Grundlagen der Enzyme

Enzyme sind komplexe Proteinbiokatalysatoren, die chemische Reaktionen beschleunigen, ohne von ihnen verbraucht zu werden. Aufgrund des ständigen Stoffwechselbedarfs des Körpers würde das Fehlen von Enzymen das Leben unmöglich machen, da die Reaktionen ohne diese Moleküle zu langsam ablaufen würden. Enzyme haben viele Funktionen, einschließlich des Abbaus und der Synthese von Makromolekülen (Katabolismus und Anabolismus), der Signalübertragung, der Energieerzeugung (Adenosintriphosphat, ATP), Ionenpumpen/ aktiver Transport, Abwehr- und Abbaureaktionen (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse), Zellregulation, Bewegung (Myosin-ATPase, Transport intrazellulärer Substanzen) und Immunantworten.

Aktualisiert: 04.07.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Ein Enzym ist ein Protein mit einem aktiven Zentrum, um Reaktionen unter verringerter Aktivierungsenergie durchzuführen.

Enzymeigenschaften

  • Komplexes Protein und Biokatalysator (Katalysator biologischen Ursprungs)
  • Nach der Reaktion unverändert
  • Identifiziert durch das Vorhandensein des Suffixes „-ase“ (z.B. Lactatdehydrogenase)
  • Hochspezifisch für bestimmte Substrate und Produkte
    • Substrat (S): eine Substanz, auf die das Enzym einwirkt
    • Enzym-Substrat (ES)-Komplex: temporäres Molekül, das durch die nicht-kovalente Bindung des Enzyms und des Substrats gebildet wird über:
      • Ionische Wechselwirkungen: Verbindungen zwischen geladenen Molekülen
      • Hydrophobe Wechselwirkungen
      • Van-der-Waals-Kräfte: schwache intermolekulare Anziehung zwischen ungeladenen Molekülen
      • Wasserstoffbrückenbindung
    • Produkt (P): Molekül, das durch die enzymatische Reaktion entsteht
  • Funktionsänderung durch pH und Temperatur
Enzymkinetik

Zusammenhang zwischen Substraten und Enzymen, der reversiblen enzymatischen Reaktion sowie der Produktbildung und -freisetzung

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Aktives Zentrum

  • Bereich eines Enzyms zur Bindung von bestimmten Substratmolekülen und somit Reaktionserleichterung
  • Aufbau aus Bindungs- und katalytischen Zentren
  • Bindungszentrum: Bereich der Substratbindung
  • Katalytisches Zentrum: Bereich der reduzierten Aktivierungsenergie (Energie, die für den Ablauf einer Reaktion benötigt wird)
Enzym

Die Lage des enzymatischen aktiven Zentrums und der Beziehung zum Substrat


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Enzymspezifität

  • Substratspezifität: Jedes Enzym kann nur ein bestimmtes Substrat umwandeln. Dies basiert auf dem „induced fit“-Modell, bei dem sich die Bindungsstelle des Enzyms an ein bestimmtes Substrat anpasst.
  • Stereospezifität: Substrate müssen als spezifisches Isomer vorliegen (z.B. kann Laktatdehydrogenase nur L-Laktat in Pyruvat Pyruvat Glykolyse umwandeln und nicht das Isomer D-Laktat).
  • Gruppenspezifität: Enzyme reagieren mit einer spezifischen chemischen Gruppe (z.B. einer Aminogruppe), die sich auf dem Substrat befindet.
  • Reaktionsspezifität: Jedes Enzym kann nur einen bestimmten Reaktionstyp katalysieren (z.B. Hydrolyse).

Klassifikation

Enzymbenennung

Der erste Teil des Namens beschreibt das Substrat. Der letzte Teil beschreibt die Enzymfunktion. Im ersten Teil wird das Produkt beschrieben, wenn Folgendes zutrifft:

  • Das Produkt ist biochemisch wichtig (z.B. Pyruvatkinase).
  • Das Enzym gehört zu der Ligase-Kategorie (z.B. Glutaminsynthetase).
  • Ein Enzym mit der gleichen Funktion existiert bereits und wirkt auf das Substrat (z.B. Pyruvat-Dehydrogenase und Laktat-Dehydrogenase).

