Funktionelle Gruppen sind Atomgruppen in größeren Molekülen, die die besonderen Eigenschaften dieses Moleküls ausmachen. Auch die Reaktivität mit anderen Stoffen wird maßgeblich von funktionellen Gruppen beeinflusst. Unter Kenntnis vorhandener funktioneller Gruppen lassen sich charakteristische Merkmale einer Verbindung leicht ableiten. Zu den funktionellen Gruppen gehören beispielsweise die Hydroxylgruppe, die Carbonyl- und die Carboxylgruppe. Wegen des Besitzes gleicher funktioneller Gruppen können viele Moleküle in Stoffklassen eingeteilt werden.
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Lernleitfaden
Medizin ➜
Organische Verbindungen mit einer Hydroxylgruppe als funktionelle Gruppe sind die Alkohole. Sie tragen in ihrem Namen oft die Endung –ol. In Enolen ist das C-Atom mit der Hydroxylgruppe über eine Doppelbindung mit einem benachbarten C-Atom verbunden. Phenole sind Benzolringe mit einer OH-Gruppe.
Die Unterscheidung von primären und sekundären Alkoholen richtet sich nach der Anzahl der C-Verbindungen, die neben der Hydroxylgruppe noch eingegangen werden. Als einwertige, zweiwertige oder mehrwertige Alkohole werden solche Verbindungen mit einer, zwei oder mehreren Hydroxylgruppen bezeichnet. Sie können im Namen die Endung -di-ol, -tri-ol, usw. tragen.
Die Hydroxylgruppe trägt hydrophilen Charakter. Durch die höhere Elektronegativität des Sauerstoffatoms wird das Elektronenpaar vom Wasserstoffatom näher herangezogen, sodass beim Sauerstoffatom ein negativer Ladungsschwerpunkt entsteht. Sie ist also auch eine polare Gruppe. Damit werden die Wasserlöslichkeit der organischen Verbindung sowie die Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen gefördert.
In der Regel liegen Alkohole daher im flüssigen Aggregatzustand vor und verfügen über hohe Siedetemperaturen.
Der Elektronenüberschuss des Sauerstoffs macht die Hydroxylgruppe außerdem nucleophil, d. h. „kernliebend“. Es wird daher leicht eine Reaktion mit Verbindungen mit Elektronendefizit eingegangen. Die Gruppe kann also sowohl Protonen abgeben als auch Protonen aufnehmen. Sie ist amphoter bzw. gleichzeitig eine schwache Base und eine schwache Säure.
Aus selbigem Grund kann das Wasserstoffatom leicht abgegeben werden. Bei einer solchen Reaktion, die eine Oxidation darstellt, entstehen Aldehyde Aldehyde Chemie der Kohlenhydrate (wenn ein primäres Alkohol reagiert) oder Ketone Ketone Chemie der Kohlenhydrate (wenn ein sekundäres Alkohol reagiert). Wird das Wasserstoffatom nicht nur abgegeben, sondern auch ersetzt, so wird ein Ether erhalten: R1-O-R2. Die Abgabe der gesamten Hydroxylgruppe ist eine Dehydratisierungsreaktion. Dabei entsteht ein Alken und Wasser.
Hydroxylgruppe
Bild: „Hydroxy Group Structural Formulae“ von Jü. Lizenz: Public DomainEther sind im Gegensatz zu Alkoholen hydrophob und können nur Protonenakzeptoren sein. Sie gehen also keine Wasserstoffbrückenbindungen ein. Bei Zimmertemperatur sind sie daher gasförmig und auch ihre Siedetemperatur ist niedrig.
Steht ein Schwefelatom anstelle des Sauerstoffs einer Hydroxylgruppe, so wird von einem Thiol oder Mercaptan gesprochen. Sie sind azider als die Alkohole, das Wasserstoffatom wird lieber abgegeben. Grund ist die höhere Stabilität des entstehenden Thiolat-Ions im Vergleich zum Alkoholat. Das Schwefelatom ist größer, sodass die negative Ladung weniger auffällt.
Die Wasserstoffbrückenbindungen, die zwischen Thiolen eingegangen werden, sind etwas schwächer als die unter Alkoholen, sodass auch die Siedetemperaturen im Vergleich etwas niedriger sind.
Bei einer Substitutionsreaktion, nach der ein neuer Rest anstelle des Wasserstoffatoms tritt, entsteht analog zu den Alkoholen ein Ether, der hier als Thioether bezeichnet wird. In der Medizin haben Thiole eine besondere Bedeutung bei Schwermetallvergiftungen. Da sie mit diesen Komplexe bilden, wird sie zur Entgiftung eingesetzt.
