Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine Lungenerkrankung, die durch eine fortschreitende, weitestgehend irreversible Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion charakterisiert ist. Die Krankheit tritt meist bei Patient*innen mittleren bis höheren Alters auf und geht oft mit Nikotinabusus oder der Inhalation anderer Noxen einher. Symptome sind beispielsweise eine progressive Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot) und chronischer Husten und im Verlauf kann es zu Exazerbationen kommen. Bei der körperlichen Untersuchung können ein verlängertes Exspirium, ein Pfeifen und/oder ein abgeschwächtes Atemgeräusch festgestellt werden. Die Diagnose wird durch einen Lungenfunktionstest Lungenfunktionstest Lungenfunktionstests bestätigt. Die Behandlung umfasst im Idealfall eine Raucherentwöhnung, Lungenrehabilitation und Pharmakotherapie. Letztere richtet sich nach einem Stufenplan je nach Schweregrad der Krankheit.

Aktualisiert: 21.02.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

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Überblick

Definition

Die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine Erkrankung, bei der eine persistierende und i.d.R. progrediente Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion vorliegt. Sie geht mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion der Atemwege einher, die durch Inhalation von Partikeln über lange Zeit bedingt ist. Der Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion liegt zum Einen eine Entzündung Entzündung Entzündung der kleinen Atemwege (obstruktive Bronchiolitis) und zum anderen eine Destruktion des Lungengewebes (Emphysem) zugrunde.

Subtypen

Patient*innen mit verschiedenen Subtypen können unterschiedliche Symptome und unterschiedliches Therapieansprechen aufweisen. Patient*innen können eine beliebige Kombination beider Subtypen aufweisen.

  • Chronische Bronchitis:
    • Klinisch definiert nach WHO
    • Produktiver Husten für mindestens drei Monate pro Jahr in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren
    • Keine andere in Frage kommende Ursachen für chronischen Husten
  • Emphysem:
    • Pathologisch oder radiologisch definiert
    • Zerstörung und dauerhafte Überblähung der Alveolen

Epidemiologie

  • Weltweit:
    • Prävalenz: 11,7 % (erwarteter Anstieg)
    • Jährliche Todesfälle: drei Millionen
    • 4. häufigste Todesursache (erwartungsgemäß bald 3. häufigste laut Global Burden of Disease Study)
  • In Deutschland:
    • Prävalenz: 5–10 % der erwachsenen Bevölkerung
    • bei starken Rauchern und Ex-Rauchern deutlich höhere Prävalenz
  • Geschlecht:
    • Männer i.d.R. häufiger betroffen

Ätiologie

  • Zigarettenkonsum
  • Passivrauchen
  • Luftverschmutzung
  • Berufliche Belastung durch Toxine
  • Alpha-1-Antitrypsin (AAT)-Mangel

Risikofaktoren

  • Frühgeburtlichkeit
  • Bronchiale Hyperreaktivität (Asthma)
  • Niedrigerer sozioökonomischer Status
  • genetische Prädisposition
  • Atemwegsinfektionen im Kindesalter
  • Intrauterine- und frühkindliche Einwirkungen
  • Tuberkulose Tuberkulose Tuberkulose

Pathophysiologie

Chronische Bronchitis

Inhalative Wirkstoffe verursachen eine chronische Entzündung Entzündung Entzündung der Atemwege, die zu einer fortschreitenden Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion Atemwegsobstruktion führt.

  • Schädigung von Endothelzellen → ↓ mukozilliäre Clearance
  • Schleimdrüsenhyperplasie → vermehrte Schleimsekretion und Verstopfung
  • Atemwegsödem und Hyperplasie der glatten Muskulatur → Lumenverengung
  • Peribronchiale Fibrose → Bronchialdistorsion
Pathophysiologie der chronischen Bronchitis

Pathophysiologie der chronischen Bronchitis:
Entzündungen, Hypertrophie der glatten Muskulatur und übermäßige Schleimproduktion führen zu einer fortschreitenden Obstruktion der Atemwege.

Bild von Lecturio.