Enzymklassifikation

Tabelle: Enzymklassifikation
Hauptgruppe Katalytische Reaktion Wichtige Unterklassen (Beispiele)
Oxidoreduktasen Übertragung von Reduktionsäquivalenten (1 Elektron); Oxidierung des Elektronendonators und Erhöhung der Ladung, Reduktion des Elektronenakzeptors und Verringerung der Ladung Dehydrogenasen (Alkoholdehydrogenase), Oxidasen (Xanthinoxidase), Reduktasen (Glutathionreduktase)
Transferasen Übertragung ganzer Gruppen (z.B. Aminogruppen)
  • Aminotransferasen (Aspartataminotransferase [AST])
  • Phosphotransferasen (Glykogenphosphorylase)
Hydrolasen Hydrolytische Spaltung kovalenter Bindungen
  • Esterasen (Acetylcholinesterase)
  • Peptidasen/ Proteasen (α-Amylase)
Lyasen Aufbrechen von Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen oder einem Kohlenstoffatom und Sauerstoff oder Kohlenstoff und Schwefel
  • C-C-Lyasen (Aldolase)
  • C-O-Lyasen (Fumarase)
Isomerasen Umwandlung isomerer Moleküle ineinander ohne Änderung der Summenformel Cis-trans-Isomerasen (Peptidyl-prolyl-cis-trans-Isomerase, Phosphoglucoisomerase)
Ligasen Auch Synthetasen genannt, energieabhängige Verknüpfung von Verbindungen (z.B. abhängig von ATP)
  • C-C-Ligasen (Pyruvat-Carboxylase)
  • C-N-Ligasen (Glutaminsynthetase)

Isoenzyme, Coenzyme und Prosthetische Gruppen

Enzyme können modifiziert werden, um verschiedenen Organen die gleichen Aktivitäten zu ermöglichen oder damit Substanzen außerhalb der Substrat/Enzym/Produkt-Sequenz die Enzyme beeinflussen können.

Isoenzyme

  • Katalyse der gleichen Reaktionen, leichte Unterscheidung in ihrer Struktur (unterschiedliche Aminosäure-Sequenz) und den Organen, auf die sie wirken (Glykogenphosphorylase in den Muskeln vs. α-Glucosidase im Herzen)

Coenzyme

  • Kleine Hilfsmoleküle zur Ingangsetzung einer enzymatischen Reaktion
    • Fähigkeit der Enzymbindung
    • Erfüllung bestimmter Funktionen (Elektronenübertragung, Übertragung von organischen Stoffen)
    • Vitamine dienen oft als Vorläufer vieler organischer Kofaktoren.

Interaktion zwischen Enzymen, Coenzymen und Subtraten
Interaktion zwischen Enzymen, Coenzymen und Subtraten:

Das Coenzym bindet an das inaktive Enzym, es kommt zur Aktivierung des Enzyms und das Substrat kann an den Enzym-Coenzym-Komplex binden.

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Tabelle: Überblick wichtiger Coenzyme
Coenzyme Assoziiertes Vitamin Reaktionstyp Beispiele von Enzymen
Thiaminpyrophosphat B1 Oxidative Decarboxylierung Decarboxylierung Abbau von Aminosäuren Transketolase, Pyruvat-Dehydrogenase
FAD/FADH2 B2 Elektronentransfer Succinat-Dehydrogenasen
NAD+/NADP+ B3 Elektronentransfer Viele Dehydrogenasen
Lipoamid B4 Oxidative Decarboxylierung Decarboxylierung Abbau von Aminosäuren Pyruvat-Dehydrogenase
Coennzyme A (CoA) B5 Acyltransfer α-Ketoglutarat-Dehydrogenase
Pyridoxalphosphat B6 Transaminierung Transaminierung Abbau von Aminosäuren Alanin-Transaminase (ALT)
Biotin B7 Carboxylierung Pyruvat-Carboxylase
Tetrahydrofolat (THF) B9 Transfervon C1-Gruppe Purine-Synthese, Thymidylat-Synthase
5-Deoxyadenosylcobalamin B12 Intramolekulare Umlagerungen Homocystein-Methyltransferase, Methylmalonyl-CoA-Mutase

