgt von einem möglichen Strömungsgeräusch. Die Diagnose wird echokardiografisch bestätigt. Bei asymptomatischen Patient*innen ist im Allgemeinen keine Behandlung erforderlich.

Aktualisiert: 02.05.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Epidemiologie

  • Häufigste Herzklappenanomalie
  • Betreffen von 3 – 7 % der Weltbevölkerung
  • Frauen > Männer
  • Häufigkeitsgipfel zwischen 15 und 30 Jahren
  • Häufigeres Auftreten von Komplikationen bei Männern

Ätiologie

Pathophysiologie

Der Mitralklappenprolaps (MKP) bezeichnet das Vorwölben der Mitralsegel in den linken Vorhof während der Systole Systole Herzzyklus (< 2 mm):

  • Myxomatöse Klappenveränderungen sind die häufigste Ursache: Eine Akkumulation von Glykosaminoglykanen (GAGs) und Veränderungen der Kollagenstruktur führen zu:
  • Fibroelastische Degeneration ist eine weitere mögliche Ursache (normalerweise in älteren Patient*innen): ↓ Kollagen Kollagen Bindegewebe, Elastin und Proteoglykane Proteoglykane Chemie der Kohlenhydrate führen zu:
    • Ausdünnung der Klappensegel, kein überschüssiges Gewebe
    • Geringe Anulusdilatation
    • Ausdünnung und Verlängerung der Chordae tendineae Chordae tendineae Anatomie des Herzens → Rupturgefahr ↑
  • MKP kann zu einer Mitralklappeninsuffizienz führen:
Mitralprolaps Herz

Vorwölbung der Mitralsegel in den linken Vorhof während der Systole bei Mitralklappenprolaps

Bild von Lecturio.

Klinik

Klinische Zeichen

Körperliche Untersuchung

  • Meso- bis telesystolische Klicks:
    • Früheres Einsetzen bei vermindertem venösen Rückfluss:
      • Orthostase
      • Valsalva-Manöver
    • Verzögertes Einsetzen bei verstärktem venösen Rückfluss:
      • Hocken
      • Isometrische Belastung
  • Meso- bis telesystolische Geräusche über der Herzspitze nach dem Klick: Mögliche Ausstrahlung in die Axilla Axilla Axilla und Plexus brachialis oder auch präkordial
Schematische vorspannungsabhängige Veränderungen bei Mitralklappenprolaps

Schematische Darstellung der Vorlast-abhängigen Veränderungen der mesosystolischen Klicks und der telosystolischen Geräusche (orange). Verstärkter venöser Rückfluss (z. B. Hocken) führt zu einer Verzögerung, während ein verringerter venöser Rückfluss (z. B. Stehen) den Geräusch-Komplex näher an S1 rückt.

Bild von Lecturio.

Audio:

Dieser Audioclip ist ein Beispiel für ein mesosystolisches Klicken ohne telesystolisches Geräusch aufgrund eines Mitralklappenprolaps.

Heartsound von The Regents of the University of Michigan. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Audio:

Dieser Audioclip ist ein Beispiel für ein mesosystolisches Klicken mit telesystolischen Geräusch aufgrund eines Mitralklappenprolaps.

Heartsound von The Regents of the University of Michigan. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Diagnostik

  • Diagnosesicherung durch transthorakale Echokardiografie (TTE) (1. Wahl): Darüber hinaus Verwendung, um eine Mitralinsuffizienz Mitralinsuffizienz Mitralklappeninsuffizienz zu diagnostizieren und ihren Schweregrad zu beurteilen.
    • Systolisches Prolabieren der Klappensegel um ≥ 2 mm über die Ringebene hinaus in den linken Vorhof
    • Verdickung der Mitralsegel
    • Dehnung der Sehnenfäden
    • Anulusdilatation
  • Transösophageale Echokardiografie (TEE):
    • Durchführung meist vor einer Klappenoperation
    • Vorteil einer genaueren Beurteilung der betroffenen Strukturen
  • Kardiale Magnetresonanztomografie
    • Aufstrebendes Instrument, das auf Herzklappenerkrankungen untersucht wird
    • Kann zur Diagnose und Beurteilung von MR verwendet werden
  • Elektrokardiogramm Elektrokardiogramm Normales Elektrokardiogramm (EKG) ( EKG EKG Normales Elektrokardiogramm (EKG)):
    • Häufig normal
    • Gelegentliche T-Wellen-Inversion in inferioren Elektroden (II, III, aVF) oder vorzeitige atriale oder ventrikuläre Schläge

Therapie und Komplikationen

Therapie

  • Bei asymptomatischen Patient*innen ist keine Behandlung erforderlich; körperliche Bewegung wird empfohlen.
  • Medikamente:
    • Endokarditisprophylaxe
    • Antikoagulation:
      • Indikation bei Patient*innen mit Vorhofflimmern Vorhofflimmern Vorhofflimmern
      • Indikation bei thromboembolischen Ereignissen in der Vorgeschichte

Prognose

  • I. d. R. gut
  • Risiko schwerwiegender Komplikationen: 1 % pro Jahr
  • Risiko eines plötzlichen Herztodes: ca. 1 % pro Jahr; häufiger bei:
    • Schwerer Symptomatik
    • Schwacher systolischer Funktion des linken Ventrikels
    • Sehnenfadenruptur