Die Aminogruppe leitet sich vom einfachen Molekül des Ammoniaks (NH3) ab. Unter Enaminen wird (wieder analog zu den Alkoholen) Verbindungen mit C-C-Doppelbindungen verstanden, wobei eines dieser C-Atome eine Aminogruppe trägt. Ein Benzolring mit einer Aminogruppe trägt den Namen Anilin.
Auch hier werden die Beinamen primär, sekundär und tertiär vergeben, wobei sie sich nicht nach dem C-Atom richten, sondern nach der Anzahl der Reste, die direkt am N-Atom hängen.
Die Aminogruppe zeichnet sich durch ihre Basizität aus: Sie ist ein guter Protonenakzeptor, weil das N-Atom noch über ein freies, ungebundenes Elektronenpaar verfügt.
Über dieses können sich auch positiv geladene Substituenten anlagern. Durch diese Salzbildungsreaktion erhält dann das gesamte Molekül eine positive Ladung. In der Natur kommen viele stickstoffhaltige Heterocyclen vor. Wichtig sind:
In der Carbonylgruppe ist ein C-Atom über eine Doppelbindung mit einem Sauerstoffatom verbunden. Zusätzlich trägt es zwei Reste und das entsprechende Molekül wird Keton genannt. Ist eines der Reste ein Wasserstoffatom und ist die funktionelle Gruppe somit automatisch endständig, wird von einer Aldehydgruppe gesprochen. Aldehyde Aldehyde Chemie der Kohlenhydrate sind reaktiver als Ketone Ketone Chemie der Kohlenhydrate. Die Siedetemperatur ist höher als die der Alkane, aber niedriger als die der Alkohole.
Auch die Carbonylgruppe ist eine polare funktionelle Gruppe. Das C-Atom stellt ein elektrophiles Zentrum dar und kann von Nucleophilen angegriffen werden. Das pi-Elektronenpaar würde sich dann zum Sauerstoffatom hin verschieben, welches in Folge dessen ein Wasserstoffatom anlagert. Die Carbonylgruppe wird zur Hydroxylgruppe.
Das Sauerstoffatom ist hingegen ein nucleophiles Zentrum, an das Elektrophile angreifen können. Dieser einzigartige Reaktionsraum nimmt in der Biochemie eine große Bedeutung ein.
Die Aldehyd- bzw. Carbonylgruppe geht viele typische Reaktionen ein:
Eine besondere Reaktion von Aldehyden ist des Weiteren die sogenannte Aldolkondensation: Zwei Aldehydmoleküle reagieren im basischen Milieu miteinander. Im ersten Schritt wird ein Proton an Hydroxidionen abgegeben. Das Molekül wird dadurch zum Anion (Carbanion), welches nucleophil wirkt und ein weiteres Aldehyd angreift. Es bildet sich ein Aldehyd-Alkohol oder Aldol, was instabil ist. Unter Wasserabspaltung (Kondensation) entsteht ein Aldehyd mit einer C-C-Doppelbindung. Auf diesem Weg bilden sich längere Ketten und Makromoleküle.
Tipp: Zur Erkennung des kleineren zugrunde liegenden Aldehydes wird das Molekül bei der Doppelbindung geteilt. Der einen Hälfte wird eine OH-Gruppe hinzugefügt, die andere Hälfte wird mit H-Atomen gesättigt.
Ketone Ketone Chemie der Kohlenhydrate weisen außerdem eine sogenannte Keto-Enol-Tautomerie auf. Anders als bei der Mesomerie handelt es sich hierbei um zwei verschiedene existente Formen eines Ketons, die durch intramolekulare Umlagerung eines Protons über die Zwischenstufe des Enolats ineinander übergehen. In der Regel liegt das Tautomeriegleichgewicht auf der Seite der Ketoform.
Eine Ausnahme stellt das Phenol dar, bei dem das Gleichgewicht auf die Seite der Enolform verschoben ist, da die Ketoform keine Aromatizität aufweist.
Die Carbonsäure ist gekennzeichnet durch eine Carboxylgruppe, in der ein C-Atom über eine Doppelbindung mit einem Sauerstoffatom und über eine Einfachbindung mit einer Hydroxylgruppe verbunden ist.
Carbonsäuren gehen aus einer Oxidation von Aldehyden hervor. Die Rückreaktion ist eine
Decarboxylierung
Decarboxylierung
Abbau von Aminosäuren, wobei CO2 abgespalten wird.
Fettsäuren
Fettsäuren
Fettsäuren und Lipide, die zu den Grundnahrungsbestandteilen gehören, sind zum Beispiel Carbonsäuren.
Reagiert eine Carbonsäure mit einer Base, kommt es zur Salzbildung. Wird die Hydroxylgruppe durch andere Reste ersetzt, entstehen sogenannte Carbonsäurederivate, also Abkömmlinge der Carbonsäure. Zu solchen gehören folgende Verbindungen: