Enterobacteriaceae: Yersinien/Yersiniose

Yersinien sind gramnegative Stäbchenbakterien, die fakultativ anaerob sind und bei der Färbung eine Bipolarität aufweisen. Es gibt zwei enteropathogene Spezies, die Yersiniose verursachen: Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis. Die Infektion äußert sich als Enterokolitis und mesenteriale Lymphadenitis, die klinisch einer Appendizitis Appendizitis Appendizitis ähnelt (Pseudoappendizitis). Die Bakterien werden durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser übertragen. Zu den Symptomen gehören Fieber Fieber Fieber, abdominelle Schmerzen und/oder Diarrhoe. Die gastrointestinale Erkrankung ist in der Regel selbstlimitierend. Antibiotika werden bei schweren Infektionen und bei Patient*innen mit geschwächtem Immunsystem verabreicht.

Aktualisiert: 23.06.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Klassifikation

Flussdiagramm zur Klassifizierung gramnegativer Bakterien

Gramnegative Bakterien:
Die meisten Bakterien können nach einem Laborverfahren namens Gram-Färbung klassifiziert werden.  
Bakterien mit Zellwänden, die eine dünne Peptidoglykanschicht aufweisen, werden durch die Kristallviolettfärbung, die bei der Gram-Färbung verwendet wird, nicht eingefärbt. Diese Bakterien binden jedoch die Safranin-Gegenfärbung und erscheinen daher auf der Färbung rosa-rot, wodurch sie als gramnegativ eingestuft werden können. Diese Bakterien lassen sich nach ihrer Morphologie und ihrer Fähigkeit, in Gegenwart von Sauerstoff zu wachsen, weiter unterteilen. Die Bakterien können genauer identifiziert werden, indem man sie auf speziellen Nährböden züchtet, wo ihre Enzyme identifiziert und ihre Fähigkeit, Laktose zu vergären, getestet werden kann. 
* Färbt schlecht auf Gram-Färbung 
**Pleomorphe Stäbchen/kokkoide Stäbchen 
*** Erfordert besondere Transportmittel

Bild von Lecturio.

Allgemeine Merkmale

Eigenschaften des Erregers Yersinia spp.

  • Struktur: Stäbchen
  • Gram-Färbung: gramnegativ
  • Andere Färbung(en):
    • Wright-Färbung, Giemsa-Färbung und Wayson-Färbung
    • Bipolarität, “Sicherheitsnadelform”
  • Sporenbildung: nicht sporenbildend
  • Invasion und Replikation in Bezug auf die Wirtszelle(n): fakultativ intrazellulär
  • Sauerstoffbedarf: fakultative Anaerobier
  • Enzyme Enzyme Grundlagen der Enzyme/biochemische Tests:
    • Oxidase negativ
    • Laktose negativ

Klinisch relevante Arten

Yersinien verursachen Krankheiten bei Tieren; der Mensch ist in der Regel ein zufälliger Wirt. Drei Arten sind für den Menschen krankheitserregend:

  • Enteropathogene Yersinien, die Yersiniose (Durchfallerkrankung) verursachen:
    • Y. pseudotuberculosis
    • Y. enterocolitica
  • Y. pestis (nicht enteropathogen, verursacht aber die Pest; wird gesondert behandelt)
Computergeneriertes 3D-Bild von Yersinia enterocolita

Dreidimensionales (3D) computergeneriertes Bild von Y. enterocolitica in länglicher Form

Bild: “3D computer generated image of Yersinia enterocolitica” von Jennifer Oosthuizen. Lizenz: Public Domain.

Epidemiologie

  • Yersiniose: meist verursacht durch Y. enterocolitica
  • Inzidenz am höchsten bei Kindern
  • Durchfall Durchfall Durchfall (Diarrhö) ist das häufigste Symptom bei Infektion von Kindern unter 4 Jahren.

Pathogenese

Reservoirs und Infektionsweg

  • Reservoir: Vieh, Nagetiere, Haustiere
  • Übertragung:
    • Durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser (Schweinefleisch, Milch oder Milchprodukte)
    • Blutprodukte

Virulenzfaktoren

  • Lipopolysaccharid-Endotoxin: führt zu systemischer Toxizität bei Bakteriämie
  • Typ-III-Sekretionssystem:
    • Injiziert Yops (Yersinia outer proteins) in die Wirtszelle
    • Yops löst zytotoxische Vorgänge aus und hemmt die Phagozytose sowie biochemische Vorgänge.
  • Pathogenitätsinsel (high-pathogenicity island, HPI):
    • Kodiert für ein Eisen-bindendes Siderophor: Yersiniabactin
    • Yersiniabactin verleiht dem Bakterium die Fähigkeit, Eisenmoleküle aufzunehmen, die es für sein Wachstum und seine Ausbreitung benötigt.
  • Regulierung der Virulenz durch Temperatur und Kalzium Kalzium Elektrolyte:
    • Die Expression von Yersinia-Virulenzfaktoren wird durch Temperatur und freies Kalzium Kalzium Elektrolyte beeinflusst.
    • Physiologisch gesehen unterscheidet sich die Temperatur des Säugetierwirts von der eines Insekts.
    • Ebenso ist die Kalziumkonzentration intrazellulär anders als in extrazellulären Flüssigkeiten.
    • Yersinia: in der Lage, die Virulenzfaktoren auf der Grundlage der oben genannten Maßnahmen anzupassen, wobei der Lebenszyklus in der Umwelt oder im Wirt fortgesetzt wird
  • Enteropathogene Yersinien: besitzen Invasin, das sich an die Oberfläche von Wirtszellen bindet