Emphysem

Physiologisch besteht in der Lunge Lunge Lunge: Anatomie ein Gleichgewicht aus:

Bei einem Emphysem:

  • Entzündungsreaktion → aktivierte Neutrophile Neutrophile Zellen des angeborenen Immunsystems Granulozyten setzen Proteasen frei
  • Proteaseaktivität übersteigt Antiproteaseaktivität → Gewebezerstörung
  • Alveolarzerstörung führt zu:
    • Vergrößerte Alveolen
    • ↓ Elastischer Rückstellkräfte
    • ↑ Compliance
  • Folgen:
    • Atemwegsverschluss während der Exspiration → Obstruktion
    • “Air Trapping” (pathologische Luftansammlung in distalen Teilen der Atemwege) → Lungenüberblähung

Morphologische Muster:

  • Zentroazinäres Emphysem (assoziiert mit Zigarettenkonsum):
    • Destruktion der Bronchiolen und eines zentralen Teils der Azini
    • Besonders ausgeprägt in apikalen Lungenabschnitten
  • Panacinäres Emphysem (assoziiert mit AAT-Mangel):
    • Zerstörung aller Teile des Acinus
    • Besonders ausgeprägt in basalen Lungenabschnitten

Lungengefäße

Klinik

Symptome

Die Patient*innen leiden unter chronisch fortschreitenden Symptomen mit oder ohne akute Exazerbationen.

Allgemein:

  • Progressive Dyspnoe Dyspnoe Dyspnoe (Atemnot/Luftnot) (insbesondere bei Anstrengung)
  • Chronischer Husten
  • Sputumproduktion
  • Thorakales Engegefühl
  • Gewichtszunahme oder -verlust
  • Fatigue

Akute Exazerbation:

Körperliche Untersuchung

Bei Verdacht auf COPD sollte bei der körperlichen Untersuchung auf die folgenden Befunde geachtet werden:

Vitalwerte:

Allgemein:

  • Muskelatrophie
  • Fassthorax: erhöhter anteroposteriorer Brustwanddurchmesser durch Lungenüberblähung

Lungen:

  • sichtbar:
  • Auskultation:
    • Verlängerte Exspiration
    • Pfeifen
    • Abgeschwächtes Atemgeräusch
  • Palpation und Perkussion:
    • Hypersonorer Klopfschall
    • Reduzierte Brustwandausdehnung

Extremitäten:

  • Trommelschlägelfinger
  • Uhrglasnägel
  • Zyanose

Befunde, die auf ein Cor pulmonale Cor Pulmonale Cor Pulmonale hinweisen:

  • Juguläre Venenstauung
  • Periphere Ödeme

Klinische Phänotypen

Anzeichen und Symptome werden häufiger entweder mit einer chronischen Bronchitis oder einem Emphysem in Verbindung gebracht. Patient*innen präsentieren sich jedoch häufig mit einer Mischung aus beidem.

Chronische Bronchitis („Blue Bloater“):

  • Die Patient*innen sind i. d. R. übergewichtig.
  • Häufiger, produktiver Husten
  • Periphere Ödeme
  • Zyanose

Emphysem („Pink Puffer“):

  • Die Patient*innen sind im Allgemeinen dünn.
  • Fassthorax
  • Seltener Husten
  • Gespitzte Lippenatmung
  • Verwendung von Atemhilfsmuskulatur
  • Hypersonorer Klopfschall
Das Bild zeigt die gespitzte Lippenatmung, die bei einem Emphysem auftreten kann

Das Bild zeigt die gespitzte Lippenatmung, die bei einem Emphysem auftreten kann.

Bild: „Pursed lip breathing.“ von O. Chaigasame. Lizenz: CC BY 4.0

Diagnostik

Die Diagnose richtet sich nach Anamnese, Symptomatik und Lungenfunktionsprüfung und wird durch den Nachweis einer nicht reversiblen Obstruktion gesichert.

Anamnese

  • Expositionsanamnese
  • Vorerkrankungen (z. B. Asthma, Infekte in der Kindheit)
  • Exazerbationen
  • weiteres s. Risikofaktoren

Lungenfunktionsdiagnostik

Lungenfunktionstests werden angewendet, um die COPD-Diagnose zu bestätigen.