Prosthetische Gruppen

  • Spezifische nicht-Polypeptid-Einheiten mit fester Bindung an das Enzym und erforderlich für die biologische Funktion einiger Enzyme
  • Dauerhafte Bindung an das Enzym
 Interaktion zwischen Enzym, prosthetischer Gruppe und Substrat

Interaktion zwischen Enzym, prosthetischer Gruppe und Substrat: Die prothetische Gruppe ist dauerhaft mit dem Enzym verbunden und sorgt für die Funktionsfähigkeit des Enzyms.

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Klinische Relevanz

Die folgenden Erkrankungen werden durch einen Enzymmangel verursacht:

  • Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase Mangel: X-chromosomal rezessiv vererbbar. Kann eine episodische intravaskuläre hämolytische Anämie hämolytische Anämie Anämie: Überblick und Formen verursachen, ausgelöst durch Infektionen, bestimmte Medikamente, Stress oder Lebensmittel wie Favabohnen, mit allen Symptomen und Anzeichen einer hämolytischen Anämie Anämie Anämie: Überblick und Formen wie Gelbsucht, Blässe, Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot), Müdigkeit und Tachykardie. Es kann auch einen Neugeborenenikterus verursachen.
  • Galaktosämie Galaktosämie Galaktosämie: die häufigste und schwerste Form der Galaktosämie Galaktosämie Galaktosämie und entsteht durch einen Mangel an Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase. Tage nach der Geburt treten folgende klinische Symptome auf: Lethargie, Gedeihstörung Gedeihstörung Gedeihstörung, Gelbsucht und andere Anzeichen einer Leberschädigung.
  • Chronische Granulomatose: chronische Erkrankung, die durch Granulombildung gekennzeichnet ist. Die phagozytischen Zellen sind nicht in der Lage bakterientötende Superoxide zu produzieren, was auf einen Defekt in der Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat-Oxidase in den Zellen hindeutet.
  • Lysosomale Speicherkrankheiten: eine Gruppe genetisch bedingter Stoffwechselstörungen, die durch lysosomale Defekte verursacht werden und zu einer Anhäufung von unverdauten Stoffwechselprodukten und zum Zelltod Zelltod Zellschäden und Zelltod führen:
    • Morbus Gaucher: Erbkrankheit, die aufgrund eines Mangels an saurer β-Glucosidase zu einer Anhäufung von unverdauten Glykolipidsubstraten in den Zellen führt.
    • Morbus Krabbe Morbus Krabbe Morbus Krabbe: Diese auch als Globoidzell-Leukodystrophie bezeichnete Erkrankung entsteht durch eine mangelhafte Aktivität der Galactozerebrosidase.
    • Morbus Tay-Sachs: Entsteht durch einen Mangel an Hexosaminidase A. Diese autosomal rezessiv vererbte Lipidspeicherkrankheit führt zu Blindheit, Hypotonie Hypotonie Hypotonie, fortschreitendem kognitiven Verfall und Krampfanfälle Krampfanfälle Krampfanfälle im Kindesalter.

Quellen

  1. Rassow et al.: Duale Reihe Biochemie.2. Auflage Thieme 2008, ISBN: 978-3-131-25352-1.
  2. Zeeck: Chemie für Mediziner. 8. Auflage Urban & Fischer 2014, ISBN: 978-3-437-42444-1.
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