I. Eigenschaften und Aufgaben
Oft werden die Medien und damit auch der Rundfunk als „vierte Gewalt“ im Staat bezeichnet. Der Rundfunk, welcher sowohl Radio als auch Fernsehen umfasst, ist auch im Multimedia-Zeitalter weiterhin das wichtigste Massenmedium. Angesichts dieser enormen Wichtigkeit für die Meinungsbildung in der Bevölkerung und der Tatsache, dass das Fernsehen mit seinen bewegten Bildern in besonderem Maße glaubwürdig und authentisch auf den Bürger wirkt, kann der Staat den Rundfunk nicht einfach sich selbst überlassen.
Vielmehr muss gewährleistet werden, dass der Rundfunk die Bürger frei, umfassend und ausgewogen informiert, damit diese in die Lage versetzt werden, eigene politische und weltanschauliche Entscheidungen zu treffen.
Die Eigenschaften und Aufgaben des Rundfunks ergeben sich weniger aus einer einfachgesetzlichen Ausgestaltung, als vielmehr aus ständiger Rechtsprechung des BVerfG (Rundfunkurteile) zur Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. GG.
1. Gebot der Staatsferne (1. Rundfunkurteil, BVerfGE 12, 205)
Der Rundfunk soll frei sein von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme.
2. Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit (3. Rundfunkurteil, BVerfGE 57, 295)
Die Rundfunkfreiheit dient der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung.
Es muss im Rahmen der dualen Rundfunkordnung sichergestellt werden, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck kommt. Außerdem sollen alle gesellschaftlich relevanten Kräfte zu Wort kommen.
Darüber hinaus muss der Gesetzgeber ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten und den Jugendschutz sichern.
3. Grundversorgungsauftrag (4. Rundfunkurteil, BVerfGE 73, 118)
Der Grundversorgungsauftrag beinhaltet:
- die technische Gewährleistung des Rundfunkempfanges für die gesamte Bevölkerung
- ein inhaltlich umfassendes Programmangebot (Gebot der Programmvielfalt; sowohl Sendungen für die breite Masse als auch für Minderheiten)
- eine ungekürzte Darstellung der Meinungsvielfalt (Meinungspluralität)
Zusammengefasst und spezifiziert ist dieser Grundversorgungsauftrag in § 11 RStV (Rundfunkstaatsvertrag):
(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.
4. Bestandsgarantie (5. Rundfunkurteil, BVerfGE 74, 297)
Um den ihm übertragenen Aufgaben gerecht zu werden, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom Staat dementsprechend ausgestattet werden, d.h. der Staat muss die erforderlichen technischen, finanziellen, organisatorischen und personellen Bedingungen entsprechend sicherstellen.
5. Entwicklungsgarantie/Dynamische Grundversorgung (6. Rundfunkurteil, BVerfGE 83, 238)
Die Pflicht des Gesetzgebers erstreckt sich nicht nur auf die gegenwärtige Sicherung des Bestandes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern auch auf das zukünftige Bestehen in inhaltlicher und technischer Hinsicht. So müssen insbesondere auch neue Übertragungswege und -techniken erschlossen werden.
II. Aufbau
Grundsätzlich gibt es in Deutschland eine duale Rundfunkordnung, d.h. ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern.
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In seinem 3. Rundfunkurteil entwickelte das BVerfG das innenpluralistische und das außenpluralistische Modell. Bei ersterem muss das Gesamtprogramm eines jeden Rundfunkveranstalters ausgewogen sein, bei letzterem nicht das Programm an sich, aber die Meinungsvielfalt muss durch die Anzahl der Veranstalter gewährleistet werden. Die duale Rundfunkordnung stellt eine Kombination aus beiden Modellen dar.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zum einen in einem Verbund öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten organisiert, der ARD („Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“).
Es gibt derzeit neun Landesrundfunkanstalten:
- BR
- HR
- MDR
- NDR
- Radio Bremen
- RBB
- SR
- SWR
- WDR
Hinzu kommt außerdem die Anstalt des Bundesrechts Deutsche Welle.
Zum anderen gibt es noch die bundesweiten Rundfunkveranstalter ZDF und Deutschlandradio.
III. Rechtsgrundlagen
Rechtliche Grundlagen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind im Wesentlichen der Rundfunkstaatsvertrag und die einzelnen Landesrundfunkgesetze sowie Staatsverträge zwischen den Ländern (bspw. MDR-Staatsvertrag), welche teilweise in verschiedenen Punkten voneinander abweichen.
Hinzu kommen außerdem der ARD-Staatsvertrag, der ZDF-Staatsvertrag, der Deutschlandradio-Staatsvertrag, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, das Telemediengesetz und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder.
IV. Kontrollmechanismen und Aufsicht
Die Rundfunkanstalten unterliegen einer staatlichen Rechtsaufsicht, nicht jedoch Fachaufsicht. Wegen des Gebotes der Staatsferne sind sie nur einer begrenzten staatlichen Kontrolle zugänglich.
Allgemein sollen die Kontrollgremien nicht der Repräsentation von Interessen der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen im Sinne von Lobbyarbeit dienen, sondern die Meinungsvielfalt im Rundfunk sichern. Sie müssen unabhängig von Staatsorganen sein, Erfahrungen aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen einbringen und dadurch eine einseitige Einflussnahme von einzelnen Gruppen auf das Programm verhindern. Daher muss die Zusammensetzung der Gremien geeignet sein, diese Aufgabe zu erfüllen.
Folgende Steuerungs- und Kontrollorgane gibt es:
1. Rundfunkrat
Der Rundfunkrat vertritt die Interessen der Allgemeinheit und überwacht die Einhaltung der Programmgrundsätze und Meinungspluralität.
Dementsprechend muss auch er selbst sich pluralistisch aus Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Gruppen (z.B. Kirche) zusammensetzen. Es ist nicht so, dass der Rundfunkrat komplett frei ist von staatlichem Einfluss. So befinden sich darin auch Vertreter der jeweiligen Landesregierung und des Landtags. Wichtig ist nur, dass weder der Staat noch andere Hoheitsträger im Rundfunkrat dominieren.
Die Anzahl der Mitglieder schwankt zwischen 16 und 77 Mitgliedern, welche nicht weisungsgebunden sind.
Außerdem berät der Rundfunkrat den Intendanten, wobei seine Beschlüsse jedoch keine Bindungswirkung gegenüber dem Intendanten entfalten. Allerdings wählt der Rundfunkrat sowohl den Intendanten als auch den Verwaltungsrat.
2. Verwaltungsrat
Der Verwaltungsrat kontrolliert im Gegensatz zum Rundfunkrat nicht die inhaltliche, sondern die wirtschaftliche Tätigkeit der Rundfunkanstalt und die Geschäftsführung des Intendanten.
3. Intendant
Der Intendant ist für die Programmgestaltung und die generelle Geschäftsführung und somit den gesamten Betrieb verantwortlich und vertritt die Rundfunkanstalt nach außen hin. Er hat dafür zu sorgen, dass das Programm den gesetzlichen Vorgaben entspricht.