Dissektion der Carotiden und der A. vertebralis

Dissektionen der Carotiden Carotiden Carotiden und ihre Abgänge und A. vertebralis sind Aufspaltungen der Wandschichten mit Verlust der strukturellen Integrität der Gefäßwand. Meist kommt es durch Einriss der Intima (innerste Schicht) oder Vasa vasorum zur Ausbildung eines falschen Lumens zwischen den Wandschichten und es entsteht ein intramurales Hämatom. Dies kann zu einem Aneurysma, einer Stenose oder einem Verschluss führen. Die Patient*innen stellen sich typischerweise mit einseitigen Kopf- oder Nackenschmerzen Nackenschmerzen Nackenschmerzen und/oder schlaganfallähnlichen Symptomen vor. Dissektionen entstehen meist spontan, durch Traumata oder Nackenmanipulationen. Zur Diagnosesicherung ist eine Bildgebung erforderlich. Die Therapie erfolgt mittels Thrombozytenaggregationshemmern, Thrombolysetherapie oder interventionellen Verfahren.

Aktualisiert: 20.02.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Bei der Dissektion einer Arterie kommt es zur Aufspaltung der Gefäßwand, meist durch Einriss der Intima (innersten Schicht). Die strukturelle Integrität der Arterienwand wird aufgehoben und es kommt zur Ansammlung von Blut zwischen den Schichten mit Ausbildung eines Hämatoms in der Gefäßwand.

Epidemiologie

  • Mittleres Erkrankungsalter: 40-45 Jahre
  • Häufige Schlaganfallursache bei jungen Patienten*innen (bis zu 25 % der Insulte bei jüngeren Patienten*innen unter 50 Jahre)
  • Das Geschlechterverhältnis ist annähernd gleich
  • Dissektionen der Carotiden Carotiden Carotiden und ihre Abgänge kommen häufiger vor als Dissektionen der A. vertebralis.
  • Durchschnittliche jährliche Inzidenz: Carotisdissektion: 2,5-3/100 000, Vertebralisdissektion: 0,97-1,5/100 000

Ätiologie

Pathophysiologie und Klinik

Pathophysiologie

Entstehung einer Dissektion:

  • Die Dissektion entsteht durch die Aufspaltung der Schichten der Gefäßwand.
  • Es kommt zur Ausbildung eines falschen Lumens.
  • Blut kann durch einen Riss in der Intima oder durch den Einriss der Vasa vasorum in das falsche Lumen gelangen. Auch Einblutungen aus den Vasa vasorum in die äußeren Schichten der Gefäßwand können sekundär zum Einriss der Intima führen.
  • Es kommt zur Entstehung eines intramuralen Hämatoms.
  • Die Erweiterung des falschen Lumens in das wahre Lumen führt zu einem Doppelkanal.
Prozess der Dissektionsbildung

Prozess der Dissektionsbildung

Bild von Lecturio

Häufigste Lokalisationen:

  • Extrakranielle Dissektionen sind häufiger als intrakranielle.
  • A. carotis interna 2 cm oberhalb der Carotisgabel
  • A. vertebralis:
    • Zervikale Querfortsätze C2–C6
    • Segment zwischen C2 und Foramen magnum

Pathophysiologische Auswirkungen:

  • Ein Einriss der Intima führt in der Regel zu einer Stenosierung des Gefäßlumens oder einem Gefäßverschluss.
  • Eine Minderdurchblutung oder die Ausbildung von Thromben, aufgrund der Aktivierung des Gerinnungssystems, können zu einem ischämischen Schlaganfall führen.
  • Subadventitielle Dissektionen können zur Ausbildung von Aneurysmen führen.
  • Die Symptome können durch ein Aneurysma entstehen, das benachbarte Strukturen komprimiert und eine Dilatation der Gefäßwand.
  • In seltenen Fällen kann die Dissektion dünner intrakranieller Arterien Arterien Arterien zu Gefäßrupturen und Hirnblutungen führen.
Anatomie der Wirbel- und Halsschlagadern

Anatomie der A. vertebralis und A. carotis

Bild : „2122 gemeinsame Halsschlagader“ von OpenStax College. Lizenz: CC BY 3.0

Klinik

Lokale Symptome:

  • Einseitige Kopf-, Gesichts- oder Nackenschmerzen Nackenschmerzen Nackenschmerzen (häufigste Symptome)
  • Pulsierender Tinnitus (pulssynchron)
  • Starke okzipitale Schmerzen (bei Dissektion einer Vertebralarterie)
  • Partielles Horner-Syndrom Horner-Syndrom Horner-Syndrom:
    • Verlauf von sympathischen Fasern
    • Miosis und Ptosis
    • Normalerweise keine Anhidrose, da sympathische Fasern, die Schweißdrüsen innervieren, der A. carotis externa folgen, während die Dissektion normalerweise die A. carotis interna betrifft.
  • Kraniale oder zervikale Neuropathien:
    • Besonders häufig ist der N. hypoglossus betroffen
    • Bei Dissektion der A. vertebralis kann es zum Ausfall der basalen Hirnnervenwurzeln kommen (selten)