Krankheitsverlauf

  • Der Organismus aus kontaminierten Lebensmitteln dringt in den Wirt ein und dringt in die M-Zellen der Peyer-Plaques des Darms ein.
  • Die Invasion wird durch Virulenzfaktoren begünstigt.
  • Bildet Mikroabszesse im lymphatischen Gewebe des Darms und in den regionalen mesenterialen Lymphknoten Lymphknoten Lymphsystem
  • Darminfektion → Diarrhö (Yersiniose), Unterleibsschmerzen, Fieber Fieber Fieber

Klinik

Enterokolitis

Pseudoappendizitis

Postinfektiöse Folgeerscheinungen

Transfusionsbedingte Septikämie

  • Y. enterocolitica in Erythrozyten Erythrozyten Erythrozyten eines asymptomatischen Spendenden
  • Der Organismus kann sich in gekühltem Blut bis auf toxische Werte vermehren.

Diagnostik

Diagnostische Methoden

  • Probe(n), die verwendet werden können:
    • Stuhl (bevorzugt bei gastrointestinaler Symptomatik)
    • Pharyngeale Exsudate
    • Peritonealflüssigkeit oder Blut
    • Mesenteriallymphknoten/chirurgisches Präparat bei chirurgischer Exploration
  • Abstrich und Kultur:
    • Bipolare Färbung in Wright-, Giemsa- oder Wayson-Färbung
    • Fluoreszierende Antikörperfärbungen, die auf das kapsuläre F1-Antigen abzielen
    • Proben, die in Blutagar, MacConkey-Agarplatten und Hirn-Herz-Infusionsbouillon kultiviert wurden
    • Yersinia-spezifischer Nährboden: Cefsulodin, Irgasan, Novobiocin (CIN) Agar
  • Serologie: Antikörpertiter 1:16 oder höher (bei einem nicht geimpften Patient*innen)
  • Spezifische Polymerase-Kettenreaktion Polymerase-Kettenreaktion Polymerase-Kettenreaktion (PCR) (PCR)
Yersinia enterocolitica gram

Yersinia enterocolitica: Mikroskopische Aufnahme einer gramgefärbten Kultur, die das Vorhandensein zahlreicher gramnegativer Y. enterocolitica-Bakterien zeigt

Bild: “Yersinia enterocolitica gram” von der CDC. Lizenz: Public Domain.

Therapie

Behandlung

  • Diarrhö ist in der Regel selbstlimitierend
  • Flüssigkeits- und Elektrolytersatz
  • Falls erforderlich:
    • Ciprofloxacin
    • Trimethoprim-Sulfamethoxazol
  • Antibiotika bei Bakteriämie:
  • Chirurgische Exploration: akute mesenteriale Lymphadenitis versus Appendizitis Appendizitis Appendizitis (wenn ein akutes Abdomen Akutes Abdomen Akutes Abdomen nicht ausgeschlossen werden konnte)

Prävention

  • Hygienemaßnahmen
  • Vermeiden Sie den Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch.
  • Routinemäßige Aufbereitung von kommunalem Wasser
  • Untersuchung von Erythrozytenkonzentraten auf Endotoxin (zur Verringerung der transfusionsbedingten Septikämie)

Differentialdiagnosen

Quellen

  1. Bach, S., Buchreiser, C., Prentice, M., Guiyoule, A., Msadek, T., & Carniel, E. (1999). The High-Pathogenicity Island of Yersinia enterocolitica Ye8081 Undergoes Low-Frequency Deletion but Not Precise Excision, Suggesting Recent Stabilization in the Genome. Infect Immun. 67(10), 5091–5099.
  2. Prentice, M.B. (2018). Plague and other yersinia infections. In Jameson J, et al. (Ed.) Harrison’s Principles of Internal Medicine, 20th ed. McGraw-Hill.
  3. Riedel S, Hobden J.A., Miller S, et al. (Eds.) (2019). Yersinia and pasteurella. In Jawetz, Melnick, & Adelberg’s Medical Microbiology, 28th ed. McGraw-Hill.
  4. Ryan, K.J. (Ed.). (2017). Enterobacteriaceae. In Sherris Medical Microbiology, 7th ed. McGraw-Hill. 
  5. Tauxe, R., Calderwood, S., Kaplan, S., & Bloom, A. (2019). Clinical manifestations and diagnosis of Yersinia infections. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/clinical-manifestations-and-diagnosis-of-yersinia-infections (Zugriff am 6. Januar 2021).
  6. Tauxe, R., Calderwood, S., Kaplan, S., & Bloom, A. (2019). Treatment and prevention of Yersinia enterocolitica and Yersinia pseudotuberculosis infection. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/treatment-and-prevention-of-yersinia-enterocolitica-and-yersinia-pseudotuberculosis-infection (Zugriff am 6. Januar 2021).
  7. Tauxe, R., Calderwood, S., & Bloom, A. (2019). Microbiology and pathogenesis of Yersinia infections. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/microbiology-and-pathogenesis-of-yersinia-infections (Zugriff am 6. Januar 2021).
  8. Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber. (2019). Yersiniose. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Yersiniose.html;jsessionid=9D8E679987DF084C4847A1D904B4F449.internet052 (Zugriff am 26.05.2022)