Spirometrie Spirometrie Lungenfunktionstests:

  • Tiffeneau Index (FEV1/FVC) <70 %
  • Reversibilitätstestung: Erhebung vor und nach Inhalation eines Bronchodilatators (z. B. Salbutamol)
  • ↓ Forciertes Exspirationsvolumen in 1 Sekunde (FEV1 ): maximales Luftvolumen, das eine Sekunde nach maximaler Inspiration forciert ausgeatmet wird
  • ↓ Forcierte Vitalkapazität (FVC): maximales Luftvolumen, das nach maximaler Inspiration forciert ausgeatmet wird
  • ↑ Restvolumen und Gesamtlungenkapazität (Air Trapping)
  • Emphysem:
    • ↓ Diffusionskapazität für CO:
      • Durch Flächenverlust für den Gasaustausch
    • Schneller Abfall des Exspirationsflusses (dynamischer Atemwegskollaps) → konkaves Muster

Reversibilitätstestung:

  • Wird verwendet, um die Reversibilität des obstruktiven Zustands zu beurteilen
  • Minimale Reversibilität bei COPD (Vergleich zu Asthma)
  • Bei voller Reversibilität der Obstruktion durch Inhalation eines Bronchodilatators kann die Diagnose COPD ausgeschlossen werden.

CO-Diffusionskapazität (DLCO)

  • Erlaubt Abschätzung der Gasaustauschstörung
  • Messwerte sind bei COPD so gut wie immer erniedrigt (Vergleich: Bei Asthma sind die Messwerte i.d.R. normal)
Fluss-Volumen-Kurve bei COPD

Fluss-Volumen-Kurve bei COPD:
Beide Kurven sind aufgrund der Obstruktion reduziert. Ein dynamischer Atemwegskollaps verursacht einen schnellen Abfall des exspiratorischen Flusses, was zu einer konkaven Kontur führt. Das Residualvolumen erhöht sich aufgrund des Lufteinschlusses, wodurch sich die Kurve nach links verschiebt.

Bild von Lecturio

Röntgenaufnahme des Thorax in zwei Ebenen:

  • Fassthorax
  • Breite Interkostalräume
  • Horizontalstellung der Rippen Rippen Brustwand
  • Abgeflachtes, tiefstehendes Zwerchfell Zwerchfell Zwerchfell (Diaphragma)
  • Vermehrte Strahlendurchlässigleit
  • Abgeschwächte periphere Gefäßzeichnung (aufgrund von Parenchymzerstörung)

Weitere Diagnostische Maßnahmen

  • Blutgasanalyse
    • häufig: arterielle Hypoxämie mit oder ohne Hyperkapnie (vor allem bei Patient*innen mit schwerer COPD)
    • respiratorische Insuffizienz liegt vor bei PaO2 < 60mmHg
    • ventilatorische Insuffizienz liegt vor ab PaCO2 > 45mmHg
  • Belastungstests
  • CT Thorax
  • Sputumdiagnostik
  • EKG EKG Normales Elektrokardiogramm (EKG)
  • Echokardiografie

Schweregrade

Zusätzlich zur COPD-Diagnose können Spirometrie-Ergebnisse in Verbindung mit den Symptomen verwendet werden, um den Schweregrad festzustellen Die Kriterien der Globalen Initiative GOLD (englisches Akronym: Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease, GOLD) lauten wie folgt:

Tabelle: GOLD Kriterien
GOLD-Klasse Schweregrad der COPD Symptome Spirometrie-Ergebnisse
GOLD I Leicht keine bis mild
  • FEV 1 : ≥ 80 %
  • FEV 1 /FVC: <70 %
GOLD II mittelgradig Bei Belastung
  • FEV 1 : 50–79 %
  • FEV 1 /FVC: <70 %
GOLD III schwer Bei minimaler Belastung
  • FEV 1 : 30–49 %
  • FEV 1 /FVC: <70 %
GOLD IV Sehr schwer Im Ruhezustand
  • FEV 1 : <30 %
  • FEV 1 /FVC: <70 %
FEV 1 : forciertes Exspirationsvolumen in einer Sekunde
FVC: forcierte Vitalkapazität