Ischämische Symptome:

  • Schlaganfälle oder transitorische ischämische Attacken (TIAs) meist im Gebiet der A. cerebri media oder anterior
  • Carotiden Carotiden Carotiden und ihre Abgänge:
    • Kontralaterale Parese
    • Einseitige Sehstörung
    • Parese der oberen Extremitäten
    • Aphasie
    • Ipsilaterale Gesichtsschwäche
  • A. vertebralis (vertebrobasiläre Ischämie):
    • Ipsilateraler Gesichtsschmerz und Taubheitsgefühl (Dysästhesie)
    • Schmerz- und Temperaturverlust im ipsilateralen Gesichtsbereich und kontralateralen Rumpf/Extremitäten
    • (Wallenberg)-Syndrom: Hirnstamminfarkt:
    • Zervikale Ischämie

Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung (SAB):

  • Selten
  • Kann aus einer intrakraniellen Dissektion einer Arterie resultieren

Diagnostik

Anamnese

Körperliche Untersuchung

Bildgebende Verfahren

  • Goldstandard ist das MRT MRT Magnetresonanztomographie (MRT)/MRA (die aussagekräftigsten bildgebenden Verfahren). Eine Alternative stellt die CT-Angiographie (CTA) dar:
    • Hohe Sensitivität und Spezifität
    • Charakteristische Befunde:
      • „String-Sign“ (Kontrastmittelansammlung distal einer Stenose der A. carotis interna)
      • Stenosen und Kalibersprünge
      • Intimalefze
      • Aneurysma dissecans mit falschem Lumen („Pseudolumen“)
      • Intramurales Hämatom: spindelförmige Gefäßauftreibung
  • Arterielle Duplex und transkranielle Doppler:
    • Kann als Screening-Test oder zur Verlaufskontrolle unter Therapie verwendet werden
    • Relativ geringe Empfindlichkeit
    • Eher ungeeignet zur Darstellung von Dissektionen nahe der Schädelbasis oder Dissektionen der A. vertebralis innerhalb der Foramina transversa
  • Konventionelle Angiographie Angiographie Herzchirurgie:
    • Invasiv
    • Wird verwendet, wenn das klinische Erscheinungsbild auf eine Dissektion hinweist und keine eindeutige Diagnosestellung durch die anderen Verfahren möglich ist.

Therapie

Lokale nichtischämische Symptome

  • Bedürfen keiner speziellen Behandlung
  • Zur Schlaganfallprävention wird eine Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern bevorzugt, wobei in Einzelfällen auch oralen Antikoagulatien zum Einsatz kommen.

TIA TIA Transitorische ischämische Attacke (TIA) oder Schlaganfall

  • Die Behandlung entspricht der Therapie eines ischämischen Schlaganfalls
  • Eine Thrombolysetherapie wird erst begonnen, nachdem eine intrakranielle Blutung mittels cCT ausgeschlossen wurde.
  • Akute Phase:
    • Für Patienten*innen im „Thrombolyse-Zeitfenster“, unter Ausschluss von absoluten Kontraindikationen, wird eine systemische Lysetherapie mit Alteplase (rt-PA) empfohlen.
    • Zeitfenster für die Thrombolysetherapie: innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn
    • Interventionelle Verfahren (Thrombektomie, Coiling, Clipping) können nach individueller Abwägung oder bei Versagen der konservativen Therapie zum Einsatz kommen.
    • Manche Studien weisen darauf hin, dass gewisse Patient*innenenkollektive auch noch von einer späteren Thrombektomie (bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn) profitieren können.
    • Notfall-Stent-Implantationen können in erfahrenen Zentren durchgeführt werden.
  • Außerhalb der akuten Phase:
    • Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer oder orale Antikoagulatien (in Einzelfällen) werden empfohlen.
    • Da bei intrakraniellen Dissektionen das Blutungsrisiko erhöht ist, sollten orale Antikoagulatien vermieden werden. Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer sind hier Mittel der ersten Wahl.
    • Nach Thrombolysetherapie sollte 24 Stunden gewartet werden, bevor mit einer antithrombozytären Therapie oder Antikoagulation begonnen wird.
    • Wenn keine Thrombolysetherapie erfolgt ist, kann unmittelbar mit Thrombozytenaggregationshemmern oder oralen Antikoagulatien therapiert werden
  • Eine interventionelle Therapie ist nur in Einzelfällen indiziert und sollte erfolgen, wenn die konservative Therapie nicht ausreicht.

Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung (SAB)

  • Neurochirurgischer/Endovaskulärer Eingriff
  • Zu den verfügbaren Methoden gehören:
    • Coiling oder Clipping
    • Bypass
    • Embolisation
    • Stent

Differentialdiagnosen

  • Rupturiertes Aneurysma: Eine Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung Subarachnoidalblutung (SAB) führt zu einem plötzlichen, starken „Vernichtungskopfschmerz“. Die Diagnose einer akuten Blutung kann mit einer cCT nativ gestellt werden. Die Behandlung des Aneurysmas umfasst neurochirurgische Gefäßeingriffe wie Clipping und Embolisation, sowie endovaskuläres Coiling.
  • Carotisstenose Carotisstenose Carotisstenose: Artherosklerose der Carotiden Carotiden Carotiden und ihre Abgänge, die zu einer Verengung der A. carotis communis und interna führt: Die Carotisstenose Carotisstenose Carotisstenose ähnelt symptomatisch einem ischämischen Schlaganfall oder eine TIA TIA Transitorische ischämische Attacke (TIA), ähnlich einer Dissektion der A. carotis. Die Diagnosestellung erfolgt mithilfe einer Bildgebung (meist cCT). Die Therapie hängt vom Stenosegrad ab. Die langfristige Therapie erfolgt durch Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer Thrombozytenaggregationshemmer und eine chirurgische Karotis-Thrombektomie.
  • Vertebrobasiläre Insuffizienz: Stenose der Wirbel- und Basilararterien durch Arteriosklerose: Die vertebrobasiläre Insuffizienz führt zu einer verminderten Durchblutung in diesem Stromgebiet. Zu den Symptomen zählen Schwindel, Taubheit, undeutliche Sprache, Schwäche, Verwirrung und Koordinationsprobleme. Die Diagnose kann mittels MRA oder CTA gestellt werden. Therapeutisch steht das Blutdruckmanagement, Lebensstiländerungen und die Lipidsenkung im Vordergrund.
  • Migräne Migräne Migräne: ein wiederkehrender Kopfschmerz unterschiedlicher Intensität und Charakteristik: Migräne Migräne Migräne kann manchmal von Sehstörungen, fokalen neurologischen Defiziten, Photophobie und Phonophobie Phonophobie Spezifische Phobien begleitet werden. Die Diagnose erfolgt klinisch und die Behandlung umfasst eine Vielzahl von Medikamenten, wie NSAR, Triptane Triptane Triptane und Mutterkornalkaloide, Acetylsalicylsäure, Koffein Koffein Stimulanzien und Sauerstoff.
  • Horner-Syndrom Horner-Syndrom Horner-Syndrom: sympathische Störung, gekennzeichnet durch eine verengte Pupille Pupille Physiologie und Anomalien der Pupille (Miosis), Herabhängen des Oberlids (Ptosis), vermindertes Schwitzen im Gesicht (Anhidrose) und Enophthalmus: häufig ist ein Pancoast-Tumor die Ursache. Dabei handelt es sich um ein Karzinom der Lungenspitze, welches das Ganglion stellatum und sympathische Fasern infiltriert. Die Dissektion der A. carotis interna kann ein partielles Horner-Syndrom Horner-Syndrom Horner-Syndrom verursachen und ist gekennzeichnet durch das Fehlen der Anhidrose.

Quellen

  1. Blum, C. A., Yaghi, S. (2015). Cervical artery dissection: a review of the epidemiology, pathophysiology, treatment, and outcome. Archives of Neuroscience 2(4):e26670. https://doi.org/10.5812/archneurosci.26670
  2. Arnold, M., Bousser, M. (2005). Carotid and vertebral artery dissection. Practical Neurology 5(2):100–109. https://www.researchgate.net/publication/238331335_Carotid_and_Vertebral_Artery_Dissection
  3. Baumgartner, R.W., et al. (2001). Carotid dissection with and without ischemic events: local symptoms and cerebral artery findings. Neurology 57(5):827–832. https://doi.org/10.1212/wnl.57.5.827
  4. Powers, et al. (2019). Guidelines for the early management of patients with acute ischemic stroke: 2019 update to the 2018 guidelines for the early management of acute ischemic stroke: a guideline for healthcare professionals from the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke 50(12):e344–e418. https://doi.org/10.1161/str.0000000000000211
  5. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. (2016). (S1) Leitlinie. Spontane Dissektionen der extrakraniellen und intrakraniellen hirnversorgenden Arterien. AWMF-Registernummer: 030/005. https://dgn.org/leitlinien/030-005-spontane-dissektionen-der-extrakraniellen-und-intrakraniellen-hirnversorgenden-arterien-2016/ (Zugriff am 24.05.2022)
  6. Arning, Christian. (2002). Farbkodierte Duplexsonographie der hirnversorgenden Arterien. doi:10.1055/b-0034-5430
  7. Nogueira et al. (2018). Thrombectomy 6 to 24 Hours after Stroke with a Mismatch between Deficit and Infarct In: New England Journal of Medicine. doi: 10.1056/nejmoa1706442.

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