Komplikationen

Differentialdiagnosen

  • Mitralklappeninsuffizienz: Klappenstörung, bei der während der Systole Systole Herzzyklus Blut vom LV zum LA zurückfließt. Der Mitralklappenprolaps ist die häufigste Ursache. Die Klinik ist abhängig vom Schweregrad und kann Belastungsdyspnoe, Müdigkeit oder Ödeme umfassen. Bei der Auskultation kann ein systolisches Geräusch über der Herzspitze vorliegen. Die Echokardiografie dient der Diagnosesicherung. Die Behandlung einer leichten Mitralinsuffizienz Mitralinsuffizienz Mitralklappeninsuffizienz ist nicht notwendig, es sollten jedoch Begleit- und Grunderkrankungen (z. B. Vorhofflimmern Vorhofflimmern Vorhofflimmern) behandelt werden. In schweren Fällen kommt eine Operation infrage.
  • Mitralstenose Mitralstenose Mitralstenose: Verengung des Mitralklappenapparates, die den Blutfluss zwischen LA und LV beeinträchtigt. Die Ursache ist häufig ein rheumatisches Fieber Fieber Fieber. Betroffene können asymptomatisch sein oder z. B. eine Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot) aufweisen. Bei der Auskultation fällt ein paukender 1. Herzton und ein mesosystolisches Strömungsgeräusch auf. Die Diagnosestellung erfolgt durch Echokardiografie und die Behandlung umfasst u. a. Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris, Betablocker Betablocker Antiarrhythmika der Klasse II oder Operationen in schweren Fällen.
  • Aortenstenose: Verengung des Aortenklappenapparates, die den Blutfluss vom LV in die Aorta beeinträchtigt. Bei fortgeschrittener Stenose kann sich eine klassische Trias aus Synkopen, Angina pectoris Angina pectoris Instabile und stabile Angina pectoris (Akutes Koronarsyndrom) und Belastungsdyspnoe entwickeln. Bei der Auskultation fällt ein systolisches Crescendo-Decrescendo-Geräusch über dem 2. Intercostalraum rechts parasternal auf. Die Diagnose wird echokardiografisch bestätigt und in schweren Fällen wird eine Valvuloplastie oder ein Klappenersatz durchgeführt.
  • Trikuspidalstenose: Verengung des Trikuspidalklappenapparates, die den Blutfluss vom rechten Vorhof (RA) in den rechten Ventrikel (RV) beeinträchtigt. Die Erkrankung kann asymptomatisch verlaufen oder die Symptome einer systemischen venösen Stauung hervorrufen. Ein mesodiastolisches Geräusch über dem 4. Intercostalraum rechts unterscheidet die Trikuspidalstenose von einem MKP. Die Diagnosestellung erfolgt durch Echokardiografie und die Behandlung umfasst u. a. Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris, Betablocker Betablocker Antiarrhythmika der Klasse II oder Operationen bei schweren Fällen.
  • Trikuspidalklappeninsuffizienz Trikuspidalklappeninsuffizienz Trikuspidalklappeninsuffizienz: Klappenstörung, bei der Blut während der Systole Systole Herzzyklus aus dem RV in den RA zurückfließen kann. Die Erkrankung kann asymptomatisch verlaufen oder die Symptome einer systemischen venösen Stauung hervorrufen. Ein holosystolisches Geräusch über dem 4. Intercostalraum rechts unterscheidet die Trikuspidalstenose von einem MKP. Die Echokardiografie dient der Diagnosesicherung. Die Behandlung umfasst die Behandlung der zugrundeliegenden Ursachen, Natriumrestriktion, Diuretika Diuretika Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz und der Angina pectoris und eine Operation in schweren Fällen.

Quellen

  1. Jelani, Q., Schussheim, A.E., & Thakkar, B.V. (2016). Mitral valve prolapse. In Lange, R.A. (Ed.), Medscape. https://emedicine.medscape.com/article/155494-overview#a1 (Zugriff am 15. November 2020)
  2. Pislaru, S., & Enriquez-Sarano, M. (2017). Definition and diagnosis of mitral valve prolapse. In Yeon, S.B. (Ed.), Uptodate. https://www.uptodate.com/contents/definition-and-diagnosis-of-mitral-valve-prolapse (Zugriff am 15. November 2020)
  3. Sorrentino, M.J. (2016). Mitral valve prolapse syndrome. In Yeon, S.B. (Ed.), Uptodate. https://www.uptodate.com/contents/mitral-valve-prolapse-syndrome (Zugriff am 15. November 2020)
  4. Pislaru, S., & Enriquez-Sarano, M. (2018). Nonarrhythmic complications of mitral valve prolapse. In Yeon, S.B. (Ed.), Uptodate. https://www.uptodate.com/contents/nonarrhythmic-complications-of-mitral-valve-prolapse (Zugriff am 15. November 2020)
  5. Sorrentino, M.J. (2019). Arrhythmic complications of mitral valve prolapse. In Yeon, S.B. (Ed.), Uptodate. https://www.uptodate.com/contents/arrhythmic-complications-of-mitral-valve-prolapse (Zugriff am 15. November 2020)
  6. Armstrong, G.P. (2020). Mitral valve prolapse. [online] MSD Manual Professional Version. https://www.msdmanuals.com/professional/cardiovascular-disorders/valvular-disorders/mitral-valve-prolapse-mvp (Zugriff am 15. November 2020)
  7. Baenkler H, Bals R, Goldschmidt H, Hahn J, Hinterseer M, Knez A, Möhlig M, Pfeiffer A, Schäfer J et al. Kurzlehrbuch Innere Medizin. ed. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Thieme; 2021. doi:10.1055/b000000422