Lippen-Kiefer-Gaumen- und Gaumenspalte

Die embryologische Entwicklung der kraniofazialen Strukturen ist ein komplizierter sequenzieller Prozess, der Gewebewachstum und gezielte Zellapoptose umfasst. Die Störung eines beliebigen Schrittes in diesem Prozess kann zur Bildung einer Lippenspalte führen, welche allein oder in Kombination mit einer Gaumenspalte auftreten kann. Als häufigste kraniofaziale Fehlbildung des Neugeborenen ist die Diagnose einer Spaltbildung klinisch und in der Regel bei der Geburt zu stellen. Je nach Art und Schwere des Defekts kommt es zu unterschiedlich ausgeprägten Schwierigkeiten bei der Sprachentwicklung, der Nahrungsaufnahme, dem Schlucken Schlucken Gastrointestinale Motilität, dem Durchbruch der Zähne Zähne Anatomie der Zähne und zu kosmetischen Problemen. Die endgültige Korrektur erfolgt chirurgisch.

Aktualisiert: 05.04.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

Mit Video-Repetitorien von Lecturio kommst du sicher
durch Physikum, M2 und M3.

Überblick

Klassifikation

  • Orofaziale Spaltbildungen (Englisches Akronym: OFCs) können isoliert oder als Teil eines Multiorgan-Syndroms auftreten.
  • Zu den orofaszialen Spaltbildungen gehören:
    • Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (LKGS)
    • Reine Gaumenspalte (GS)
  • Typische orofaziale Spaltbildungen können je nach Anatomie und Lage der Spalte weiter unterteilt werden:
    • Spalten vor der Alveole (unilateral, median oder bilateral)
    • Vollständige und unvollständige Spaltungen
    • Postveolare Spalten
Cleft lip

Lippenspalte

Bild von Lecturio.
Cleft palate 1

Gaumenspalte

Bild von Lecturio.

Epidemiologie

Die Prävalenz von orofazialen Spaltbildungen ist weltweit sehr unterschiedlich.

  • Prävalenz: Unilaterales Auftreten ist häufiger als bilaterales.
    • LKGS:
      • In Europa (EUROCAT): 8,75 pro 10.000 Geburten
      • In Deutschland (Mainzer Modell): 11 pro 10.000 Geburten
    • GS:
      • In Europa (EUROCAT): 5,88 pro 10.000 Geburten
      • In Deutschland (Sachsen-Anhalt): 7 pro 10.000 Geburten
  • Prävalenz nach Geschlecht des Kindes:
    • LKGS treten häufiger bei Männern* auf.
    • GS tritt häufiger bei Frauen* auf.
  • Prävalenz auf der Grundlage mütterlicher Faktoren:

Ätiologie

Nicht-syndromale Spaltbildungen haben eine multifaktorielle Ätiologie:

Syndromische Spaltbildungen: Mehrere Syndrome weisen LKGS und GS als Teil der Symptomkonstellation auf.

Pathophysiologie

Alle Spaltbildungen entstehen durch Fehler in der embryologischen Entwicklung des Gesichts.

  • LKGS: fehlende Verschmelzung des medialen und lateralen Nasenfortsatzes mit dem Kieferfortsatz im 1. Trimester
    • Kann unilateral oder bilateral sein
    • Kann bis zum Nasenloch reichen
    • Kann tiefer reichen und die Alveole miteinbeziehen
    • Erstreckt sich die fehlende Fusion auf die palatinalen Anlagen, führt dies zu einer Lippen-Kieferspalte.
  • GS: partielle oder fehlende Verschmelzung, die nur die Gaumenschalen betrifft
Development of the lip

Entwicklung der Lippe

Bild von Lecturio.
Formation of the palate

Formung des Gaumens

Bild von Lecturio.

Klinik

  • LKGS:
    • Unilateral oder bilateral
    • Primäre Gaumenspalte: Die Spaltbildung betrifft die Oberlippe und die Alveole (d. h. vor dem Foramen incisivum).
    • LKGS: Beteiligung des Gaumens zusätzlich zu Oberlippe und Alveole (selten kann die Alveole intakt sein)
    • Der Schweregrad kann variieren: vollständig (das Nasenloch betreffend), unvollständig oder in geringerer Form (z. B. Mikro)
  • GS:

Diagnostik und Therapie

Diagnose

Therapie

  • Präoperative Behandlung:
    • Ziel: Die Ernährung erleichtern, damit der Säugling das für die chirurgische Korrektur erforderliche Alter und Gewicht erreicht
    • Ein multidisziplinäres Team ist erforderlich.
    • Trinkflaschen mit großvolumigen Saugern
    • Nasoalveolare Abformung (Kieferorthopäde)
    • Lippenbinden oder Lippenverkleben
  • Die chirurgische Korrektur einer Lippenspalte basiert auf der „10er-Regel“: Wenn der Säugling mindestens 10 Wochen alt ist und 10 Pfund wiegt und der Hämoglobinwert 10 mg/dl erreicht hat, kommt eine Operation infrage.
  • Chirurgische Korrektur der Gaumenspalte ab 9–12 Monaten, gefolgt von einer langfristigen Sprachtherapie
  • Eine Alveolarkorrektur kann im Alter von 7–9 Jahren durchgeführt werden, gefolgt von weiteren Korrektureingriffen.

Quellen

  1. Mai CT, Cassell CH, Meyer RE, et al. Birth defects data from population-based birth defects surveillance programs in the United States, 2007 to 2011: highlighting orofacial clefts. Birth Defects Res A Clin Mol Teratol. 2014;100(11):895-904. doi:10.1002/bdra.23329 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25399767/ 
  2. Shkoukani MA, Chen M, Vong A. Cleft lip – a comprehensive review. Front Pediatr. 2013;1:53. Published 2013 Dec 27. doi:10.3389/fped.2013.00053. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3873527/
  3. Götz, Dorit; Köhn, Andrea; Lüdecke, Madlen; Rißmann, Anke; Spillner, Claudia; Vogt, Cornelia (2016): Jahresbericht des Bundeslandes Sachsen-Anhalt zur Häufigkeit von congenitalen Fehlbildungen und Anomalien sowie genetisch bedingten Erkrankungen Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt an der Medizinischen Fakultät der Ottovon-Guericke-Universität Magdeburg

Details