COPD Einteilung in die Gruppen A, B, C und D

  • Neue Erkenntnisse aus den letzten Jahren zeigen, dass die spirometrischen Befunde nur in geringem Maße mit Symptomen oder Exazerbationsrisiko korrelieren.
  • Spirometrie Spirometrie Lungenfunktionstests daher kein geeignetes Kriterium um bedürfnisorientierte Therapie abzustimmen
  • Neues Schema:
    • Exazerbationsrisiko anhand von vergangenen Exazerbationen und Symptomen definiert
    • Erhebung anhand des CAT oder des mMRC Fragebogens
    • Exazerbationshistorie anamnestisch erfasst
    • Einteilung in Gruppen A, B, C und D
  • Exazerbationen
    • Min. eine stationär behandelte (schwere) / min. zwei ambulant behandelte (mittelschwere, Antibiotika und/oder Kortikosteroidgabe erfolgt) Exazerbationen → erhöhtes zukünftiges Risiko → Stadium C oder D
    • 0-1 mittelschwere Exazerbationen → Stadium A oder B
  • Symptome eingeschätzt mittels Fragebögen
  • mMRC (modified Medical Research Council) Skala
    • Einschätzung der Belastungsdyspnoe in 5 Stufen
  • CAT (COPD Assessment Test):
    • 8 Fragen
    • Zu beantworten auf einer Likert-Skala von 0–5
    • 0 entspricht völliger Beschwerdefreiheit
    • 40 entspricht dem Maximum
    • <10 gilt als wenig symptomatisch

Gruppe A:

  • ≤1 mittelschwere Exazerbationen in der Vergangenheit
  • mMRC ≤1
  • CAT <10

Gruppe B:

  • ≤1 mittelschwere Exazerbationen in der Vergangenheit
  • mMRC 2 oder mehr
  • CAT 10 oder mehr

Gruppe C:

  • 2 oder mehr mittelschwere Exazerbationen in der Vergangenheit oder
  • 1 schwere Exazerbation in der Vergangenheit
  • mMRC ≤1
  • CAT <10

Gruppe D:

  • 2 oder mehr mittelschwere Exazerbationen in der Vergangenheit oder
  • 1 schwere Exazerbation in der Vergangenheit
  • mMRC 2 oder mehr
  • CAT 10 oder mehr

Unterstützende Kriterien zur Einstufung:

Laborwerte:

  • Arterielles Blutgas (BGA):
    • Hypoxämie:
      • Progressiv
      • Oft schlimmer während einer akuten Exazerbation
    • Hyperkapnie:
      • Entwickelt sich, wenn FEV 1 sinkt
      • Der pH-Wert ist aufgrund der Kompensation durch die Nieren Nieren Niere normalerweise nahezu normal (↑ Serum-HCO 3)
  • ↑ BNP bei Cor pulmonale Cor Pulmonale Cor Pulmonale
  • AAT-Test: Abwägen, wenn COPD-Symptome bei Patient*innen vorhanden sind, die nicht der typischen Risikogruppe angehören:
    • niedriges Alter
    • Nichtraucher
    • Begleitende, unerklärliche Lebererkrankung

Therapie und Komplikationen

Therapieziele

  • Symptome verbessern
  • Exazerbationen reduzieren
  • körperliche Leistungsfähigkeit verbessern
  • Lebensqualität verbessern

Supportive Therapie

  • Raucherentwöhnung (entscheidend, um die Verschlechterung der Lungenfunktion zu verlangsamen)
  • Schutzimpfungen gegen:
  • Pneumologische Rehabilitation:
    • Geführte Übungen und Verhaltensinterventionen
    • Ziele sind die Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Alltagsbewältigung.
  • O 2 Therapie:
    • Wenn die O2 -Sättigung bei stabilen Patient*innen < 88 % beträgt (PO₂< 55 mm Hg)
    • Bei gleichzeitiger pulmonaler Hypertonie Hypertonie Arterielle Hypertonie, Rechtsherzinsuffizienz oder Polyzythämie
  • Langzeit-NIV (Nicht invasive Ventilation Ventilation Atemmechanik)
    • bei chronisch hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz
    • chronsiche Tageshyperkapnie (PaCO2 > 50 mmHg)

Medikamentöse Therapie

Jede Pharmakotherapie sollte individuell abgestimmt sein, jeweils abhängig von Symptomatik, Exazerbationsrisiko, Komorbiditäten und Compliance.